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Eine Bitte, die uns beide betrifft und mir besonders am Herzen liegt, trieb mich, dich zu rufen. Ich hatte heute vormittag eine Unterredung mit Dr. Glossin.«

      Diana horchte auf.

      »Dr. Glossin? Wie kommt der hierher? Es ist doch Krieg. Als Friedensunterhändler? … In Stonards Mission?«

      »Nein!«

      »Nicht? Weshalb ist er hier?«

      »Um Cyrus Stonard zu verraten!«

      »Ah …!«

      Lady Diana hatte in der Erregung des Gespräches bis jetzt noch nicht die Zeit gefunden, sich zu setzen. Lord Horace rollte ihr einen Sessel herbei.

      »Ah! … Das versöhnt mich mit ihm. Welches Glück, wenn dieser Bruderkrieg vermieden wird! Dieser sinnlose Kampf, der Hunderttausende Englisch sprechender Frauen zu Witwen, ihre Kinder zu Waisen macht. Wenn das dem Doktor gelingt, wenn er das schafft, soll ihm vieles, nein, alles verziehen sein.«

      Lord Horace wiegte nachdenklich das Haupt.

      »Ja, Diana … nicht ganz so, wie du denkst.«

      »Wie meinst du?«

      »Der Krieg würde auch ohne das alles in allernächster Zeit beendet sein!«

      »Wodurch?«

      »Durch die geheimnisvolle Macht der drei in Linnais!«

      Diana Maitland sank in ihren Sessel zurück. Sie erblaßte, während ihre Augen sich zu unnatürlicher Weite öffneten.

      »Die drei in Linnais? … Sind die nicht tot?«

      »Wir dachten es … Wir hofften es.«

      »Sie leben?«

      »Sie leben! Sie haben es deutlich bewiesen. Unsere Stationen müssen ihre Befehle funken.«

      »Und die sind? … Die lauten?«

      »Wer das Schwert nimmt, soll durch das Schwert umkommen. Die Macht warnt vor dem Kriege.«

      Lord Horace unterbrach seine Rede. Er sah, wie die Augen seiner Gattin sich schlossen und ein frohes Lächeln ihren Mund umspielte. In diesem Augenblick sah sie aus wie ein glückliches Kind, dem ein Lieblingswunsch erfüllt wurde. Er sah es und dachte: Erik Truwor!

      Lady Diana sprach wie eine Träumende, wie eine Seherin.

      »Ah! … die drei in Linnais … Sie leben … leben und handeln zum Segen der Welt!«

      »Zum Segen?«

      »Ist es kein Segen, wenn der Krieg vermieden wird? Sinnloses Morden … Totschlag und Raub …«

      »Auf den ersten Blick vielleicht. Aber die Folgen werden nicht ausbleiben. Wie wird sich das für die Zukunft auswirken?«

      »Die Welt wird ein Paradies sein!«

      »Glaubst du?«

      »Gewiß selbstverständlich!«

      »Ich nicht … Ich glaube es nicht … kann es nicht glauben …«

      »Was?«

      »… kann es nicht glauben, daß ein Mann, dem ein Zufall … ein Schicksal solche Macht in die Hände gegeben hat, daß der …«

      »Daß der …«

      »Daß der die Macht nicht mißbraucht!«

      »Mißbrauchen? Mißbraucht?«

      »Mißbraucht, um die in seine Hand gegebene Menschheit zu knechten. Um sich zum Herrscher der Welt zu machen.« Lord Horace sprach die letzten Worte trübe und sinnend vor sich hin.

      »Du fürchtest, daß … daß … nein! Erik Truwor? Nein!«

      In der Erregung des Zwiegesprächs waren sie aufgesprungen und standen sich hochatmend gegenüber.

      »Niemals! Niemals!« Diana wiederholte es mit wachsender Überzeugung.

      »Dann wäre er ein Gott!«

      Die Erregung Dianas löste sich in einem harten, stolzen Lachen.

      »Ein Gott? … Nein! Ein Mann ist er! Ein Mann!«

      »Und wir?« Resignation klang aus den beiden kurzen Worten. Diana legte ihm die Hände auf die Schultern.

      »Ihr … ihr … Horace .. ihr seid Politiker .. eure Gedanken gehen nicht über die Grenzen eurer Interessen. Er … er überschaut Reiche! Ihr arbeitet für die Zeit. Er denkt an die Ewigkeit!«

      »Du kennst ihn, ich kenne ihn nicht. Du standest ihm nahe. … Du bist ein Weib … Wir Männer sehen die Dinge nüchterner. Ich sage dir, es wird kein Paradies auf Erden, aber es wird schweres Unheil für die ganze Welt daraus entstehen.«

      »Wenn er ein Mensch wäre wie ihr. Aber er ist der ideale Mensch. Der vollkommene Mann. Er wird die Macht … die wunderbare Macht nur zum Wohl der Menschheit, zum Glück der Welt verwenden … Ja, ich kenne ihn. Er geht mit reinem Herzen an die große Aufgabe. Er erstrebt nichts für sich, alles für die Menschheit. Er ist Erik Truwor. Das Wort sagt mir alles.«

      Lord Horace sprach nicht aus, was er in diesem Augenblick dachte. Daß auch ihm das eine Wort, der eine Name nur allzuviel sage.

      Mit müder Gebärde winkte er ab.

      »Laß es gut sein, Diana. Was hilft Streiten? Das Geschick wird sich schneller erfüllen, als uns allen lieb ist.

      Zurück zu dem Zweck unserer Unterhaltung. Dr. Glossin ließ seine Nichte Miß Jane Harte bei seiner Abreise allein in London zurück. Ich versprach ihm, sie bei uns aufzunehmen, bis er zurückkommt.

      Das junge Mädchen ist hier im Hause. Ich will gehen und es holen.«

      Erik Truwor faßte das Ergebnis der Untersuchung zusammen. Der Eisberg war mit seiner Basis halb schräg nach unten in das Wasser gefallen und hatte dann wieder Halt gefunden. Es war natürlich auch mit Hilfe des kleinen Strahlers leicht möglich, einen Ausgang aus dem Eise ins Freie zu schmelzen.

      Aber sie befanden sich in einer komprimierten Atmosphäre. Die Luft in der Eishöhle war auf das Doppelte des gewöhnlichen Luftdrucks zusammengepreßt. In ihren Lungen hatte der hohe Druck sich ausgeglichen. Schafften sie der Luft plötzlich einen Ausgang ins Freie, so mußte die schnelle Druckverminderung sie töten. Die zusammengepreßte Luft in ihrem Innern hätte ihre Lungen zerrissen, ihre Leiber zerfetzt.

      Doch auch ein langsames Ablassen der Druckluft gewährte keine Sicherheit. Sie wußten ja nicht, bis zu welcher Höhe der Wasserspiegel draußen den Berg umgab. Wie tief der Berg in den geschmolzenen See eingesunken war. Es konnte geschehen, daß das Wasser beim Ablassen der Luft schließlich die Decke des höchsten Raumes erreichte. Dann wurden sie ertränkt wie die Mäuse in der Falle.

      Das Mittel, allen diesen Schwierigkeiten zu entgehen, hatte der Geist Silvesters entdeckt.

      »Wir müssen den Berg ausschmelzen. Der ganze massive Kern muß als Schmelzwasser in die Tiefe gehen. Nur eine leichte äußere Schale darf stehenbleiben. Leichte Fußböden und Wände, die der Schale Halt geben. Dann wird er sich heben, wird leicht auf dem Wasser schwimmen …«

      Der Plan war gut, aber die Frage der Luftbeschaffung machte Schwierigkeiten. Die wenige Luft, die in den vorhandenen Gängen eingeschlossen war, würde niemals genügen, das ganze Innere des ausgeschmolzenen Berges zu füllen.

      Sie mußten also mit Vorsicht eine Rohrverbindung mit der Außenwelt herstellen, mußten die Luftpumpe mit vieler Mühe aus einem halb überfluteten Gange herbeischaffen und von außen her Luft in das Innere pumpen, als das große Schmelzen begann, als Tausende von Tonnen Schmelzwasser in die Tiefe flossen und der massive Eisriese von Stunde zu Stunde immer mehr die lockere Struktur einer Bienenwabe annahm.

      Aber sie spürten auch den Erfolg. Der Berg hob sich. Sie merkten es daran, daß er wieder in die wagerechte Lage kam und daß die unteren überfluteten Gänge allmählich vom Wasser frei wurden.

      Sie

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