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in Paris und dem Wohlergehen unserer Länder finden. Aber ich bewundere Ihre Quellenforschung. Sie sind wirklich recht genau über meine Vergangenheit unterrichtet …«

      »Ich bin es in der Tat, Lady Diana. Ich bin es noch genauer, als Sie glauben.«

      »Bitte, Herr Doktor, ich habe nichts zu verbergen …«

      Diana Maitland sagte es hart und spöttisch, um einen Überzudringlichen ein für allemal abzuweisen.

      »Ich sagte Eurer Herrlichkeit, daß unsere beiden Länder durch einen mächtigen und gefährlichen Feind bedroht sind.«

      »Ich hörte es bereits, Herr Doktor.«

      »Der Feind ist Erik Truwor.«

      Langsam brachte Dr. Glossin die Worte hervor. Und konnte ihre Wirkung Wort für Wort verfolgen.

      Lady Diana, eben noch das Bild sarkastischer Überlegenheit und kalt abweisender Ruhe, erblaßte. Ihre Augen weiteten sich bei der Nennung des Namens Truwor, als ob sie ein Gespenst sähe. Ihr Gesicht war sehr bleich. Viel mehr als die heitere Ruhe offenbarte die leidenschaftliche Erregung, deren Spiegel es jetzt war, alle Wunder dieses schönen Antlitzes. In dem prachtvollen Rahmen des reichen dunkelbraunen Haares, mit den halbgeöffneten Lippen und den bebenden Nasenflügeln hatte es etwas Dämonisches. Aus ihren Augen sprühte die Glut eines flammenden Zornes, eines tödlichen Hasses.

      »Erik?! … Erik Truwor …?« rief sie heftig.

      Sie warf den Kopf zurück und sah Glossin mit durchdringenden Blicken an.

      »Wie können Sie einen Namen aussprechen, dessen Nennung allein eine schwere Beleidigung für mich ist?«

      »Ich nannte den Namen eines Mannes, der heute unsere beiden Länder schwer bedroht … und der vor langen Jahren, Lady Diana, auch einmal in Ihr Leben eingebrochen ist.«

      »Was sagen Sie? Erik Truwor bedroht … bedroht das große England, bedroht das ganze Amerika? … Ein einzelner Mann die mächtigsten Reiche der Welt? Soll das ein Scherz sein, Herr Doktor …«

      Ihre Stimme bekam einen drohenden Klang. »So würde mir Ihre Anwesenheit in Maitland Castle von diesem Augenblick an für immer unerwünscht sein.«

      »Die Ungnade Eurer Herrlichkeit würde ich in Kauf nehmen, wenn ich die harte Tatsache zu einem leichten Scherz stempeln könnte.

      Ich nannte Erik Truwor. Zusammen mit zwei Freunden haust er in Schweden an der finnischen Grenze. Der eine seiner Freunde ist Silvester Bursfeld, der Sohn jenes Gerhard Bursfeld, den ich vor dreißig Jahren in den Tower brachte. Die beiden kennen das Geheimnis des Vaters, und sie entwickeln die Erfindung weiter.

      Bursfeld weiß, daß sein Vater als ein Opfer englischer Politik im Tower starb. Darum gilt seine Arbeit der Rache an England. Erik Truwor läßt ihn gewähren. Der Dritte im Bunde, ein Inder, hat für sein Vaterland auch eine … kleine Rechnung mit England zu begleichen.

      Vom Torneaelf droht dem englischen Reiche eine Gefahr, viel schwerer, viel größer, als Cyrus Stonard mit seinem Dreihundertmillionenvolk sie jemals sein könnte. Erik Truwor mit seinen zwei Freunden ist mehr zu fürchten als Cyrus Stonard.«

      Lady Diana hatte ruhig zugehört. Nur ihre Blässe verriet ihre innere Erregung.

      »Wissen Sie, was Erik Truwor mir antat?«

      Dr. Glossin setzte die Worte vorsichtig und langsam.

      »Ich weiß, daß er der Verlobte der jungen Komtesse Raszinska war und daß er ihr … den Verlobungsring zurücksandte.«

      »Sie wissen viel … vielleicht nicht alles.«

      »Ich weiß auch, Lady Diana, daß Sie Erik Truwor hassen. Um so weniger werden Sie sich besinnen, zum Wohle Ihres Vaterlandes zu handeln und Ihren Gemahl auf die Gefahr aufmerksam machen, die von Linnais her der Welt droht.

      Lady Diana, fassen Sie den korrekten Sinn meiner Mitteilung: Erik Truwor und seine beiden Freunde sind im Besitze des Geheimnisses, um dessentwillen die englische Regierung Gerhard Bursfeld in den Tower brachte.

      Noch ist es Zeit! Ein einfacher Handstreich! Gut organisiert! Schnell unternommen und durchgeführt! Hat Ihre Regierung die Sache erst einmal beschlossen, wird sie auch wissen, wie sie durchzuführen ist.«

      Lady Diana hatte sich aufgerichtet. Widerstreitende Gefühle kämpften in ihr. Die Erinnerung an die glücklichen Monate in Paris wurde lebendig. Die Gestalt Erik Truwors traf ihr geistiges Auge. Die Zeit nach dem brüsken Bruch, die schrecklichste ihres ganzen Lebens, wachte auf.

      Glossin sah ihr Zaudern.

      »Hat Diana Raszinska vergessen, was ihr angetan wurde?«

      Diana Maitlands Augen flammten auf. Aus fremdem Munde zu hören, was sie im Innersten bewegte …

      Dr. Glossin fuhr fort: »Ich sagte Ihnen bei unserer ersten Unterredung, daß Sie mir eines Tages die Hand zum Bündnis bieten würden. Der Tag ist gekommen. Zum Bündnis gegen den Feind unserer beiden Länder, der auch Ihr persönlicher Feind ist. Der Ihnen das Schwerste angetan hat, was ein Mann einer Frau antun kann.«

      Dr. Glossin streckte seine rechte Hand vor. Wenige Minuten des Schwankens. Dann legte Diana ihre Rechte in die des Doktors.

      »Es sei, Herr Doktor. Mein Gewissen bleibt unbelastet. Hegt Erik Truwor keine feindlichen Pläne gegen England, so wird er frei aus dieser Prüfung hervorgehen. Sonst … Ich tue nur, was ich gegen jeden Feind meines Landes tun würde.«

      Lady Diana erhob sich. Ihre Erregung wich einer tiefen Abspannung. Sie hatte das Bedürfnis, aus Glossins Nähe zu kommen, allein zu sein, zu ruhen. Dr. Glossin begleitete sie bis an die Pforte des Schlosses. Dann kehrte er auf die Terrasse zurück.

      Lord Horace Maitland war mit den Ergebnissen seiner Londoner Reise zufrieden. Seine Mitteilungen hatten ersichtlichen Eindruck auf das Kabinett gemacht. Man sah in London, wie die gefährliche Wetterwolke, die seit vierzehn Tagen dunkel drohend am politischen Himmel hing, allmählich lichter wurde. Während man vor zwei Wochen fast jede Stunde den Ausbruch des Krieges erwartete, schien die Gefahr jetzt von Tag zu Tag geringer zu werden. Man sah in London die Kriegsgefahr weichen und hatte keine Erklärung dafür.

      In diesen Stand der Dinge war Lord Horace mit den Anschauungen und Darlegungen getreten, die Dr. Glossin ihm entwickelt hatte.

      Es gibt im Schachspiel gefährliche Züge, bei denen die feindliche Figur den König angreift und gleichzeitig die Dame gefährdet. Solch einen Zug hatte Cyrus Stonard offenbar auf dem Brett. Während England Hals über Kopf Milliarden in neuem Kriegsgerät festlegte, kaufte er nur Stahl. Band starke Kräfte des Gegners und behielt die Möglichkeit, zur gegebenen Zeit Milliarden für die Union einzuheimsen.

      Nachdem man die Absicht des Gegners erkannt hatte, war es möglich, Abwehrpläne zu schmieden. Diese Möglichkeit dankte man den Informationen von Lord Horace, und die Anerkennung dafür kam zum Ausdruck.

      Lord Horace war zufrieden nach Maitland Castle zurückgekehrt. Er erkannte die Bedeutung und Wichtigkeit seines amerikanischen Gastes. Sein Entschluß, mit ihm auch fernerhin gute Beziehungen zu pflegen, ihn sich zu verpflichten, stand fest. In dieser Stimmung trafen ihn die Mitteilungen Dianas.

      Eine Gefahr für das Reich? … Eine Erfindung, an der alle bekannten Kriegsmittel zuschanden wurden? … Die Sache ging England und Amerika gleichermaßen an.

      Ganz dunkel spürte Lord Horace, daß die Union im Grunde selber zufassen und die Gefahr beseitigen könne … Aber England hatte eine alte Rechnung mit diesen Leuten. Auch Lord Horace hatte damals die Akten des Bursfeld-Prozesses durchgesehen. Gehörte der Sohn des Mannes, der einst im Tower seinem Leben selber ein Ende setzte, zu diesem Kleeblatt in Linnais, dann mußte sich die Kraft der neuen Macht in der Tat zuerst gegen England richten. Dann war es in erster Linie Englands Sache, diese Gegner unschädlich zu machen … aufzuheben … und vielleicht die Erfindung selbst der Wehrmacht Englands dienstbar zu machen.

      An diese letzte Möglichkeit dachte Dr. Glossin wohl sicher nicht. Lord Horace zog sie in die Berechnung

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