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werden.«

      Nick ritt wieder an. Er gab noch einige Erläuterungen zum See und erzählte auch, dass die Kinder am nächsten Tag zum See reiten und da ein Picknick veranstalten wollten.

      »Es ist wirklich schön hier«, antwortete die Reiterin versonnen. »Glaubst du, dass ich morgen oder übermorgen mit meinem Mann hierhergehen oder -reiten könnte?«

      »Warum nicht?«, lachte Nick. »Wenn das Wetter gut ist, schwimmt es sich prima im See. Unsere Badestelle ist da drüben am anderen Ufer.«

      Allmählich wurde es dunkel. »Ich glaube, wir müssen zurück«, mahnte Isolde.

      »Ja, es ist besser.« Nick sah sie forschend an. »Einen Galopp bis Sophienlust?«, schlug er mit blanken Augen vor.

      Sie nickte. Nick übernahm die Führung. Durch den dämmerigen Wald galoppierten sie heimwärts. Erst im Wirtschaftshof zügelten sie die Pferde.

      »Das machen sie gern, wenn sie wissen, dass es zum Stall geht«, lachte Nick. »Warten Sie, ich helfe Ihnen beim Absitzen.«

      Justus hatte gewartet und rieb den Schimmel ab, während Nick sich um seinen Braunen kümmerte. Ein wenig legte auch Isolde mit Hand an. Endlich wanderten die Frau und der Junge zum Herrenhaus hinüber.

      »Freuen Sie sich jetzt, dass Ihr Mann morgen kommt?«, fragte Nick leise.

      »Hm – ein wenig schon, Nick.«

      Nick verabschiedete sich mit einer Verbeugung. »Ich muss noch eine Partie Schach mit Pünktchen spielen. Das habe ich ihr heute Mittag fest versprochen. Schlafen Sie gut, Frau von Rettwitz.«

      »Gute Nacht, Nick. Vielen Dank für deine Begleitung. Es war ein schöner Ritt.«

      »Das können wir mal wieder machen, wenn Sie wollen. Auch können Sie morgen an unserem Picknick teilnehmen, wenn Sie Lust haben. Ihren Mann nehmen wir natürlich auch mit.«

      *

      Das Wiedersehen zwischen Achim und Isolde stand unter keinem günstigen Stern. Achim dachte an die verliebten Stunden, die er zu wiederholten Malen mit Lieselott Engel verbracht hatte, und fühlte sich seiner Frau gegenüber unsicher und gehemmt.

      Isolde kämpfte mit ihrer Angst vor der Erinnerung an das Traurige, das hinter ihnen lag.

      Mit den Kindern fand Achim fast sofort Kontakt. Er ließ sich das Gut zeigen und bewunderte alles, was ihm von den Sophienlustern vorgeführt wurde.

      Zum Abendessen war das Ehepaar am Sonnabend in Schoeneich zu Gast. Alexander und Denise gaben sich die größte Mühe, heiter und unbefangen mit Isolde zu plaudern – doch die Unterhaltung wurde ausschließlich von Achim bestritten. Isolde saß schweigsam und in sich gekehrt an ihrem Platz. Später, als sie mit ihrem Mann zurück nach Sophienlust fuhr, wo man in ihrem Zimmer ein zweites Bett aufgestellt hatte, sagte sie traurig: »Wir sind uns fremd geworden, Achim. Es ist meine Schuld. Ich bin dir nur im Weg und mache dir das Leben schwer.«

      »Isolde – wieso deine Schuld?« Er war tief bestürzt, denn die Schuld lag ja bei ihm!

      »Weil ich nicht loskomme von der Vergangenheit. Schau, ich habe rein äußerlich ein wenig Ähnlichkeit mit Frau von Schoenecker …«

      »Sehr viel Ähnlichkeit sogar«, bekräftigte er und verlangsamte die Fahrt, um schließlich an einem stillen Platz ganz anzuhalten.

      »Aber ich bin ganz anders als sie«, fuhr Isolde leise und mutlos fort. »Sie ist in ihrem Leben mit den größten Schwierigkeiten und Kümmernissen fertig geworden. Ich könnte das nicht.«

      »Warum traust du dir so wenig zu, Isolde?«

      »Es ist die Wahrheit, Achim. Am liebsten würde ich mich für alle Zeit hier in Sophienlust vor der Welt verkriechen. Hier ist eine schöne, heile Welt, und wenn ich mit Nick spreche, kann ich hin und wieder für ein Viertelstündchen aufhören, an Renata zu denken.«

      Achim erschrak. »So stark beschäftigt es dich immer noch, Isolde?«

      »Ich glaube, ich denke sogar dann an unser Kind, wenn ich schlafe.« Sie stöhnte leise. »Es wird niemals besser werden, Achim. Verzeih mir bitte.«

      »Was hätte ich dir zu verzeihen, Isolde?« Ihm war das Herz schwer. Gewiss, er betrauerte den Tod des süßen Kindes ebenfalls. Aber er wollte nicht weiterhin im Schatten bleiben, sondern wieder am lebendigen Leben teilhaben. Lieselott Engel hatte es ihm leichtgemacht. Sie hatte ihn getröstet und ihn seine Last vergessen lassen.

      »Mag sein, dass ich krank bin, Achim. Wenn ich dir eines Tages im Weg sein sollte, dann sag es mir. Das hast du nicht verdient.«

      Er legte die Hand auf ihren Arm. »Isolde, was redest du da?« Das schlechte Gewissen schnürte ihm fast die Kehle zu. »Wir zwei gehören doch zusammen. Du wirst es überwinden. Schau, heute können wir wenigstens schon darüber reden. Das ist ein Fortschritt.«

      Sie wehrte sich, als er sie an sich zog und küsste.

      »Es wird alles gut werden, Isolde«, raunte er ihr ins Ohr. »Komm – ich liebe dich.«

      Doch sie schüttelte den Kopf. »Lass mich, Achim, es hat keinen Sinn. Du musst mir verzeihen …«

      Dennoch beteiligten sich die beiden am nächsten Tag an dem Ausritt der Kinder zum See. Nick betätigte sich allerorten, und Achim lernte den besonderen Freund seiner Frau näher kennen. Er plauderte auch mit Pünktchen, Isabel und den Geschwistern Angelika und Vicky. Mit ehrlichem Entzücken ließ er die lange Kavalkade der kleinen Ponyreiter mehrfach an sich vorüberziehen.

      »Hier muss einem doch das Herz aufgehen, Isolde«, rief er seiner Frau zu, die schweigsam auf dem Schimmel saß und dem fröhlichen Treiben scheinbar unbeteiligt zuschaute. Als dann am See das Picknick abgehalten wurde, half sie beim Austeilen von Kuchen, belegten Broten, Limonade und Kakao. Doch sie tat es mit so ernstem Gesicht, dass die Kinder sich ihr nur zögernd und scheu näherten. Wo Isabel austeilte, drängte man sich und lachte ständig. Achim von Rettwitz stellte es mit Betrübnis und leichtem Ärger fest.

      Warum macht meine Frau es allen Menschen so schwer?, dachte er. Wir könnten eines von diesen reizenden Kindern mit heimnehmen und würden es nach einiger Zeit genauso liebgewinnen wie unsere Renata.

      Achim sah Micki, die mit den Kleinsten im Leiterwagen gekommen war, selig mit ihrem blauen Luftballon spielen. Nick hatte ihm anvertraut, dass dieses kleine Mädchen keine Angehörigen zu haben schien. Nun ja – warum nicht Micki? Aber auch jedes andere Kind aus dieser fröhlichen Schar wäre ihm recht gewesen, wenn sich seine Ehe mithilfe des Kindes wieder zu dem hätte gestalten lassen, was sie früher gewesen war.

      Oder war seine Ehe bereits zerstört? Verstohlen beobachtete er Isolde, die traumverloren mit einem Zweig spielte. Wer von uns beiden hat angefangen, sich vom anderen zu entfernen?, fragte er sich bestürzt. Vielleicht wäre das mit Lieselott nie geschehen, wenn Isolde sich nicht so hartnäckig in ihren Kummer vergraben hätte. Ja, es war egoistisch von ihr! Sie hätte auch an mich denken müssen. Ich habe seit Monaten eine doppelte Last getragen. Einmal wird das zu viel. Selbst jetzt nimmt sie nicht einmal Notiz von mir. Dabei bin ich nur ihr zuliebe gekommen!

      Lieselott war durchaus nicht einverstanden gewesen, als Achim ihr erklärt hatte, dass er nach Sophienlust fahren wolle. Doch er hatte das für seine Pflicht gehalten und nicht mit sich handeln lassen. Jetzt dachte er mit einiger Verbitterung daran, dass ein Wochenende mit Lieselott unter allen Umständen erfreulicher verlaufen wäre.

      Plötzlich langweilten ihn die Kinder und ihr fröhliches Treiben am Ufer des Sees. Ungeduldig wartete er auf den allgemeinen Aufbruch. Als es endlich so weit war, ritt er mit Isolde an der Spitze des Zuges und bat sie, sich zu beeilen. Es sei für ihn reichlich spät geworden, erklärte er gereizt. Er werde die halbe Nacht auf der Landstraße sein, wenn er nicht bald abfahre.

      Achim von Rettwitz verabschiedete sich per Telefon von Denise von Schoen­ecker und dankte ihr für ihre großzügige Gastfreundschaft. Ein ungestörtes Gespräch mit ihr hatte er nicht gesucht.

      »Alles Gute, Achim«, sagte Isolde leise, als

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