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Weißbrot lagen in einem Korb.

      »Alles da!«, murmelte Tatjana zufrieden, als sich der Schlüssel im Schloss drehte.

      Statt ihm entgegen zu gehen und ihren Liebsten zu begrüßen, setzte sie sich auf der Couch in aufreizender Pose für ihn zurecht. Sie hörte, wie sich die Tür öffnete und wieder schloss. Sie ahnte, dass er die Schuhe auszog, und wusste, dass er die Jacke aufhängte. Doch das alles dauerte viel länger als sonst. Langsam wurde sie unruhig.

      »Willst du nicht zu mir kommen?«, rief sie Danny schließlich zu.

      »Schon dabei.« Endlich betrat er den großzügigen Wohnbereich mit den fließenden Übergängen.

      »Oh, was ist denn hier los? Haben wir was zu feiern?« Seine Stimme klang kühl und reserviert.

      Enttäuscht setzte sich Tatjana auf.

      »Ich dachte, wir verbringen einen gemütlichen Abend zu zweit …

      »Und unterhalten uns über deinen Verehrer? Gute Idee«, bemerkte Danny beißend.

      Weit genug von ihr entfernt, setzte er sich auf einen Sessel und streckte die Hand nach einem Käsewürfel und ein paar Trauben aus.

      Innerlich fuhr Tatjana die Stacheln aus.

      »Und wer sollte das sein?«, fragte sie spitz.

      Diese Kunst beherrschte sie mindestens genauso gut wie ihr Freund.

      »Tu doch nicht so, als hättest du keine Ahnung. Ich hab mich mit Moritz Baumann unterhalten. Bei ihm hast du offensichtlich den Eindruck erweckt, dass du noch zu haben bist.« Danny versuchte nicht länger, seine Eifersucht zu verbergen.

      Tatjana lachte schrill auf.

      »Daher weht also der Wind. Dein Besitzerinstinkt rebelliert.« Sie blitzte ihn zornig an.

      »Das ist doch völliger Unsinn!«, setzte sich Danny zur Wehr. »Aber ist es so verwerflich, dass es mir nicht gleichgültig ist, wenn sich ein fremder Mann an meine Freundin ranmacht?«

      Vor Empörung stand Tatjana der Mund offen.

      »Was verstehst du denn bitte unter ›ranmachen‹?«

      »Ihr habt euch mehrmals miteinander unterhalten. Und zusammen Kaffee getrunken in den ›Schönen Aussichten‹ habt ihr auch«, sagte er ihr auf den Kopf zu.

      »Soso, haben wir?«, schnaubte Tatjana. Sie wusste, dass Danny zumindest teilweise recht hatte, und ihr schlechtes Gewissen wog schwer. Schließlich hatte sie Moritz wirklich keinen reinen Wein eingeschenkt und den Flirt mit ihm genossen. Trotzdem war sie weit davon entfernt, auch nur einen Hauch von Schuld einzugestehen. Dannys vorwurfsvolle Art verbot das von selbst. »Stell dir vor: Wir haben über den Orient geredet, und es war sehr interessant.«

      »Soso. Der Orient also.«

      »Wo ist das Problem? Darf ich mich jetzt nicht mehr mit anderen Männern unterhalten, nur weil ich zufälligerweise mit dir zusammen bin?« Ihre Worte sollten verletzen. »Moritz hat mich an meine eigene, tolle Zeit im Orient erinnert. So sind wir ins Gespräch gekommen. Es war schön, mal wieder darüber zu reden. Und wenn ich jemanden kennenlerne, der sich für Orientalistik interessiert …«

      »Dann ist das natürlich viel aufregender, als sich mit einem langweiligen Arzt über die alltäglichen Dinge des Lebens zu unterhalten. Oder über Hochzeiten und Kinderkriegen.«

      Ungläubig hatte Tatjana ihm zugehört. Hatte er recht? Langweilte sie sich mit ihm und flirtete deshalb mit dem Hotelier?

      »Was soll das denn?«, fragte sie, um Zeit zu gewinnen. Danny war vom Sessel aufgesprungen und marschierte wie ein Tiger im Käfig vor dem Couchtisch auf und ab. Schließlich blieb er vor Tatjana stehen und blickte auf sie hinab. Erstaunt bemerkte sie, dass sich die Stimmung im Raum verändert hatte. Alle Wut war aus seinem Gesicht verschwunden. Plötzlich wirkte er deprimiert.

      »Na ja, wenn du auf einmal das große Fernweh bekommst, bin ich wohl nicht der Richtige für dich.«

      »So ein Unsinn!« Jetzt gab es kein Halten mehr, und auch sie sprang auf die Beine. Nasenspitze an Nasenspitze standen sie sich gegenüber. Sekundenlangen starrten sie sich wortlos in die Augen, spürten den warmen Atem des anderen auf dem Gesicht. »Nur weil ich mit jemandem über den Orient gesprochen habe …« Dannys Aftershave stieg Tatjana in die Nase und machte sie nervös.

      »… der dich zufällig für eine wahnsinnig intelligente, schöne, sexy Frau hält …«, ergänzte er heiser.

      Seine Reibeisenstimme ging ihr durch und durch. Mit einem Mal bemerkte sie, dass sie gar nicht mehr böse war. Ganz andere Gefühle brachten sie durcheinander.

      Sie legte den Kopf schief und blinzelte ihn an.

      »Das bin ich doch auch, oder?«

      »Wenn du mich so fragst …« Er machte sich einen Spaß daraus, sie zu necken.

      Tatjana ging auf sein Spiel ein.

      »Etwa nicht?« Sie legte die Hand in ihren Nacken. Mit einer verführerischen Geste fuhr sie den Hals hinunter, ließ die Fingerspitzen zwischen ihren Brüsten hinab wandern.

      Dannys Augen wurden schmal vor Verlangen.

      »Es … es ist schon spät. Meinst du nicht, dass es langsam Zeit wird, ins Bett zu gehen? Sonst bist du morgen wieder müde und unausstehlich.« Er hatte noch nicht ausgesprochen, als er die Arme nach ihr ausstreckte, sie mühelos hochhob und kurzerhand über die Schulter legte.

      Tatjana kreischte, schrie und zappelte, als er sie hinüber ins Schlafzimmer trug und aufs Bett warf. Um sie an der Flucht zu hindern, kniete er sich über sie und hielt sie an den Armen fest.

      »Jetzt zeige ich dir, wie sexy und begehrenswert du bist.« Seine Augen waren dunkel vor Leidenschaft. »Und wenn du nachher immer noch das Gefühl hast, mit mir was zu verpassen, dann werde ich dich nicht mehr aufhalten.«

      Ehe Tatjana etwas erwidern konnte, beugte er sich über sie und küsste sie, dass ihr die Luft wegblieb und sie keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Und es auch nicht mehr wollte.

      *

      Bis tief in die Nacht hinein saß Dr. Norden am Computer und recherchierte. Und auch, als er endlich neben seiner Frau ins Bett geschlüpft war, fand er keine Ruhe. Er wälzte sich so unruhig hin und her, dass Fee ihn sogar aufweckte. Er schreckte hoch, stammelte ein paar unzusammenhängende Worte, nur um gleich darauf in den gleichen, unruhigen Schlaf wie vorher zu fallen.

      Ohne Frühstück und völlig gerädert fuhr er am nächsten Morgen direkt in die Klinik. Kopfschüttelnd sah Fee ihm nach, als er durch die Tür nach draußen stürmte. So aufgewühlt hatte sie ihren Mann lange nicht gesehen.

      Eine halbe Stunde später hastete Dr. Norden über den Klinikflur auf der Suche nach Matthias Weigand. Er fand ihn im Aufenthaltsraum der Ärzte, wo er sich mit ernster Miene mit Schwester Annabel unterhielt.

      »Wie geht es ihr?«, fiel Dr. Norden mit der Tür ins Haus.

      »Dir auch einen wunderschönen guten Morgen!« Matthias lächelte den geschätzten Kollegen betont freundlich an.

      Daniel atmete tief durch.

      »Tut mir leid. Ich hatte eine unruhige Nacht.«

      »Erzähl mir keine Märchen. Du bist seit einer Ewigkeit mit Fee verheiratet«, scherzte Matthias trotz seines Kummers. »Da gibt es keine heißen Nächte mehr.«

      Daniel schenkte sich Kaffee aus der Maschine ein und nahm einen Keks vom Teller, ehe er sich umdrehte.

      »Erstens solltest du Fee das lieber nicht hören lassen. Sonst weckst du womöglich den Drachen oder die Hexe in ihr, und ich bin nicht sicher, ob ich das erleben will. Zweitens sprach ich von unruhig. Und nicht von heiß.« Er nippte an seinem Kaffee und schob den Keks hinterher. Unwillig verzog er das Gesicht. »Die von Tatjana sind besser.«

      »Wir Normalsterblichen sind froh, dass wir überhaupt etwas zu essen bekommen.« Inzwischen

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