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Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ðицше
Читать онлайн.Название Gesammelte Werke
Год выпуска 0
isbn 9783962815295
Автор произведения Фридрих Вильгельм Ðицше
Жанр Документальная литература
Серия Gesammelte Werke bei Null Papier
Издательство Bookwire
217
Klassisch und romantisch. – Sowohl die klassisch als die romantisch gesinnten Geister- wie es diese beiden Gattungen immer gibt – tragen sich mit einer Vision der Zukunft: aber die ersteren aus einer Stärke ihrer Zeit heraus, die letzteren aus deren Schwäche.
218
Die Maschine als Lehrerin. – Die Maschine lehrt durch sich selber das Ineinandergreifen von Menschenhaufen, bei Aktionen, wo jeder nur eins zu tun hat: sie gibt das Muster der Partei – Organisation und der Kriegsführung. Sie lehrt dagegen nicht die individuelle Selbstherrlichkeit: sie macht aus Vielen Eine Maschine, und aus jedem einzelnen ein Werkzeug zu Einem Zwecke. Ihre allgemeinste Wirkung ist: den Nutzen der Zentralisation zu lehren.
219
Nicht seßhaft. – Man wohnt gerne in der kleinen Stadt; aber von Zeit zu Zeit treibt gerade sie uns in die einsamste unenthüllteste Natur: dann nämlich, wenn jene uns einmal wieder zu durchsichtig geworden ist. Endlich gehen wir, um uns wieder von dieser Natur zu erholen, in die große Stadt. Einige Züge aus derselben – und wir erraten den Bodensatz ihres Bechers, – der Kreislauf, mit der kleinen Stadt am Anfange, beginnt von neuem. – So leben die Modernen: welche in allem etwas zu gründlich sind, um seßhaft zu sein gleich den Menschen anderer Zeiten.
220
Reaktion gegen die Maschinen-Kultur – Die Maschine, selber ein Erzeugnis der höchsten Denkkräfte, setzt bei den Personen, welche sie bedienen, fast nur die niederen, gedankenlosen Kräfte in Bewegung. Sie entfesselt dabei eine Unmasse Kraft überhaupt, die sonst schlafen läge, das ist wahr, aber sie gibt nicht den Antrieb zum Höhersteigen, zum Bessermachen, zum Künstlerwerden. Sie macht tätig und einförmig- das erzeugt aber auf die Dauer eine Gegenwirkung, eine verzweifelte Langeweile der Seele, welche durch sie nach wechselvollem Müßiggange dürsten lernt.
221
Die Gefährlichkeit der Aufklärung. – Alles das Halbverrückte, Schauspielerische, Tierisch-Grausame, Wollüstige, namentlich Sentimentale und Sich-selbst- Berauschende, was zusammen die eigentlich revolutionäre Substanz ausmacht und in Rousseau, vor der Revolution, Fleisch und Geist geworden war, – dieses ganze Wesen setzte sich mit perfider Begeisterung noch die Aufklärung auf das fanatische Haupt, welches durch diese selber wie in einer verklärenden Glorie zu leuchten begann: die Aufklärung, die im Grunde jenem Wesen so fremd ist und, für sich waltend, still wie ein Lichtglanz durch Wolken gegangen sein würde, lange Zeit zufrieden damit, nur die Einzelnen umzubilden: so daß sie nur sehr langsam auch die Sitten und Einrichtungen der Völker umgebildet hätte. Jetzt aber, an ein gewaltsames und plötzliches Wesen gebunden, wurde die Aufklärung selber gewaltsam und plötzlich. Ihre Gefährlichkeit ist dadurch fast größer geworden als die befreiende und erhellende Nützlichkeit, welche durch sie in die große Revolutions-Bewegung kam. Wer dies begreift, wird auch wissen, aus welcher Vermischung man sie herauszuziehen, von welcher Verunreinigung man sie zu läutern hat: um dann, an sich selber, das Werk der Aufklärung fortzusetzen und die Revolution nachträglich in der Geburt zu ersticken, ungeschehen zu machen.
222
Die Leidenschaft im Mittelalter. – Das Mittelalter ist die Zeit der größten Leidenschaften. Weder das Altertum noch unsere Zeit hat diese Ausweitung der Seele: ihre Räumlichkeit war nie größer, und nie ist mit längeren Maßstäben gemessen worden. Die physische Urwald-Leiblichkeit von Barbarenvölkern und die überseelenhaften, überwachen, allzuglänzenden Augen von christlichen Mysterien-Jüngern, das Kindlichste, Jüngste und ebenso das Überreifste, Altersmüdeste, die Roheit des Raubtiers und die Verzärtelung und Ausspitzung des spätantiken Geistes – alles dies kam damals an Einer Person nicht selten zusammen: da mußte, wenn einer in Leidenschaft geriet, die Stromschnelle des Gemütes gewaltiger, der Strudel verwirrter, der Sturz tiefer sein als je. – Wir neueren Menschen dürfen mit der Einbuße zufrieden sein, welche hier gemacht worden ist.
223
Rauben und Sparen. – Alle geistigen Bewegungen gehen vorwärts, infolge deren die Großen zu rauben, die Kleinen zu sparen hoffen können. Deshalb ging zum Beispiel die deutsche Reformation vorwärts.
224
Fröhliche Seelen. – Wenn auf Trunk, Trunkenheit und eine übelriechende Art von Unfläterei auch nur von ferne hingewinkt wurde, dann wurden die Seelen der älteren Deutschen fröhlich, – sonst waren sie verdrossen; aber dort hatten sie ihre Art von Verständnis-Innigkeit.
225
Das ausschweifende Athen. – Selbst als der Fischmarkt Athens seine Denker und Dichter bekommen hatte, besaß die griechische Ausschweifung immer noch ein idyllischeres und feineres Aussehen, als es je die römische oder die deutsche Ausschweifung hatte. Die Stimme Juvenals hätte dort wie eine hohle Trompete geklungen: ein artiges und fast kindliches Gelächter hätte ihm geantwortet.
226
Klugheit der Griechen. – Da das Siegen- und Hervorragen-wollen ein unüberwindlicher Zug der Natur ist, älter und ursprünglicher als alle Achtung und Freude der Gleichstellung, so hat der griechische Staat den gymnastischen und musischen Wettkampf innerhalb der Gleichen sanktioniert, also einen Tummelplatz abgegrenzt, wo jener Trieb sich entladen