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vom Birkenhof gehen, und das wird für uns alle gut sein.«

      »Ja einmal wirst du mich und den Birkenhof verlassen«, wiederholt Hanno mechanisch.

      Magda schluchzt leise auf. »Ach, Hanno, alles das ist so traurig!«

      Sofort steht er neben ihr, fährt ihr sanft über das Haar.

      »Weine nicht, Magda!« tröstet er, obwohl ihm selbst jämmerlich zumute ist. »Wir müssen tapfer sein und vergessen.«

      Allmählich wird Magda ruhiger. Sie lächelt sogar und streift seine Hand von sich.

      »Verzeih, Hanno. Ich schäme mich, daß ich so kleinmütig war. Wir sind ja beide tapfer, nicht wahr?«

      Er sieht sie lange an, dann reißt er sich gewaltsam los. Bis ins Innere seines Herzens ist er aufgewühlt. Aber die Vernunft gewinnt die Oberhand. Mit großen Schritten hastet er dem Hause zu.

      »Mein Gott! – Soll ich denn wirklich nie zur Ruhe kommen?«

      Magda drückt ihr heißes Gesicht in die Blumenkränze, die sie für Hannos Hochzeit gewunden hat, und weint leise vor sich hin.

      *

      In den Nachmittagsstunden rollen die letzten hochbeladenen Erntewagen in den Hof, begleitet von singenden Knechten und Mägden. Rechen und Forke sind mit frischen Feldblumen geschmückt, und bunte Bänder wehen lustig im Wind.

      Auf Magdas Arm gestützt, sieht Frau Christine dem fröhlichen Einzug der Leute zu. Ein Lächeln steht in ihrem blassen Gesicht, während im Herzen die Wehmut schwingt.

      Vor einem Jahr, da schritt ihr Mann, aufrecht und stolz, noch unter der ausgelassenen Schar. Nur wenige werden ihn heute vermissen, denn Hanno hat den leer gewordenen Platz restlos ausgefüllt. Die Früchte seines Schaffens leuchten förmlich zu ihr herüber.

      Der letzte Wagen verschwindet eben hinter dem Tor der Scheune, und die Knechte und Mägde stimmen ein neues Lied an.

      »Hanno, Mutter!«

      Frau Christine grüßt mit den Augen ihren Sohn, der scherzend mitten unter seinen Leuten steht.

      Es kommt etwas durch die Luft geflogen. Magda fängt es mit den Händen auf und reicht es der Tante hin.

      »Kornblumen, Tante!«

      Frau Christine fühlt sich davon eigentümlich berührt. Diesen Brauch hat Hanno von dem Vater übernommen. So war es seit Jahren: mit dem letzten Wagen reifen Korns brachte ihr der Gatte einen Strauß Feldblumen; und nun tat Hanno es auch. Das freut sie ganz besonders.

      Zärtlich umschließt sie die Blumen, und nachdem die Leute sich zerstreut haben, geht sie an Magdas Arm zurück in das Haus.

      Überall macht sich der Duft von Tannengrün, frischem Stroh und Feldblumen, vermischt mit dem würzigen Geruch

      frischgebackenen Kuchens, bemerkbar.

      Morgen ist Erntedankfest und – Hannos Hochzeit.

      Wie von jeher in der Familie üblich, wird die Hochzeit auf dem Birkenhof gefeiert, der nicht nur der größte und schönste Hof in der Umgebung ist, sondern dessen Besitzer auch zu den wohlhabendsten von allen gehört.

      Aline Berthold ist das außerordentlich angenehm, denn nichts bereitet ihr mehr Vergnügen, als zu glänzen und bewundert zu werden.

      Seit Tagen geht sie wie von Wolken getragen einher. So dicht vor dem Ziele, läßt sie ihrem Hochmutsteufel ungehemmt die Zügel schießen. Das Elternhaus ist ihr jetzt zu eng. Sie kann es kaum erwarten, ihren Einzug als Herrin auf dem Birkenhof zu halten. Auf dem Birkenhof herrscht eitel Lust und Freude. Die Leute winden unter Scherzen und Lachen immer neue Kränze und Girlanden. Das Herrenhaus wird zu einem wahren Hochzeitshaus – denn Hochzeit ist für sie der Inbegriff alles Schönen, und sie sind nicht wenig stolz auf ihren jungen, prächtigen Herrn, an dem sie mit schwärmerischer Verehrung hängen.

      Das Gerede, das einmal Magda betraf, ist längst verstummt, denn sie geht allen bei der Ausschmückung des bevorstehenden Festes voran. Unermüdlich ist sie im Schaffen, und die anderen folgen willig ihren Anweisungen, weil sie immer den rechten Ton ihnen gegenüber findet.

      »Nun setz dich einmal ein wenig zu mir«, fordert Frau Christine Magda auf, als sich diese anschickt, das Zimmer zu verlassen.

      »Jetzt kann ich noch nicht ruhen, Tante. Drüben auf dem Speicher werden die Tische gerichtet für die Leute, und Dorle wollte noch einiges von mir wissen«, weicht Magda der Tante aus.

      Voll Besorgnis und mit müden Augen streift Frau Christine das bleiche Gesicht Magdas.

      »Du hast dir zuviel zugemutet, Kind. Du gefällst mir gar nicht. Fühlst du dich nicht wohl?«

      Einige Sekunden steht Magda mit hängenden Armen und nach vorn geneigtem Oberkörper am Tisch. Ja, sie fühlt sich elend, aber das braucht ja keiner zu wissen. Sie reißt sich zusammen, zeigt ein sorgloses Lächeln.

      »Ach, was du denkst, Tante! Es macht mir so viel Spaß. Ich kann nun einmal nicht ohne Arbeit sein.«

      Leise wiegt Frau Christine den Kopf hin und her. Das ist keine Arbeit mehr, was Magda treibt, sondern das ist ein Wühlen, ein rastloses Hantieren, ein systematisches Sichzugrunderichten.

      Aber sie glaubt, Magda zu verstehen, und tröstet sich damit: nach der Hochzeit soll Magda mehr an sich denken. Jetzt will sie das junge Mädchen noch gewähren lassen.

      »Da geh nur, Kind!« meint sie freundlich. »Wenn du noch eine Stunde Zeit für mich übrig hast, dann erwarte ich dich hier. Ich möchte ein wenig mit dir plaudern.«

      »Ich bin gleich wieder zurück, Tante!«

      Magda ist froh, aus dem Bereich der hellen Augen Frau Christines verschwinden zu können. Ihr kommt es vor, als blicke die Tante ihr bis auf den Grund ihrer Seele und gewahre die Unruhe, die dort wie ein böses Fieber brennt.

      Als sie den Hof überquert, sind ihre Bewegungen längst nicht mehr so geschmeidig, so flink wie sonst. Etwas unsagbar Müdes liegt über ihrer ganzen Erscheinung. Aber nur, wenn sie sich unbeobachtet glaubt, läßt sie sich so gehen.

      Und morgen werden Hanno und Aline heiraten!

      *

      Ein stattlicher, kaum zu übersehender Hochzeitszug bewegt sich hin zu der Dorfkirche.

      Es war eine bittere Enttäuschung für Aline, als Hanno ihr eröffnete, es nicht anders halten zu wollen als seine Vorfahren und im Hochzeitszug nach der nahen Dorfkirche zu wandeln. Also mußte sie sich fügen und auf die Brautkutsche und das silberbeschlagene Zaumzeug der Pferde verzichten.

      Hanno hat mit dem, was hinter ihm liegt, vollständig abgeschlossen. Sein Antlitz drückt gelassene Ruhe aus, und seine Gestalt ist gestrafft.

      Die Braut ist prächtig herausgeputzt. Ihre Wangen glühen, und die vor heimlicher Erwartung funkelnden Augen werden hinter gesenkten Lidern verborgen.

      »Oh, was für ein schönes Paar!« raunt es unter den schaulustigen Dorfbewohnern, und doch hat jeder, der es anschaut, das Gefühl, als seien die beiden Menschen einander fremd. Kein liebevolles Ineinandertauchen der Blicke, kein zärtlicher Händedruck der Brautleute ist wahrzunehmen. Jeder ist in sich selbst versunken. So schreiten sie unter dem Glockengeläut der Dorfkirche schweigend nebeneinander her.

      Die Trauung ist schlicht und einfach, wie Hanno es gewünscht hat, und die Rede des Pfarrers zu Herzen gehend.

      In Hanno ist ehrliches Wollen, und Frau Christines Lippen bewegen sich in innigem Gebet, in das sie alle ihre Wünsche für das Glück des Paares einschließt.

      Magda, das Findelkind vom Birkenhof, lehnt mit marmorweißem Antlitz neben der Tante. Ihr Blick ist starr geradeaus gerichtet, direkt auf den Mund des Pfarrers, der eben seine Hände auf die gesenkten Häupter der beiden knienden Menschen, die den Lebensbund eingehen, legt und den Segen spricht:

      »O Herr, hilf – o Herr, laß wohlgelin-gen –«

      »Ja,

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