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wenn es da eine Gelegenheit gäbe! Aber der einzige unverheiratete Mann im Dorf ist der Vikar, und der ist über siebzig.«

      »Wenn du ihn heiraten würdest, hättest du wenigstens etwas Geld!« bemerkte Heloise.

      Gilda lachte wieder, aber sie hatte das ungute Gefühl, daß Heloise nicht zum Scherzen aufgelegt war.

      Ihre Schwester setzte sich auf einen Küchenstuhl und betrachtete sie prüfend.

      »Weißt du, Gilda«, meinte sie nach einer Weile, »wir sind uns nicht unähnlich. Wenn du dir ein bißchen mehr Mühe mit dir selbst geben würdest, könntest du leicht einen Landedelmann auf dich aufmerksam machen. Aber das Kleid, das du da anhast, ist eine Schande!«

      »Ich weiß, aber das letzte, was ich mir kaufen kann, sind Kleider. Und was nützt es mir, elegant gekleidet zu sein, wenn ich dafür verhungern müßte?«

      »Steht es wirklich so schlimm?«

      »Schlimmer.«

      Heloise seufzte.

      »Ich hätte ein paar von den Kleidern mitbringen können, die ich nicht mehr brauche. Etwas Gutes hat Ihre Ladyschaft nämlich, auch wenn es schrecklich langweilig ist, mit ihr zu leben. Sie ist sehr großzügig, wenn es darum geht, daß ich so gut wie möglich aussehe.«

      »Sie ist aber doch bestimmt sehr, sehr nett zu dir gewesen? Immerhin hat sie doch vorgeschlagen, daß du nach Mamas Tod bei ihr wohnen solltest.«

      Einen Augenblick lang herrschte Stille.

      Schließlich gestand Heloise: »Offen gesagt, es war meine Idee!«

      Gilda ließ die Gabel fallen, die sie in der Hand gehalten hatte.

      »Deine Idee?« rief sie aus. »Willst du damit sagen . . . heißt das, daß du tatsächlich . . .«

      »Ich habe ihr damals geschrieben«, unterbrach Heloise. »Sie ist meine Patentante, und mir war klar, daß ich ebenso gut lebendig begraben werden konnte, wenn ich weiterhin in diesem Loch wohnen würde.«

      »Aber . . . wie konntest du nur ... so dreist sein?«

      »Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!« zitierte Heloise. »Ich habe ihr einen mitleidheischenden Brief geschrieben, der selbst einer steinernen Statue die Tränen in die Augen getrieben hätte, und habe ihr erklärt, wie sehr ich Mama vermißte, wie arm ich sei, und daß Papa mich nicht bei sich haben wollte.«

      »Oh, Heloise, wie konntest du nur solche Lügen erzählen? Du weißt, daß Papa dich angebetet hat. Schließlich warst du seine Erstgeborene, und Mama hat immer erzählt, der schönste Augenblick ihres Ehelebens wäre der Moment gewesen, als du geboren wurdest. Sie hielten dich als ein Geschenk Gottes.«

      »Nun, da Gott nicht sehr großzügig war, wenn es um die Dinge ging, die ich haben wollte, mußte ich die Sache eben selbst in die Hand nehmen«, erwiderte Heloise.

      »Was das angeht, bist du gewiß sehr erfolgreich gewesen.«

      »War schlau von mir, nicht wahr? Tatsächlich findet es meine Patentante sehr schön, mich bei sich zu haben. Sie mußte selbst zugeben, daß jetzt, nachdem ich ein solcher Erfolg in London bin, viel interessantere und vornehmere Leute in ihr Haus kommen, als wenn ich nicht da wäre.«

      »Aber trotzdem ist es sehr nett von ihr, daß sie dir die schönen Kleider schenkt und es dir ermöglicht, auf Bälle und Gesellschaften zu gehen. Früher hast du mir immer geschrieben und davon erzählt.«

      »Ich habe jetzt keine Zeit mehr zum Schreiben«, verteidigte sich Heloise schnell. »Es gibt keinen Augenblick, in dem ich nicht eingeladen bin, gefeiert und von attraktiven Männern umworben werde.«

      »Das überrascht mich kein bißchen«, gab Gilda zu. »Du warst schon immer schön, aber nie so schön wie jetzt.«

      Die Ernsthaftigkeit ihrer Stimme war rührend, und Heloise schwelgte ein wenig in ihrem Stolz, ehe sie sagte: »Du hast recht, Gilda. Ich sehe wirklich so gut aus wie nie, aber manchmal macht es mich müde, jeden Abend einen Ball zu besuchen und dann auch noch tagsüber etliche Verpflichtungen zu haben.«

      »Aber wie schaffst du das, wenn Ihre Ladyschaft blind ist und dich nicht begleiten kann?«

      »Ich schreibe ihren Freundinnen und bitte sie, mich als Anstandsdame zu begleiten. Aber häufiger ist es jetzt so, daß die Einladungen zu den großen Abendgesellschaften und Bällen von Leuten kommen, die von ihrer Krankheit wissen, und die deshalb meinen, sich um mich kümmern zu müssen.«

      »Es muß sehr aufregend für dich sein, solchen Erfolg zu haben.«

      Eine Pause entstand, ehe Heloise in hartem Ton erklärte: »Das ist meine dritte Saison und ich muß heiraten! Keine Schönheit, so sehr sie auch gepriesen wird, hält ewig, und ich habe die Absicht, vom Marquis geheiratet zu werden.«

      Sie betonte dieses Wort so, daß es ausgesprochen aggressiv klang, und Gilda meinte schüchtern: »Und wenn er es nicht tut?«

      »Ich habe eine Alternative, aber die ist auch nicht annähernd so reizvoll.«

      »Und wer ist das?«

      »Niemand von großer Wichtigkeit, aber er ist außerordentlich reich. Trotzdem weigere ich mich, ihn in Betracht zu ziehen. Ich kann mich künftig nur als Marchioness of Staverton sehen, und das will ich auch werden!«

      Wieder sprach sie in einem Ton, der Gilda besorgte Blicke entlockte.

      Sie fand, daß die Art und Weise, in der Heloise sprach, überhaupt nicht zu ihrem reizenden Äußeren paßte. Ihre Stimme schien durch den Raum zu vibrieren und den Sonnenschein zu zerstören, der durchs Fenster fiel.

      Gilda hatte die Eier geschlagen und fragte jetzt: »Ich nehme an, du möchtest im Eßzimmer essen?«

      Sie nahm ein Tablett von einem der Regale.

      »Natürlich. Ich bin zwar sicher, daß du in der Küche ißt, wenn du allein bist, aber dazu werde ich mich nicht herablassen!«

      »Nein . . . natürlich nicht«, gab Gilda in ihrer bescheidenen Art zu. »Geh nur schon ins Eßzimmer, Heloise. Es dauert nicht mehr lange, bis alles für dich fertig ist.«

      Sie legte das Besteck aufs Tablett, stellte einen Teller vor den Ofen, um ihn anzuwärmen, und bereitete das Omelett zu.

      Sie wußte, die Mahlzeit würde nicht für zwei Personen ausreichen. So beschloß sie, selbst etwas von dem Schinken zu essen, um Heloise bei Tisch Gesellschaft zu leisten.

      Doch sie bezweifelte, ob ihre Schwester überhaupt bemerkte, wenn sie auch etwas aß.

      Als Heloise noch zu Hause gewohnt hatte, war Gilda oftmals der Gedanke gekommen, daß sich die Schwester für niemanden als für sich selbst interessierte.

      »Das ist verständlich, wo sie doch so schön ist«, hatte Gilda die Selbstsüchtigkeit ihrer Schwester damals entschuldigt, und jetzt dachte sie dasselbe.

      Sie ließ das Omelett, goldbraun gebacken, geschickt auf den warmen Teller gleiten. Ob Heloise wohl glücklich sein würde, wenn ihr Wunsch in Erfüllung ging und der Marquis sie heiratete?

      Für manche Menschen bedeutete Glück, Reichtum und eine führende Position in der Gesellschaft zu besitzen, dachte Gilda. Doch dies wäre niemals mein Wunsch!

      Wenn ich heirate, dann nur den Mann, der mich liebt und den ich liebe, und wir werden zufrieden sein, weil wir zusammen sein können, gleichgültig, ob unser Heim groß ist oder klein und ärmlich wie dieses.

      Sie erinnerte sich, wie glücklich ihre Mutter gewesen war, wenn ihr Vater nicht mit seinem Regiment unterwegs war, und auch nachdem er pensioniert worden war.

      Der General war viel älter gewesen als seine Frau, und sie hatten erst Kinder bekommen, nachdem sie schon einige Jahre verheiratet gewesen waren. Gilda konnte sich nur vage an die Zeit erinnern, als sie ihrem Vater nach Salisbury Plain und in andere Armee-Stützpunkte gefolgt waren. Einmal war er für zwei Jahre ins Ausland gegangen, und als er zurückkehrte, war ihre

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