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Der kleine Fürst Staffel 8 – Adelsroman. Viola Maybach
Читать онлайн.Название Der kleine Fürst Staffel 8 – Adelsroman
Год выпуска 0
isbn 9783740954680
Автор произведения Viola Maybach
Жанр Языкознание
Серия Der kleine Fürst
Издательство Bookwire
»Sehr gern«, antwortete sie – und so führte Ludwig zu Kahlenbach unter den aufmerksamen Blicken der gesamten Ballgesellschaft die schöne Prinzessin Sabrina von Gagern aus dem Ballsaal hinaus in den Park.
Kaum waren sie gegangen, als auch schon das Getuschel einsetzte.
*
Anna von Kant gähnte herzhaft. Die Dreizehnjährige lag mit ihrem Cousin Christian von Sternberg auf dessen Bett und sah einen Film an, den sie sich ausgeliehen hatten. »Das ist eine blöde Geschichte«, maulte sie. »Richtig langweilig. Haben wir nichts anderes, was wir angucken können, Chris?«
»Wir haben schon alles gesehen, was ich ausgeliehen habe«, stellte er fest. »Wir könnten höchstens das laufende Programm einschalten.«
»Vergiss es«, murmelte Anna. »Da läuft nichts Interessantes. Ich glaube, ich gehe lieber ins Bett, als mir diesen Schwachsinn bis zum Ende anzusehen.«
Er nickte und schaltete das Gerät aus. »Die anderen in der Schule haben so von dem Film geschwärmt«, entschuldigte er sich, »ich dachte, er wäre gut.«
»Ist ja nicht deine Schuld.« Anna rutschte vom Bett. Sie war ein hübsches blondes Mädchen, das zu seinem größten Leidwesen eine Zahnspange tragen musste. Anna fand, dass sie dadurch völlig verunstaltet wurde – und es half auch nichts, dass ihre Eltern, ihre Freundinnen in der Schule und auch Christian ihr immer wieder versicherten, das sei nicht der Fall: Sie glaubte ihnen einfach nicht.
Christian stand ebenfalls auf. Er überragte seine Cousine um einen guten Kopf, seine dunklen Haare trug er ziemlich lang. Der Verlust seiner Eltern hatte ihn vorzeitig reifen lassen, dennoch hatte er die Freude am Leben nicht verloren.
Sein junger Boxer Togo sprang auf, lief zur Tür und winselte. Dann kehrte er zum Bett zurück und beschnüffelte Christians Hand.
»Ist ja schon gut, Togo«, seufzte der kleine Fürst, »ich weiß, dass du noch mal raus willst. Kommst du mit, Anna?«
Sie zögerte kurz, nickte dann aber. »Lass uns sofort gehen, sonst schlafe ich vorher ein«, murmelte sie. »Weißt du überhaupt, wie spät es schon ist?«
»Ein Uhr morgens – wahrscheinlich kommen deine Eltern schon bald zurück von dem Ball.«
»Aber nur, wenn er langweilig ist. Sonst bleiben sie auf jeden Fall länger«, erklärte Anna.
Sie verließen Christians Zimmer, Togo lief vor ihnen her die breite Treppe hinunter, die in den großzügigen Eingangsbereich im mittleren Schlossflügel führte. Wie ein Schatten tauchte Eberhard Hagedorn auf, als hätte er sie erwartet. Er war seit vielen Jahren Butler auf Schloss Sternberg, und noch immer strebte er nach Perfektion, die er freilich nach Meinung der Schlossbewohner längst erreicht hatte.
»Herr Hagedorn, wieso schlafen Sie denn noch nicht?«, fragte Christian.
»Weil ich wusste, dass Sie noch einmal mit Togo hinausgehen«, antwortete der Butler mit seinem zurückhaltenden Lächeln. »Und weil ich noch nicht müde bin. Ich werde warten, bis Sie zurück sind.«
»Wir bleiben nicht lange«, versprach Christian.
Togo sah das offenbar anders. Er schoss wie ein Blitz nach draußen und war schon im nächsten Moment nicht mehr zu sehen. Christian und Anna folgten ihm langsamer.
Eberhard Hagedorn wartete geduldig auf ihre Rückkehr. Er würde ohnehin erst zur Ruhe kommen, wenn auch Annas Eltern wieder auf Sternberg eingetroffen waren.
*
»Wollt ihr gehen?«, fragte Florian von Hardenberg, als Sofia und Friedrich von Kant auf ihn zukamen.
»Ja, allmählich schon«, antwortete der Baron. »Wir haben ja einen recht langen Heimweg. Und du, Flo? Bleibst du noch?«
»Nein, eigentlich hatte ich mich auch gerade entschlossen, den Ball zu verlassen. Es war schön, euch mal wieder zu sehen.«
»Du weißt, dass du uns jederzeit willkommen bist, Flo. Aber du machst dich ja leider sehr rar. Wir haben auch Ludwig zu uns eingeladen, und er hat versichert, er nähme die Einladung an und würde sich in nächster Zeit mal bei uns blicken lassen. Du hast dich doch länger mit ihm unterhalten – vielleicht fasst ihr einen gemeinsamen Aufenthalt bei uns ins Auge.«
»Er war mir sehr sympathisch«, erklärte Florian, dessen Gesicht sich bei Sofias Worten ein wenig aufgehellt hatte. »Das würde ich gern tun.«
»Ich werde ihm das noch einmal vorschlagen.« Sofia und Friedrich verabschiedeten sich herzlich von Florian und verließen den Saal.
Er sah sich nach Sabrina um, konnte sie jedoch nirgends entdecken. Sie und »der Australier«, wie er von einigen Ballgästen genannt wurde, hatten sich, wenn er sich nicht täuschte, ineinander verliebt. Nicht dass das offensichtlich gewesen wäre, sie verhielten sich äußerst zurückhaltend, aber er kannte Sabrina gut genug, um die Zeichen zu deuten: Nie zuvor hatte er sie mit so glücklich strahlenden Augen und einem so verträumten Lächeln gesehen wie an diesem Abend, und Ludwig zu Kahlenberg schien von ihr ebenfalls hingerissen zu sein. Vielleicht wurden die beiden glücklich miteinander?
Kaum hatte er das gedacht, als sich eine eiserne Faust um sein Herz legte. Manchmal bildete er sich ein, dass er sich an seine unerfüllte Liebe zu Sabrinas Schwester Stefanie gewöhnt hatte und mittlerweile gut damit leben konnte. Dann wieder wurde ihm klar, dass das eine Hoffnung war, die sich niemals erfüllen würde: Ohne Stefanie konnte er nicht glücklich werden – aber mit ihr auch nicht, denn sie nahm ihn ja nicht einmal richtig wahr. Manchmal hatte er beinahe den Eindruck, unsichtbar zu sein, wenn er mit ihr zusammen war: Sie sah durch ihn hindurch. Was sie wahrnahm, war ein alter Freund, den sie in- und auswendig zu kennen glaubte, der keinerlei Überraschungen mehr bereit hielt, und für den sie sich schon aus diesen Gründen nicht interessierte.
Wie soll ich damit leben, fragte er sich einmal mehr voller Verzweiflung. Sie taumelt von Verliebtheit zu Verliebtheit, von einem Mann zum anderen, und sie ist so wenig glücklich wie ich. Aber
wenn ich ihr das sagen würde,
wüsste sie nicht einmal, wovon ich spreche.
»Mach nicht so ein Gesicht!«, sagte jemand leise zu ihm.
Es war Sabrina. Ihre Augen strahlten ihn an, ihr Lächeln war weich. »Hör auf, an Stefanie zu denken«, fuhr sie fort. »Tanz lieber noch einmal mit mir, damit die Klatschtanten etwas zum Reden haben.«
»Wo ist denn Ludwig?«, fragte er.
»Oh, keine Sorge, er ist noch da«, lächelte sie. »Komm schon, Flo!«
Er war froh, dass Sabrina ihn aus seinen Grübeleien gerissen hatte. Dankbar führte er sie zur Tanzfläche und verdrängte mit aller Gewalt jeden Gedanken an seine hoffnungslose Liebe zu ihrer Schwester.
*
Stefanie war der Schwarzhaarige sofort aufgefallen, als sie den Club betreten hatte, in dem sie sich an den Wochenenden häufig aufhielt. Er lehnte an der Bar, in lässiger Haltung, und betrachtete die Tanzenden mit leicht zerstreutem Blick. Wie ein Fremdkörper wirkte er, wie jemand, der sich aus Versehen an diesen Ort verirrt hatte. Als er zufällig in ihre Richtung sah, begegneten sich ihre Blicke, aber er reagierte anders, als sie es gewöhnt war: Zwei Sekunden lang sah er sie an, dann wandte er sich wieder der Tanzfläche zu, ohne beeindruckt zu wirken.
Das weckte ihren Ehrgeiz. Sie konnte es nicht ertragen, wenn ein Mann, den sie interessant fand, sie nicht beachtete, und sie hatte nicht die Absicht, es diesem Kerl durchgehen zu lassen. Sie würde den Club nicht verlassen, bevor er nicht völlig verrückt nach ihr war. Ulrich, von dem sie sich doch erst kurz zuvor getrennt und den sie damit zutiefst unglücklich gemacht hatte, war bereits Teil ihrer Vergangenheit geworden und damit fast vergessen. Sie war ein Mensch,