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Der Mondstein. Уилки Коллинз
Читать онлайн.Название Der Mondstein
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Уилки Коллинз
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Ich war wie vernichtet. Herr Murthwaite rauchte seine Cigarre ruhig weiter.
Herr Franklin brach nach einer Pause, während deren er, wie mir schien, zwischen den verschiedenen Seiten seines, Charakters geschwankt hatte, das Schweigen mit folgenden von der italienischen und englischen Seite gleichmäßig eingegebenen Worten: »Ich trage Bedenken, Sie mit Familien-Angelegenheiten zu behelligen, Herr Murthwaite, die Sie nicht interessiren können und von denen ich außerhalb des Kreises unserer Familie lieber nicht reden möchte. Aber nach dem, was Sie eben gesagt haben, fühle ich mich im Interesse von Lady Verinder und ihrer Tochter verpflichtet, Ihnen etwas mitzutheilen, was Ihnen möglicherweise den Schlüssel zu dem Benehmen jener Leute geben kann. Ich rede zu Ihnen im Vertrauen und ich kann mich fest auf Sie verlassen, nicht wahr?«
Nach dieser Einleitung theilte er dem indischen Reisenden in seiner präcisen französischen Weise alles Das mit, was er mir bei dem Zitterstrand erzählt hatte. Selbst den unbeweglichen Herrn Murthwaite interessirten diese Mittheilungen so lebhaft, daß er seine Cigarre ausgehen ließ. »Und nun«, schloß Herr Franklin seine Erzählung, »was sagen Sie nach Ihren Erfahrungen dazu?«
»Nach meinen Erfahrungen,« antwortete der Reisende, »sage ich, daß Sie öfter einer drohenden Lebensgefahr glücklich entronnen. sind, Herr Blake, als ich, und das will viel sagen.«
Jetzt war es an Herrn Franklin seinerseits, erstaunt zu sein.
»Ist die Sache wirklich so ernsthaft?« fragte er.
»Nach meiner Ueberzeugung gewiß,« antwortete Herr Murthwaite »Nach dem, was Sie mir eben mitgetheilte haben, zweifle ich nicht, daß die Wiederbefestigung des Mondsteins an seiner ursprünglichen Stelle auf der Stirn des Götzen der Grund und die Rechtfertigung der Verstöße gegen die Vorschriften der Kaste ist, von denen ich vorhin gesprochen habe. Diese Leute werden eine günstige Gelegenheit mit der Geduld einer Katze abwarten, und dieselbe, sowie sie sich darbietet, mit der Wildheit eines Tigers ergreifen. Wie Sie ihnen entkommen sind, ist mir unverständlich.« sagte der berühmte Reisende, indem er sich seine Cigarre wieder anzündete und Herrn Franklin scharf in’s Auge faßte. »Sie haben den Diamanten zu wiederholten Malen transportirt,» hier und in London, und Sie sind noch am Leben! Sehen wir näher zu, ob wir eine Erklärung dafür finden, daß Sie diesen Gefahren entronnen sind. Es war, wenn ich nicht irre, beide Male bei Tage, daß sie den Edelstein aus der Bank in London nahmen?«
»Bei hellem Tage« antwortete Herr Franklin.
»Und wie viele Leute waren auf der Straße?«
»Sehr viele!«
»Sie hatten ohne Zweifel eine bestimmte Zeit festgesetzt, zu der Sie hier in Lady Verinder’s Haus eintreffen wollten? Zwischen der Station und dem Hause hier ist die Gegend sehr einsam. Haben Sie die festgesetzte Zeit eingehalten?«
»Nein, ich traf vier Stunden früher ein, als ich mich gemeldet hatte.«
»Nun, zu dieser Verfrühung Ihrer Ankunft sage ich Ihnen meinen herzlichsten Glückwunsch. Wann brachten Sie den Diamanten von hier nach nach der Bank in der Stadt?«
»Eine Stunde, nachdem ich hier damit angekommen war, und drei Stunden, bevor irgend Jemand mich in dieser Gegend erwartete.«
»Auch dazu sage ich Ihnen meinen herzlichsten Glückwunsch. Brachten Sie ihn dann allein hierher zurück.«
»Nein, ich ritt zufällig mit meinem Vetter, meinen Cousinen und dem Stallknecht.«
»Nun, so gratulire ich Ihnen zum dritten Mal. Sollten Sie jemals Neigung verspüren, Herr Blake, über die Grenze der civilisirten Welt hinauszureisen, so lassen Sie mich es wissen und ich will Sie begleiten. Sie sind ein vom Glücke wunderbar begünstigter Mensch!«
Hier fiel ich ein. Diese Art und Weise stimmte durchaus nicht mit meinen englischen Ideen.
»Sie wollen doch nicht im Ernste sagen, Herr Murthwaite,« fragte ich, »daß die Kerle Herrn Franklin um’s Leben gebracht haben würden, um ihren Diamanten zu bekommen, wenn er ihnen die Gelegenheit dazu geboten hätte?«
»Rauchen Sie, Herr Betteredge?« fragte der Reisende.
»Ja, Herr Murthwaite!«
»Bekümmern Sie sich viel um die Asche, die in Ihrer Pfeife zurückbleibt, wenn Sie sie ausklopfen?«
»Nein, Herr Murthwaite!«
»In dem Lande, aus welchem jene Leute kommen, machen sie sich genau so viel daraus, einen Menschen um’s Leben zu bringen, als Sie sich daraus machen, die Asche aus Ihrer Pfeife zu klopfen.
Wenn tausend Menschenleben zwischen ihnen und der Wiedererlangung des Diamanten ständen, und wenn sie glauben dürften, diese Leben unentdeckt zerstören zu können, so würden sie nicht das mindeste Bedenken tragen, sie alle zu opfern. Das Aufgeben einer Kaste ist eine sehr ernste Sache in Indien, die Vernichtung eines Menschenlebens aber bedeutet dort gar nichts.«
Ich äußerte darauf, daß nach meiner Meinung das Volk der Indier eine Raubmörderbande sei. Herr Murthwaite hingegen erklärte, daß sie ein höchst merkwürdiges Volk seien. Herr Franklin sprach gar keine Ansicht aus, sondern suchte die Unterhaltung wieder auf den vorliegenden Gegenstand zurückzulenken.
»Sie haben den Mondstein an Fräulein Verinder’s Brust gesehen« sagte er; »was ist jetzt zu thun?«
»Das, womit Ihr Onkel gedroht hat,« antwortete Herr Murthwaite »Herncastle kannte seine Leute. Schicken Sie den Diamanten morgenden Tages unter Bewachung von mehr als einem Mann zum Zerschneiden nach Amsterdam. Lassen Sie ein halbes Dutzend Diamanten statt eines einzigen daraus machen. Damit ist seiner geheiligten Identität mit dem Mondstein und damit zugleich der Verschwörung ein Ende gemacht.«
Herr Franklin wandte sich zu mir.
»Es hilft nichts, wir müssen morgen mit Lady Verinder sprechen!«
»Und warum nicht noch heute Abend?« fragte ich.
»Es wäre doch möglich, daß die Indier inzwischen wieder herkämen.«
Herr Murthwaite antwortete mir, bevor noch Herr Franklin reden konnte: »Die Indier werden es nicht riskiren, noch diesen Abend zurückzukommen; sie bedienen sich fast bei keiner Gelegenheit des direkten Weges, am wenigsten bei einer Affaire wie diese, wo das geringste Versehen für die Erreichung ihres Zweckes verhängnißvoll werden könnte.«
»Wenn nun aber die Spitzbuben verwegener wären, als Sie annehmen?« fuhr ich fort.
»Ja diesem Falle,« sagte Herr Murthwaite »lassen Sie die Hunde los! Haben Sie große Hunde hier auf dem Gut?«
»Zwei, Herr Murthwaite einen Kettenhund und einen Bluthund.«
»Das ist genug, die Hunde haben in unserm Fall den großen Vorzug, sich durch keine Scrupel über die Heiligkeit des menschlichen Lebens beirren zu lassen.«
Die Töne des Claviers drangen bei diesen Worten des Herrn Murthwaite aus dem Salon zu uns. Herr Murthwaite warf seine Cigarre weg und ergriff Herrn Franklins Arm, um zu den Damen zurückzukehren. Ich beobachtete, daß der Himmel sich rasch bewölkte, während ich ihnen in’s Haus folgte. Herr Murthwaite bemerkte dies gleichfalls; er wandte sich nach mir um und sagte in seiner sonderbar trocknen Weise: »Die Indier werden heute Abend ihre Regenschirme gebrauchen, Herr Betteredge!« Er konnte wohl über die Sache scherzen, aber ich war kein berühmter Reisender; mein Weg in dieser Welt hatte mich nicht daran gewöhnt, unter Dieben und Mördern in den entferntesten Gegenden der Welt Katze und Maus um mein Leben zu spielen.
Ich ging in mein kleines Zimmer, setzte mich, um mich abzukühlen, in meinen Lehnstuhl und dachte rathlos darüber nach, was jetzt zu thun sei.
In dieser ängstlichen Gemüthsverfassung hätten andere Menschen sich vielleicht zu einer