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Das Naturforscherschiff. Sophie Worishoffer
Читать онлайн.Название Das Naturforscherschiff
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Sophie Worishoffer
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Das Getümmel vor dem See nahm indessen zu. Einer der Elefanten stürzte ganz in der Nähe der Giraffe, und diese trat erschreckend zurück bis an den Rand des Sumpfes. Sofort erhoben sich zwei der scheußlichen Ungeheuer halben Leibes aus dem Schlamm und packten mit ihren fürchterlichen Rachen das lautschreiende Tier, welches sich aus allen Kräften, aber natürlich vergebens, gegen diese Übermacht zu sträuben versuchte. Ehe eine Minute verging, gurgelte das grünliche Wasser und trieb Blasen, dann aber schloß es sich über dem Opfer, dessen Verderben die Schützen nicht gewollt hatten, und das nun von den blutdürstigen Räubern der Tiefe in Stücke zerrissen wurde. Zuweilen tauchte aber bei dem erbitterten Kampfe, welcher ohne Zweifel auf dem Grunde des Sees entstanden war, der Kopf des einen oder anderen Krokodils plötzlich hervor, und um einen solchen Augenblick zum wohlgezielten Schusse zu verwenden, schlich Franz mit leisen Schritten in das Gebüsch hinein. Die hintere Mitte des Halbmondes war bedeutend breiter als die beiden Ausläufer, daher hoffte er am Rande der letzteren im gegebenen Fall sicherer zielen zu können.
Die Gallinas waren um den glücklich geretteten Leoparden so beschäftigt und so eifrig dabei, die Antilope auf dem Fleck auszuweiden und am Spieß zu braten, daß sie vielleicht, auf die Feuerwaffen der Europäer allzusicher vertrauend, für sich selbst die nötige Vorsicht ein wenig außer Augen ließen. Einer der großen, männlichen Elefanten, angeschossen aber nicht getötet und aus diesem Grunde vor Schmerz rasend, drehte sich plötzlich gegen die zur Seite befindliche Negerschar, erhob herausfordernd den Rüssel und stürzte mit lautem Wutgeheul den vermeintlichen Feinden entgegen. Die erschreckte Schar empfing ihn mit Schüssen und wohlgezielten Würfen, – drei Pfeile zitterten am langen Schaft in seiner Hornhaut, das Blut rann stromweise von dem kolossalen Körper herab, aber dennoch gelang es ihm, mit schwindenden Kräften den nächsten der Neger zu erfassen. Er hob ihn hoch über den Kopf und schleuderte ihn dann mit solcher Kraft auf den Erdboden, daß sich die Glieder des Unglücklichen zuckend dehnten und ohne weitere Bewegung liegen blieben. Der Sieger überlebte aber seine Rachetat nur um einige Minuten, die Riesengestalt drehte sich schwindelnd im Kreise und stürzte mit dumpfem Dröhnen zu Boden.
Jetzt nahm der ganze Vorgang einen abschreckenden Charakter an. Das war keine Jagd mehr, sondern ein Blutbad. Die Krokodile, halben Leibes an das Ufer kletternd, bemächtigten sich lebender und toter Körper, die Elefanten wurden von den Gallinas ihrer Zähne beraubt und abgebalgt, das halbgare Antilopenfleisch mit den Fingern zerrissen und der getötete Neger nicht mehr beachtet, als sei er eins der gefallenen Tiere. Unsere Freunde erhoben sich, um diese Stätte sich entfaltender Barbarei zu verlassen, und jetzt erst bemerkten die übrigen, daß Franz noch immer fehlte.
Holm pfiff auf zwei Fingern. »Hallo, Franz, wo steckst du?«
Keine Antwort.
Holm und Doktor Bolten sahen einander an; das Gesicht des alten Herrn war entsetzlich blaß geworden. »Die Verantwortung!« sagte er fast stammelnd, »ich habe dem Vater gegenüber die volle Verantwortung auf mich genommen!«
»Nun, nun,« tröstete Holm, dem selbst das Herz heimlich schlug, »er wird ja wiederkommen. Was sollte ihm geschehen sein?«
Noch einmal erschallte der laute Ruf über die Waldwipfel dahin, noch einmal legten alle drei Zurückgebliebenen in diesen kurzen einen Laut die ganze Unruhe, die stärker und stärker werdende innere Furcht ihrer Seelen. »Franz! – Franz! —«
Wieder keine Antwort.
»Achilles,« sagte Holm, »was kann das bedeuten?«
Der Neger zuckte die Achseln. »Vielleicht Gallinas!« antwortete er.
»Hilf Himmel, sie sollten ihn getötet haben?«
»O – auf keinen Fall. Gallinas handeln in Lagos mit Geiser und Kopp, viel zu klug, um die Buchmänner zu erzürnen. Aber Gallinas Diebe.«
Holm atmete auf. »Es handelt sich also im schlimmsten Fall um ein Lösegeld, Achilles? Die Schwarzen werden den armen Knaben doch nicht töten?«
Der Neger schüttelte den Kopf. »Wollen Feuerwaffen haben und Fetisch,« antwortete er, auf Holms Uhr deutend.
»Herr Gott, so laßt uns eilen.«
Und in stummer Hast drängte alles vorwärts. Doktor Bolten konnte sich von dem Schauplatz des geschehenen Unglückes anfangs durchaus nicht trennen. »Weggehen und den unglücklichen Jungen so gewissermaßen treulos verlassen,« preßte er hervor. »Es ist zu schrecklich. Wenn er nun in das Wasser gefallen und von den Krokodilen —«
»Pah, das ist ganz unmöglich. Der Junge ist doch kein Wickelkind, daß er in den See plumpsen und sich fassen lassen sollte, ohne zu seiner eigenen Rettung das allermindeste zu unternehmen? – Die Gallinas haben ihn, und wir müssen sehen, mit dem Raubgesindel tunlichst zu unterhandeln.«
Das war ein schlimmer, aber doch der einzig mögliche Trost, und nachdem noch die Neger zur Vorsicht festgestellt hatten, daß nirgend im Umkreis des Sees ein Unglück geschehen sein könne, beeilte man sich, die vordere Seite zu erreichen. Hier waren auch die Gallinas mit dem Aufbruch beschäftigt; sie ließen den Dolmetscher äußerst gleichmütig an sich herankommen und beantworteten seine Fragen nach dem verschwundenen Knaben fast nur durch Achselzucken. Vielleicht hatte er ihre vorangegangenen Gefährten begleitet, sie wußten es nicht.
Aber nicht allein Achilles, sondern auch die Weißen waren durch den Ton dieser Antworten in ihrem anfänglich gehegten Verdacht vollkommen bestärkt worden, sie folgten daher ohne weiteres den nach Hause gehenden Gallinas, und nur einmal fragte Holm den Dolmetscher, ob denn das Dorf derselben in der Nähe liege. Die Antwort traf wie ein Kanonenschuß, – man mußte acht bis zehn Stunden marschieren und dann natürlich während der Nacht im Walde bleiben. Neue Verwirrung, neues Entsetzen bemächtigte sich der beiden Männer. »Achilles,« rief Doktor Bolten, »machen Sie doch Ihren Landsleuten den Vorschlag, uns den Knaben hierher zurückzuliefern. Wir wollen alles, was wir besitzen, mit Vergnügen hergeben.«
Der Dolmetscher schüttelte den Kopf. »Gallinas klug«, antwortete er, »fürchten Feuerwaffen. Achilles allein gehen mit Fetisch und Gewehren.«
Das aber konnten wieder die beiden anderen nicht zugeben, auch Hans wollte sich trotz aller Vorstellungen nicht mit einem der Neger auf den Rückweg machen, und so zog denn die kleine Gesellschaft in tiefstem Schweigen, verstimmt und unruhig durch den Wald dahin. Die Gallinas in ihren weißen Turbanen und Burnussen gingen gewissermaßen als Wegweiser voran, und sobald sie Halt machten, lagerten auch die Weißen mit ihrer Begleitung, um scheinbar wenigstens ein Mahl einzunehmen. In der Tat aber sprachen nur die Kruneger den mitgebrachten Vorräten tapfer zu.
»Wie wäre es,« meinte Holm, »wenn wir alle mit dem Gewehr auf dem Rücken, also in ganz friedlicher Absicht, jetzt zu den Gallinas gingen und ihnen vor die Füße legten, was sie zu besitzen wünschen? Wo das geschieht, ist doch gleichviel.«
Aber Achilles wies den Vorschlag durchaus zurück. »Gallinas lassen den weißen Knaben frei, ohne ihm Waffen oder Führer zu geben,« sagte er. »Gallinas falsch, weißer Knabe von Raubtieren zerrissen.«
»Und warum hat man uns nicht gleich an Ort und Stelle den ganzen spitzbübischen Handel vorgeschlagen?« rief Holm.
»Zehn Feuerwaffen,« lächelte Achilles, die Gewehre überzählend, »zehn entschlossene Männer. Gallinas klug – den Gegner müde machen.«
»Diese Spitzbuben! Sie wußten also, daß wir bis an das Ende der Welt dem armen Jungen nachgehen würden?«
Und man brach wieder auf, bis der Abend herabsank und die Schatten länger wurden. Plötzlich an einer Waldlichtung waren