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Leiden und Freuden eines Schulmeisters. Jeremias Gotthelf
Читать онлайн.Название Leiden und Freuden eines Schulmeisters
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Jeremias Gotthelf
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Fünfzehntes Kapitel. Wie mir die Augen aufgethan werden
Des anderen Morgens weckte mich früh die Freude und das Verlangen, meinem alten Schulmeister mein Glück zu verkünden. Es war ein heller Tag; Sonne und Mond stunden am Himmel und nur zögernd legten sich die Sternlein in ihre aus ewigem Licht geflochtenen Bettlein. Auf der Erde wimmelte es wie in einem Bienenkorbe, der stoßen will. Aus Haus- und Stallthüren kam heraus, was drinnen war, zum Schaffen und zum Lustigsein. Fröhlich blökten die Schafe, umgaukelt von ihren Lämmlein, der Weide entgegen und sprangen munter den Kühen voran, die in steifem Ernste nachschritten, höchstens einen schwerfälligen Trott versuchten, nachdenkliche Gesichter schneidend. Andere bogen ungerne ihren Hals unter das Joch und muhten wild, wenn man sie mit Schlägen auf die Nase trieb an die Deichseln der schwer beladenen Mistwagen. Sie wären auch lieber auf der Weide gewesen als am Wagen, und machten Gesichter dazu, wie ordentliche Professoren, wenn sie aus der Kneipe ins Kolleg müssen, oder Gemeindräte an einem gewissen Orte, wenn sie der Schreiber aus dem Wirtshause in die Gemeindstube muß holen lassen, oder wie die B. L. Räte, wenn der Weibel aus den Pinten sie zusammentreiben muß, damit Beschlüsse gefaßt werden könnten. Müden Schrittes zogen Pferde den Pflug und streckten lang sich aus durch die lange Furche. Als rüstige Landwehr zog Mann und Mädchen aus mit Karsten und Hacken hinter die Erdäpfel her und hinter die Furchen, schäkerend und mit Äpfeln die Säcke füllend. Um das Haus herum firmte noch die geschäftige Hausfrau, und erst lange hinter den andern zog sie die reine Schürze an, die Thüre zu und schritt stattlicher aber rascher als die andern dem Felde zu. Von weitem sah man ihr an, daß sie wußte, man sehe auf sie und das Auge des Dorfes sei offen über sie, wann und wie sie ausgehe aufs Feld! O so ein Dorfauge ist eine gute Sache und hält manche in der Egi! Es wirket auf die Weiber viel mehr als auf die Männer. Es nähme mich ds Tüfels wunder, was manche anfinge ungattlichs und narrochtigs, wenn sie eben dieses Dorf-Auge nicht fürchtete.
Und auf den Feldern war ein lustig Leben. Kleine und große Kuppeln Leute rührten sich rüstig; hell jauchzte der Weidbube bei seinem Feuerlein; einförmig, aber ans Herz dringend, läuteten die Kühe ihre Glocken. Alles hatte mit sich selbst zu thun, schaffte für sich, schien um die andern sich nicht zu kümmern. Aber wenn ein Hase aufsprang, aufgejagt aus einem Erdäpfelblätz mit mächtigen Sprüngen durchs Feld setzte und der Ruf erscholl: »E Has! e Has!« — da, wie durch einen elektrischen Schlag getroffen, stund Mensch und Vieh still, hoben alle Köpfe sich auf, ruhten alle Arme. »E Has! e Has! do! do!« schrie es durchs ganze Feld. Ein Auge und ein Sinn war die zerstreute Menge geworden, bis der Hase des Waldes Dunkel, von schwerer Angst gejagt, erreicht hatte. Dann verschwand die Einheit wieder und jedes Auge senkte sich wieder auf seine Sache nieder; jeder Fuß ging seinen Weg und jeder Arm rührte sich für sich. Ein merkwürdig Bild unseres Lebens, das man aber nicht auf dem Rumedingerfeld sehen kann, denn da sieht keiner auf und einem Hasen nach — wenn er Erdapfel vor sich hat.
Wohlgemut lief ich in schönem Sonnenschein durch die wimmelnde Menge und sah ganz glücklich auf jeden Bauer, der seine vier schwarzen Erlenbacher ins Feld führte, und dachte bei mir selbst: »Du arme Tüfel muesch doch gnue thue; we d‘ wüßtisch, wie guet e Schumeister ‚s het!« Und dann sang ich vor mich hin folgendes Liedchen, das ich in der Normalschule gelernt hatte, das wahrscheinlich mit einigen Variationen ein Soldatenliedchen gewesen war:
We di Bure früh aufstah,
Thuet is dFrau im Bett ephah!
We bi Bure Garbe schnyde,
Cheu mr schön am Schatte blybe!
We bi Bure z‘Acher fahre,
Cheu mr schön das Chniepe spare!
We di Bure Garbe drösche,
Lah mr nit die Pfyfe lösche!
Da capo [U we di Bure metzge,
Su esse mir das Beste! Juhee!
So wanderte ich in wohlgemutem Übermut durch Feld und Wald meinem Schulmeister zu und dachte, was er sagen werde, daß mir das Konstruieren eine so schöne Stelle eingebracht. Ich dachte an den schönen Lohn und an die schönen Sachen alle, die ich daraus wollte machen lassen, und wie ich einer sein wolle, daß weit und breit kein solcher wäre, und daß die Leute sagen müßten, sie hätten noch nie vo-mene selige ghört, vrschwyge e selige gseh oder gar gha. Ach, wie leicht man bei so lüftigen Träumen läuft! Es ist wirklich fast, als ob man durch die Luft führe; hingegen wenn man irdische schwere Sorgen hat, ist es da nicht, als ob man knietief in der Erde ginge? Mein Alter hatte auch Freude daran; er that mir aber die trunkenen Augen auf und schüttete kaltes Wasser über meine Träume. »Und jetzt, Peter,« fragte er mich, »hast du Geld? Wie willst du den nötigen Hausrat, ein Bett u. anschaffen?« — Ja, an das hatte ich nicht gedacht und wußte keinen Bescheid, als daß ich werde z‘Kost gehen müssen.
»Das thue ja nicht, Peter,« sagte er. »Erstlich nimmt dir das Kostgeld mehr als den halben Lohn weg; zweitens mußt du an deinem Kostort gar vieles machen helfen; man gibt dir nichts dafür, aber nimmt es übel, wenn du es einmal versäumst; und drittens schadet es dir gar sehr an Präsenten; wenn du keine Haushaltung hast, so bringt man dir nichts.« Das leuchtete mir ein; aber wo Geld nehmen zu allem? Da war ich am Hag. Der Alte erbot sich, mit ein paar Franken mir zu Küchengeschirr, d. h. zu einer Pfanne, einigen Tellern, Kacheln und Kellen zu helfen; allein das Bett, den Schaft oder das Trögli anlangend war guter Rat teuer. Endlich meinte der Schulmeister, ich sollte zu meinen Alten gehen; die würden doch nicht geng welle taub sy und würden vielleicht Freud haben, daß ich jetzt wirklich Schulmeister sei. Einige übrige Bettstücke hätten sie allweg und die könnten sie mir gar wohl leihen. Ich wehrte mich wie eine Wiggle hinzugehen; aber es half alles nichts, ich mußte in den sauren Apfel beißen. Mich zog es nicht zum Vater, nicht zur Mutter, nicht zu den Geschwistern; mir klopfte das Herz, wenn ich nur an den ersten Anblick dachte; aber mich zog es doch auf meinem Wege fort; es war das Heimelige, das sich mir immer mehr aufdrang. Es war das Bächlein, in dem ich Groppen und Krebse fing; es war der moosige Baum, in dem Rinderstaaren nisteten; es war der bekannte Rain, wo wir schlitteten; es war der Heubirenbaum, den ich so oft geplündert; es war das grüne Dach, unter dem ich so oft geschlafen und geweint. Das alles füllte mein Herz mit Sehnsucht und zog mich hin zum Vaterhause, das ich über zwei Jahre nicht gesehen hatte. Je näher ich kam, desto heimeliger ward es mir; ich vergaß, daß die Eltern böse sein könnten und trat ganz fröhlich in die Küche. Aber als die kochende Mutter mit saurem Blick mich empfing, auf mein: »Gottwilche Mueter« ein trocknes: »Danke Gott« antwortete, die Hände nicht aus der Waschgepse nahm, sie nicht an der Schürze abtrocknete, um meine dargebotene zu ergreifen, auf meine Frage: »Wie get‘s ech?« antwortete: »Es het di lang nüt wunger gno« — da merkte ich, daß ihr Herz sauer geblieben, keine Liebe, keine Vergebung da sei. Ich fragte nach dem Vater; sie wies mich nach dem Webkeller. Der Alte sah nicht einmal nach mir um, hörte keinen Augenblick auf zu arbeiten, so daß ich nach und nach in die größte Verlegenheit geriet und gar nicht wußte, wie mein Anliegen vorbringen.
Ich wußte nicht, sollte ich von ihnen reden oder von mir; mit beiden fürchtete ich zu fehlen. Ich sagte von schönem Wetter. Es sei lustig genug für die, welche nichts zu thun hätten als herum zu laufen — war die Antwort. Ich sprach vom guten Säyet und wie man die Erdäpfel gut einbringen könne. Ja, der Säyet sei gar lustig, we me zueluege u de ds Brot fresse könne. Ähnliche Antworten auf ähnliche Eingänge erhielt ich eine Menge. Endlich sagte ich, sie werden gehört haben, daß ich Schulmeister geworden sei. Das heng se gar nüt