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Leiden und Freuden eines Schulmeisters. Jeremias Gotthelf
Читать онлайн.Название Leiden und Freuden eines Schulmeisters
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Jeremias Gotthelf
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Von da an ging es gut; ich brauchte das Papier nicht, und beim Katechisieren hielt ich auf Rücken, mußte aber das alles allein machen, bekam zwar keine dromsigs Antworten, sondern gar keine. Die Kinder sahen mir steif ins Gesicht und lächelten einander zu und stießen einander an mit den Ellbogen. So machte ich, daß ich fort kam, und wenn ich gefragt hatte, so sagte ich auch die Antwort mit der angehängten Frage: nicht wahr?
Kurz, die Kinderlehre lief recht gut ab; ich blieb nicht stecken und machte nichts verkehrt, und wie ich im Anfang zu wenig Atem hatte, so hatte ich jetzt beide Backen voll und konnte mich aufblasen, so dick ich wollte. Es blieben einige Männer da und rühmten mich. Sie hätten nicht geglaubt, daß ich so kinderlehren könnte. Für so-n-e Junge sei das viel gemacht; es könne es mancher Alte nicht so. Im Anfang hätten sie geglaubt, es fehle mir; das sei aber nichts anders, es ginge ihnen auch so. Ihr früherer Schulmeister hätte es auch noch könne: nur im Katechisieren sei er nicht fort gekommen, er sei in Gottes Namen geng am gleichen Orte gewesen und hätte sich bei einem Worte können verweilen, daß man fast sch.... g hätte werden mögen darob.
O, wie mir dieses Lob so wohl that nach der ausgestandenen Angst! Merkwürdig ist‘s, daß der Satan nie besser Gelegenheit findet, in uns zu fahren, seine Thüre nie weiter offen findet, als wenn wir gerühmt werden. Ich warf mich in die Brust, erzählte, wie ich nicht Zeit gehabt hätte zum Lernen, wie ich nur diesen Morgen etwas hätte nachsinnen können; wie es ein andermal besser gehen sollte und wie ich im Kinderlehre keinen fürchte, und vergleich Zeug mehr. Ein gewisser Instinkt, über den selten jemand sich aussprechen kann, verurteilt beim Redner alle lange mühselige Vorbereitung und noch viel mehr die Schwäche, wenn der Redner diese Vorbereitung so wenig sich zu eigen machen kann, daß er sie vor dem Publikum zeigen und ablesen muß, was ja jeder andere auch könnte. Die Rede soll nach dem dunkeln Gefühl eines jeden ein unmittelbares Produkt des Geistes sein, ein Zeugnis innern Lebens und Kraft, ein Zeugnis innern Reichtums und Fülle, an die man jeden Augenblick sich wenden kann um Nahrung, eine Offenbarung Gottes, die nie versiegt; soll ein lebendiger Quell sein und nicht ein Sod, wo man mühselig ziehen muß, ehe es Wasser gibt, oder gar ein trockner Behälter, in den man aus allen Brunnen und Bächen das Wasser keuchend und schwitzend zusammenschleppen muß. Dieses Gefühl ist allenthalben, aber am stärksten bei dem Ungebildeten, der den Inhalt der Rede nicht zu prüfen vermag, sondern sie glauben soll. Zu diesem Glauben will er aber eben ein Zeugnis, und dieses Zeugnis ist ihm, daß sie aus dem Geiste lebendig geflossen sei. Darum auch machen bei ihm die Reden der herumziehenden Sektierer so vielen Eindruck, weil er ihre Reden nicht prüft, sondern bei ihnen das Unmittelbare derselben erkennt und bewundert. Darum auch geben viele Redner sich die größte Mühe, alle Vorbereitung sorgfältig zu verhehlen und daran thun sie recht. Aber unrecht thun sie, wenn sie Windbeuteln mit Dingen, die nicht sind, und sich rühmen, da wo sie keinen Ruhm verdienen. Noch größerer Frevel aber treiben die, die wirklich aller Vorbereitung sich entheben, weil sie glauben, eine halbe Stunde hintereinander Worte machen zu können, ohne zu stocken. Worte machen heißt nicht Reden halten; es ist nur ein Spiel des Blasebalges, wo kein Feuer dabei ist. Wo einer frei reden will, da muß ein reicher Schatz im Inwendigen sein, von dem man nehmen kann. Und auch wo dieser Schatz vorhanden ist, muß der Verstand sich Zeit nehmen, zu prüfen, was und wie viel von diesem Schatze jeder Stunde gehöre. Und je reicher der Schatz, desto nötiger diese Prüfung; sonst kömmt ein Krausimausi heraus, aus dem kein Verständiger klug wird, das vielleicht den nicht Prüfenden hinreißt, so lange er es hört, ihm aber weder eine klare Überzeugung noch ein wohlverstandenes Gefühl erzeugt.
Nachdem der Ruhm erschöpft war, stach es mich doch, zu vernehmen, warum die Kinder gelacht hätten, ob ich etwa etwas Lächerliches an mir habe. Nein, sagten sie, das nicht; aber ich hätte so fremd geredet und das hatte die Kinder gelächeret; aber ich werde schon reden lernen, wie es der Brauch sei. Das konnte ich nicht begreifen; sprach ich doch die rechte Sprache. Ich fragte daher nach Beispielen. Ich hätte ni gesagt, statt wie sie nei; ja, statt jo; Krisi, statt Kiersi; Bümeli, statt Bäumeli u. s. w.
Das sollte ich mir abgewöhnen, meinten sie; kein Mensch rede hier so und es düech se, es syg gar wüest u trag nüt ab, so apparti und wunderlig z‘rede. Diese Leute meinten, gerade so wie sie redeten, sei es recht, und ihre Sprache sei die, welche der liebe Gott verstehe und welche man im Himmel rede. Meinte doch einmal einer, der in einer welschen Predigt gewesen war und den Eifer und die heftigen Geberden des Predigers gesehen hatte: dä mög si gmüihje so lang er well, dr lieb Gott verstangne doch nüt; emel är mbcht ke Welsch sy; da helf kes Bete nüt i‘re selige Sprach, wo eim niemer verstang.
So haben es die Leute, welche selten aus ihrem Dörfchen kommen, ja selten aus ihrer Haushaltung, und selten hören, wie es anderwärts zugeht. Es bildet sich bei ihnen eine Selbstgefälligkeit und eine Verachtung gegen alle, die nicht gerade so sind und alles so machen wie sie, die jede Belehrung, jeden Fortschritt hemmt. Es bildet sich das Lächeln auf den Stockzähnen gegen jeden, der, ein anderer als sie, sie über etwas belehren will. Das Lächeln will nichts anderes sagen als: Was witt doch du! Bisch ja ume-n-e Löhl! Eine Hausfrau dieses Schlages ließe sich eher hängen, als daß sie glauben würde, es könne jemand anders eine vernünftige Mehlsuppe machen oder eine vernünftige Sau mästen, als gerade sie.
Obschon ich in dieser Nacht nicht viel schlief, so war mir doch recht wohl in meinem Bette. Ich träumte bei wachendem Leibe, und solche Träume halten wach, so gut als das Umgekehrte davon, der Kummer. Beide, so entgegengesetzt sie scheinen mögen, sind doch meist eins in ihrer Wirkung. Sie erschlaffen die Seele und nehmen ihr die Kraft, der Gegenwart mit Lust und Besonnenheit zu begegnen. Der Kummerhafte mag nicht; er denkt: Was hilft es mir, daß ich das habe oder das thue, wenn es so und so kömmt? Wie gut er es haben mag — die Angst vor dem Kommenden trübt ihm den Genuß und gießt ihm Wermut in alles. Der in der Zukunft großes Glück, große Ehre Träumende macht einen dreifachen Fehler. Die Gegenwart schätzt er nicht; denn sie gibt ihm nicht, was er von der Zukunft hofft. Er vergißt, daß die Zukunft das Fundament in der Gegenwart haben muß, und nimmt, eben weil er die Gegenwart zu gering achtet, nicht die Mühe, es zu legen. Er hofft auf die gebratenen Tauben, die ins Maul fliegen. Und wenn endlich die Zukunft eine andere ist als die geträumte, so findet sie an ihm nicht einen Mann, der sie zu bemeistern, zu ertragen vermag, sondern ein Kind, das stampft und heult, wenn ihm ein Spielzeug versagt ist. Wenn an die Stelle des Kummers die Nüchternheit treten würde, die sich auf alles gefaßt macht, und an die Stelle der hohlen Träume der Glaube an eine hohe göttliche Bestimmung jedes Menschen — die aber nicht in einem äußern Zustande, einem Genießen besteht, sondern über diesem in dem hergestellten Werte der Seelen — und wenn mit dieser Nüchternheit und diesem Glauben das Vertrauen und eine nie ruhende Thätigkeit, eine nie erschütterte Kraft sich gatten: dann träume man so viel und so lustig man will, dann sind allerdings solche Träume