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wohlige Gefühl der Ohnmacht, welches ihn die Schmerzen nicht mehr spüren ließ, hielt jedoch nur kurz an. Denn den übrigen Alben fiel es keineswegs ein, mit den Angriffen auf Skals geschundenen Körper aufzuhören. Wodurch sein Bewusstsein schmerzhaft wieder zurück ins Hier und Jetzt gerufen wurde. Seine Nase war gebrochen und das wenige, was der Iatas-Meister durch seine tränenden Augen und den Schleier aus Blut sehen konnte, war, dass die Alben nun wohl endlich genug davon hatten, ihn zu quälen. Denn in ebendiesem Moment trat einer von ihnen mit dem Schwert in der Hand in sein Sichtfeld und wollte die Sache offenbar zu Ende bringen.

      »Hast du noch einen letzten Wunsch, Mensch?«, fragte er unter dem gehässigen Gelächter seiner Kumpane.

      »Verrecke!«, war das Einzige, was Skal herausbrachte und spuckte dem Mann einen Klumpen blutigen Speichel ins Gesicht. Der Alb, dessen Gesichtsausdruck sich daraufhin verfinsterte, erhob das Schwert, fest entschlossen, dem frevlerischen Menschen sein Ende zu bereiten.

      Darius focht unablässig mit seinem Gegner, dessen schwarze Augen ihn permanent taxierten. Warum nur stellte sich die übermenschliche Kraft, die ihm im Kampf gegen die Orks das Leben gerettet hatte, nicht ein? Langsam fürchtete er die Auseinandersetzung zu verlieren, zumal die Gegner jetzt von allen Seiten auf ihn eindrangen. Ein ums andere Mal konnte er Therry aus dem Augenwinkel erkennen, die ihm den Rücken freihielt. Einmal stieß er sogar versehentlich mit ihr zusammen, als sein Gegenüber dem Schwerthieb, welchen er gerade noch parieren konnte, einen schnellen Fußtritt folgen ließ.

      Endlich gelang es Darius, seinen Gegner ein wenig unter Druck zu setzen. Zwar verfügte der Mann über eine ausgezeichnete Technik, doch fehlte es ihm an der nötigen Kondition. Zudem schien ihm sein Schwert mit jedem Schlag immer schwerer zu werden. Darius, der wesentlich muskulöser war, konnte im Gegensatz dazu seine deutlich breitere Klinge ohne Probleme auch weiterhin mit kraftvollen Bewegungen auf den Schwarzäugigen niederfahren lassen.

      Nun war es an dem Alben zurückzuweichen, und als es dem angehenden Iatas gelang, für den Bruchteil eines Wimpernschlages schneller zu sein, schaffte er es, dem Mann einen tiefen Schnitt am Oberarm beizubringen. Die Wunde war nicht tödlich, doch so schmerzvoll, dass sie den Alben für einen kurzen Moment ablenkte. Und Darius nutzte die Schwäche seines Gegenübers erbarmungslos aus. Jegliche technische Raffinesse, die Skal ihm in der letzten Woche beizubringen versucht hatte, ignorierend, ließ er seinen Kopf mit aller Macht nach vorn, direkt auf den des Schwarzäugigen zuschnellen.

      Desorientiert taumelte der Alb einige Schritte weit nach hinten, bevor er das Gleichgewicht verlor und bewusstlos zu Boden ging. Während er sich schon nach dem nächsten Feind umsah, bemerkte Darius gerade noch, wie sein Meister, von mehreren Gegnern umringt, hart in den Rücken getreten wurde und ebenfalls benommen zu Boden fiel.

      »Nein!«, schrie er aus Leibeskräften, als er sah, wie sie sich alle zugleich auf ihn stürzten. Bis vor wenigen Augenblicken hatte Darius noch einen immensen Hass auf Skal gehabt, weil der die wehrlosen Robenträger hingemetzelt hatte. Doch sein Meister hatte ihm den Grund dafür noch erklären wollen und zu keinem Zeitpunkt wünschte Darius sich dessen Tod.

      »Pass doch auf!«, rief Therry von der Seite und riss die Gedanken ihres Gefährten urplötzlich wieder zurück zum Kampfgeschehen. Einer der albischen Krieger hatte soeben versucht, ihn hinterrücks zu erstechen und es gelang ihr gerade noch ihn daran zu hindern, indem sie ihrerseits die Klinge im Rücken des Schwarzäugigen versenkte. Der vermeintliche Tod ihrer Meisterin, den sie sich selbst gegenüber nach wie vor beharrlich leugnete, verlieh der jungen Frau ungeahnte Kräfte. Wenn auch nicht solche, wie Darius sie in der letzten Nacht gegen die Orks aufzubringen vermocht hatte. Sie war kurz davor ihn anzuschreien, weshalb er sie nicht einsetzte, doch in diesem Moment waren auch schon die nächsten Gegner heran.

      Einzig den örtlichen Gegebenheiten des engen Vorplatzes auf dem sie kämpften war es zu verdanken, dass sie überhaupt solange durchgehalten hatten. Die dicken Marmorsäulen, die das Vordach in gut zwölf Schritt Höhe trugen, behinderten ihre Angreifer, deren hohe Zahl auf diesem engen Raum beinahe schon von Nachteil war. Aber eben nur beinahe, denn jetzt hatte sich der Kreis um Darius und Therry endgültig geschlossen und ihre Feinde drangen nun von allen Seiten gleichzeitig auf sie ein.

      Therry konnte all die Klingen, welche auf sie gerichtet waren, schon gar nicht mehr zählen. Darius schielte indessen aus dem Augenwinkel heraus noch immer dahin, wo Skal zu Boden gegangen war, den er jetzt schon nicht mehr erkennen konnte. Dafür sah er aber dessen Peiniger, die unablässig auf ihn eintraten, bis schließlich einer von ihnen mit seinem langen Schwert ausholte, um ihm den Todesstoß zu versetzen.

      Doch in eben dem Moment als der Alb das Schwert in der höchsten Position über seinem Kopf hielt, verharrte er. Anstatt die Waffe hinabfahren zu lassen, war er es, der – die Klinge noch immer steil erhoben – zu Boden fiel. Ein langer, gefiederter Schaft ragte aus seinem Rücken. Im Gegensatz zu seinen Mitstreitern, die verwirrt auf ihren niedergehenden Gefährten blickten, sah Darius schlagartig in die Ferne. Sein Herz machte einen euphorischen Hüpfer, als er am Rande des Dickichts eine Gruppe erkannte, die im Laufschritt auf sie zugestürmt kam und während des Rennens vereinzelt weitere Pfeile verschoss.

      Zu verblüfft, um in Deckung zu gehen oder Therry zu warnen, blieb Darius wie angewurzelt stehen. Glücklicherweise traf ihn keines der Geschosse und als er sich umsah erkannte er, dass auch Therry unverletzt geblieben war. Damit gehörten sie allerdings zu den wenigen Glücklichen. Denn gut die Hälfte der Krieger auf dem terrassenähnlichen Vorplatz sank von der Pfeilsalve durchbohrt zu Boden. Die Überlebenden wandten sich nun geschlossen der neuen Bedrohung zu und damit ab von Skal, Darius und Therry.

      Letztere beiden sahen sich erstaunt an. Keuchend sagten sie wie aus einem Munde: »Weg hier!« Beide nickten sich zu und eilten zu Skal hinüber, der inzwischen vergebens versuchte, sich wieder aufzurichten.

      Mit wildem Gebrüll prallten die beiden Partein aufeinander. Metall schlug gegen Metall und das Schreien von Sterbenden durchpeitschte die Luft. Erst jetzt erkannte Darius, dass es sich bei ihren Rettern um die Orks von letzter Nacht handelte. Offenbar waren sie ihren Spuren durch den Wald gefolgt. Schwer war das angesichts der Tatsache, dass Therry und er sich zu Anfang mitten durchs Unterholz gekämpft hatten wohl kaum. Anschließend brauchten die Schuppenhäutigen, genau wie sie, nur dem Trampelpfad zum Tempel zu folgen.

      »Die gehen auf alles los, was sich bewegt, oder?«, schnaufte Darius und versuchte Skal am Arm in die Höhe zu ziehen.

      »Das sollten wir ausnutzen«, meinte Therry nicht weniger außer Atem und half ihm so gut sie konnte. Es fiel ihr schwer, den Blick von der brüllenden Meute zu lassen, die wie wilde Tiere, denen man Waffen in die Klauen gedrückt hatte, auf die nun zahlenmäßig unterlegenen Alben einschlugen und -hackten. Zwar ließ sich der eine Ork kaum vom anderen unterscheiden, aber sie war sich sicher, in dem Großen den Anführer zu erkennen, der letzte Nacht zum Rückzug geblasen hatte. Jetzt war er mit einer Verstärkung von fast dreißig Mann zurückgekehrt und wollte Rache.

      Mit unbändiger Kraft ließ der Riese seine Axt über den Kopf kreisen und spaltete einen der Alben bis zum Bauchnabel. Als er die Waffe wieder herauszog, sah er zu Therry herüber und für einen Moment trafen sich ihre Blicke. Eilig schob sie Skal, der wieder das Bewusstsein verloren hatte, auf die Schultern von Darius, damit sie so schnell wie möglich ins Dickicht fliehen konnten. Aber zu spät.

      Als sie wieder zurücksah, umspielte ein dämonisches Lächeln die Gesichtszüge des Orkführers, der sich mit fünf seiner Leute aus dem Schlachtgetümmel gelöst hatte und nun entschlossen auf die drei zu trat. Ein dunkelbrauner Lederharnisch panzerte seinen Oberkörper. Lässig ließ er den Griff seiner zweischneidigen Axt, deren Blatt so groß war wie ein Neugeborenes, zwischen den geschuppten Händen wippen, so als würde sie nichts wiegen.

      »Lauf mit Skal in den Wald, ich halte sie auf!«, befahl Therry eindringlich, während sie zu ihrem eigenen Schwert noch ein zweites vom Boden aufhob. Die albische Klinge war so erstaunlich leicht, dass sie sogleich ihre eigene Waffe zu Boden fallen ließ und sie durch eine weitere von einem der toten Gegner ersetzte. Grimmig stellte sich die Kriegerin, die noch ein halbes Mädchen war, den Orks entgegen und wirke dabei wie eine Karikatur. Allein ihr Anführer maß beinahe die doppelte Größe

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