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1. Gegenstand der Zeugenaussage

      Inhaltlich bezieht sich die Zeugenaussage stets auf innere oder äußere Wahrnehmungen durch Sehen, Hören, Fühlen, Lesen, Riechen, Schmecken etc. Da der Zeuge Wahrnehmungen bekunden soll, ist es gerade nicht seine Aufgabe, Rechtsfragen, Erfahrungsregeln, allgemeine Eindrücke, Schlussfolgerungen oder Vermutungen zu tätigen.18 Der Polizeibeamte als Zeuge sollte sich daher bei seiner Aussage auf seine Wahrnehmungen beschränken und eine Vermischung mit Schlussfolgerungen und Bewertungen vermeiden. Solche Schlussfolgerungen und Bewertungen werden nicht vom Zeugen, sondern vom Sachverständigen getroffen. Auch können reine Werturteile nicht Gegenstand des Zeugenbeweises sein.19 Über die Charaktereigenschaften eines anderen kann ein Zeuge daher nur aussagen, wenn er auch Tatsachen bekunden kann, die den Schluss auf diese Eigenschaften zulassen.20

      Auch der Zeuge vom Hörensagen fällt unter den Zeugenbegriff. Er berichtet über das, was Dritte ihm gegenüber geäußert haben, er also von diesen gehört hat, nicht aber, ob das Gehörte auch wahr ist.21 So ist der Polizeibeamte, der vor Gericht über die von ihm durchgeführte Beschuldigtenvernehmung berichtet, Zeuge vom Hörensagen. Die Aussage eines solchen „mittelbaren Zeugen“ ist zwar vor Gericht verwertbar, hat allerdings einen geringeren Beweiswert, da der Zeuge vom Hörensagen das Bekundete eben selbst nur vom unmittelbaren Zeugen bzw. vom Beschuldigten gehört hat.22

       Merke:

      Der Zeuge vom Hörensagen bekundet somit nicht eine zum gesetzlichen Tatbestand gehörende Tatsache, sondern ein Beweisanzeichen, das auf eine solche Tatsache hindeutet.23 Die Aussage eines Zeugen vom Hörensagen muss daher regelmäßig durch weitere Indizien abgesichert werden.24

      Der Begriff Beweisverbote umfasst Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbote.25 Erstere verbieten, sich Beweise über ein bestimmtes Thema mit gewissen Beweismitteln oder Beweismethoden zu verschaffen, beispielsweise den Einsatz verbotener Vernehmungsmethoden nach § 136a StPO. Beweiserhebungsverbote untersagen die Verwertung von Erkenntnissen, die man durch eine Beweiserhebung oder auf andere Weise erhalten hat. Dabei ist zu beachten, dass ein Beweiserhebungsverbot immer dann ein Beweisverwertungsverbot nach sich zieht, wenn eine entsprechende gesetzliche Verbotsregelung besteht. So hat eine Wohnraumüberwachung, die unzulässigerweise in den Kernbereich privater Lebensgestaltung eingreift, zur Folge, dass die dadurch gewonnenen Erkenntnisse nicht verwertbar sind (§ 100c V 3 StPO). Existiert ein gesetzliches Beweisverwertungsverbot nicht, folgt aus einem gesetzlichen Beweiserhebungsverbot, wie beispielsweise den Beschlagnahmeverboten nach § 97 StPO, keineswegs zwingend ein Beweisverwertungsverbot. Die Frage wird dann von der obergerichtlichen Rechtsprechung durch Auslegung im Sinne einer umfassenden Abwägung der widerstreitenden Interessen beantwortet (sog. Abwägungslehre).26 Andererseits muss einem Beweisverwertungsverbot nicht zwingend ein Beweiserhebungsverbot vorausgehen. So hat der BGH in einem Strafverfahren wegen Meineids die Verwertbarkeit des durch einen Dritten den Strafverfolgungsbehörden übersandten Tagebuchs der Angeklagten abgelehnt.27

       Merke:

      Aus dem beschriebenen Strengbeweisverfahren folgt, dass nur die zugelassenen Beweismittel, die in der zugelassenen Art und Weise eingesetzt wurden, die Grundlage der Entscheidung des Gerichts bilden. Insofern bedeuten die Beweisverbote eine Einschränkung der Wahrheitsfindung des Gerichts. Die Wahrheit soll zwar erforscht werden, aber nicht um jeden Preis.28

      Somit schränken die Beweiserhebungsverbote die Aufklärungspflicht des Gerichts ein, während die Beweisverwertungsverbote die Verarbeitung aller dem Gericht bekannten Informationen begrenzen. Der Richter darf daher sein vorhandenes Wissen nicht für die Entscheidungsfindung berücksichtigen, wenn dieses Wissen einem Beweisverwertungsverbot unterliegt. Im Extremfall kann das zu einem Freispruch führen, obwohl dem Richter die für eine Verurteilung notwendigen Tatsachen bekannt sind. Wurden beispielsweise bei einer aufgrund fehlender richterlicher Anordnung rechtswidrigen Wohnungsdurchsuchung Betäubungsmittel gefunden und liegen keine weiteren eine Verurteilung tragenden Beweise vor, muss der Angeklagte freigesprochen werden.29 Daher können Fehler in der polizeilichen Ermittlungsarbeit gravierende Folgen für den Ausgang des Hauptverfahrens haben.

       2. Kapitel Hauptverhandlung und Verfahrensbeteiligte

      Für den Polizeibeamten als Zeugen in der Hauptverhandlung ist es unerlässlich, die Stellung und Aufgaben des Gerichts und der Verfahrensbeteiligten sowie die Grundsätze und den Ablauf der Hauptverhandlung in wesentlichen Grundzügen zu kennen. Dies ermöglicht dem Polizeibeamten, das Agieren der wichtigsten Verfahrensbeteiligten zu verstehen, seine eigene Rolle als Zeuge in der Hauptverhandlung besser einordnen und in der Folge sicherer auftreten zu können. Letztlich trägt dies auch dazu bei, durch bessere Rechtskenntnisse mögliche Vorbehalte gegenüber der Justiz nach dem Motto „Die Polizei fängt die Täter, die Justiz lässt sie laufen“30 abzubauen.

      Als Träger des Verfahrens nimmt das Gericht gegenüber den anderen am Verfahren Beteiligten eine Sonderstellung ein. Während Verteidiger, Nebenkläger und in der Praxis zumeist auch der Staatsanwalt für bzw. gegen den Beschuldigten Stellung beziehen, tritt der Richter demgegenüber als „Nichtbeteiligter“ auf.31 Das Gericht, dessen Richter gem. Art. 97 I GG unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen sind, agiert als Träger des Verfahrens insoweit „unbeteiligt“ und gewährt den Verfahrensbeteiligten rechtliches Gehör (§ 33 StPO).32

      Es ist Aufgabe des Gerichts, von Amts wegen die Wahrheit zu erforschen, d. h. den Sachverhalt umfassend aufzuklären und alle dafür notwendigen Beweise zu erheben. Ziel des Strafverfahrens ist, herauszufinden, wie es wirklich gewesen ist (sog. materielle Wahrheit). Im Unterschied hierzu gelten beispielsweise im Zivilprozess alle von den Parteien (Kläger und Beklagter) als unstreitig behandelten oder zugestandenen Tatsachen als wahr (§ 138 III ZPO; sog. formelle Wahrheit). Hingegen muss die strafrechtliche Verurteilung in einem rechtsstaatlichen Strafverfahren auf materiell wahrer Tatsachenfeststellung beruhen. Es gilt, die Tatsachen, die verfahrensrechtlich oder für die Schuldfrage sowie die Rechtsfolgenentscheidung erheblich sind, festzustellen. Das Gericht versucht insofern ein zeitlich zurückliegendes Geschehen mit Hilfe der zugelassenen Beweismittel zu rekonstruieren. Ob dies gelingt, hängt von der Qualität der Beweismittel ab.

       Merke:

      Da das Gericht, wie erläutert, an bestimmte Beweismittel gebunden ist, stellt dies stets nur einen Versuch dar, der Wahrheit möglichst nahezukommen. Insoweit ist sein Urteil auch nur „ein Wurf nach der Gerechtigkeit“.33

      Insbesondere im Hinblick auf das später zu erörternde Verteidigerverhalten in der Hauptverhandlung sind einige kurze Ausführungen zur Besetzung und sachlichen Zuständigkeit der Strafgerichte sowie zum Instanzenzug in Strafsachen erforderlich. Zu beachten ist dabei auch das Prinzip des gesetzlichen Richters.

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