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2018). Manchmal werden die beiden Verneinungsbuchstaben der Deutlichkeit halber in Klammern gesetzt: Welt(un) ordnung; gelegentlich liest man auch Welt(UN)ordnung, womit zugleich auch die Enttäuschung über die geringen politischen Ordnungskapazitäten der Vereinten Nationen ausgedrückt wird.

      Diese Enttäuschung hat ihren Ursprung in der weltpolitischen Entwicklung nach dem Ende des Ost-West-Konflikts, der im Rückblick als eine zwar gespaltene und hochgefährdete Weltordnung mit allerdings durchgängigen Vorteilen für die USA und ihren westlichen Verbündeten (»der Westen«) erscheint. Der Zusammenbruch des von der UdSSR geführten »sozialistischen Lagers« (1989/1990) und schließlich der UdSSR selbst (Ende 1991) schienen den Weg frei zu machen für eine einheitliche, überall auf denselben politischen und ökonomischen Grundsätzen beruhenden Weltordnung.

      Zwei Visionen boten sich dafür an:

      1.Die auf multinationaler Kooperation beruhende Aufwertung und Stärkung der Vereinten Nationen sowie regionaler kollektiver Sicherheitsorganisationen (zum Beispiel der KSZE/OSZE).

      2.Die wohlwollende Vorherrschaft der USA als der, wie es hieß, einzig verbliebenen Supermacht.

      Auch die Vorstellungen einer weltumfassenden internationalen Kooperation und vom Multilateralismus basieren letztlich auf dem amerikanisch-europäischen Ordnungsmodell für die Welt. In den meisten westlichen Ländern herrschte die Meinung vor, dass die Werte und Grundkonzepte dieses Ordnungsmodells in der einen oder anderen Variante universelle Gültigkeit erlangen würden. Nur isolierte Außenseiter-Staaten, Rogue States in der Sprache von Präsident von George W. Bush (Amtszeit 2001–2009), oder kriminelle Warlords würden sich dem in den Weg stellen. Wer das wagte, würde von der geballten Macht der »internationalen Staatengemeinschaft« zur Raison gebracht. Begleiterscheinung solcher überoptimistischen und kurzsichtigen Hoffnungen war die Bereitschaft vieler westlicher Staaten, ihre Rüstungsausgaben merklich zurückzufahren und den Umfang ihrer Streitkräfte deutlich zu verringern (»Friedensdividende«).

      Tatsächlich vermochte sich jedoch keine der beiden Versionen einer Weltordnung unter maßgeblichem Einfluss westlicher Ideen und Wertvorstellungen durchzusetzen.

      Schon gar nicht die kooperativ-harmonische UNO-Version, denn schnell stellte sich heraus, dass die weit überwiegende Mehrheit ihrer Mitglieder ihre unterschiedlichen und oft gegenläufigen Interessen eben nicht friedlich-schiedlich abgleichen wollten. Sie betrachteten die Vereinten Nationen lediglich dann als nützlich, wenn von ihr Unterstützung für die eigenen Interessen zu erwarten war. Außerdem sträubten sich die fünf Veto-Mächte im entscheidenden UNO-Gremium, ihrem Sicherheitsrat, gegen dessen Reform, mit der die Repräsentanz anderer regionaler Mächte und Kontinente hätte erhöht werden können. Folglich achteten sie eifersüchtig darauf, dass ihre jeweiligen außenpolitischen Einflussmöglichkeiten nicht durch irgendwelche Gremienbeschlüsse angekratzt wurden. So blieben die Vereinten Nationen auch weiterhin hauptsächlich ein Forum für die Selbstdarstellung der Staaten, der Organisationsrahmen von »Weltkonferenzen« mit schön klingenden Proklamationen und Resolutionen an ihrem Ende und zuständig für die Koordination von Löscharbeiten (»Friedensmissionen«) dort, wo lokale und regionale Konflikte zu eskalieren drohten und keine Großmacht Einwände gegen ein Eingreifen zwecks Deeskalation dieser Konflikte vorbrachte.

      Auch die amerikanische Vision einer neuen Weltordnung, zunächst noch mit Verve von Präsident George Bush (Amtszeit 1989–1993) antizipiert, hat sich bald in Luft aufgelöst. Der »Krieg gegen den internationalen Terrorismus«, der in Washington nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ausgerufen wurde, zeitigte zwar fast überall in der Welt (außer in einigen arabischen Ländern) große Zustimmung. Die NATO rief sogar zum ersten Mal in ihrer Geschichte den Bündnisfall aus. Der deutsche Bundeskanzler versicherte den USA seiner »uneingeschränkten Solidarität«. Überraschenderweise nahmen auch viele solcher Regierungen den Terminus vom Krieg gegen den Terrorismus auf, denen man ansonsten nicht gerade eine tiefe Verbundenheit mit den USA oder dem Westen nachsagen konnte. Sie hatten ihre Gründe.

      Denn recht bald stellte sich heraus, dass die uneingeschränkte Solidarität nur eine rhetorische Formel war und dass viele Länder ihre eigenen, in der Hauptsache innenpolitisch geprägten Vorstellungen darüber hatten, wer alles als Terrorist zu gelten hatte und wie man gegen sie vorgehen sollte. So war für die Regierung in Peking klar, dass die im Westen Chinas lebenden muslimischen Uiguren als Terroristen zu bekämpfen seien; in der Türkei wurden politische Organisationen der Kurden, auch wenn sie sich von Terror-Methoden distanzierten, als Terroristen stigmatisiert usw. Mit der Terrorismuskeule wurden Gerechte und Ungerechte geschlagen. Wieder einmal traf der alte Spruch zu: »Was dem einen ein Terrorist ist, ist dem anderen ein Freiheitskämpfer.«

       Die BRICS-Welt

      Die ersten beiden Jahrzehnte des 21. Jahrhunderts brachten keine Klarheit darüber, wann, wie und ob sich überhaupt eine stabile oder wenigstens einigermaßen stabile Ordnung des internationalen Systems herauskristallisieren wird. Die Globalisierung jedenfalls sorgt dafür, dass lokale, regionale und sektorale Probleme und Fehlentwicklungen ihre Krisenwellen rasch in alle Welt weit ausbreiten können. Typische Beispiele dafür sind etwa die von amerikanischen Geldhäusern ausgehende Finanzkrise 2008 und die vom Bürgerkrieg in Syrien ausgelöste Flüchtlingswelle 2015. In beiden Fällen taten sich die europäischen Staaten schwer damit, die Folgen dieser Krisen einzudämmen und zu mildern. Von lösen wollen wir gar nicht erst sprechen. Ganz zu schweigen von der durch das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelösten Pandemie, die uns seit Dezember 2019 in Atem hält.

      Die Symptome der gegenwärtigen Unübersichtlichkeit internationaler Politik und ihrer Klimaverschlechterung sind vielfältig; häufig genug verstärken sie sich gegenseitig. In sehr vielen Staaten ist das Regierungspersonal den Aufgaben nicht gewachsen, übermäßig korrupt und mithin ein Hauptproduzent sich ausbreitender Armut und Proteste. Damit erhöht sich die innergesellschaftliche Gewaltbereitschaft. Zwar haben die Regierungen, weil sie über mehr oder weniger gut organisierte und bewaffnete Sicherheitskräfte (Polizei und Streitkräfte) verfügen, hier einen Vorteil. In der Konfrontation mit liberal orientierten und auf Demokratisierungen drängenden oppositionellen Gruppen bleiben sie oft genug Sieger, wie beispielhaft die Bilanz des »Arabischen Frühlings« 2011 zeigt.

      Der sich zu Beginn des neuen Jahrhunderts ankündigende Aufstieg einer Reihe von Staaten zu Weltmächten verlief auch anders als gedacht: Die sogenannten BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) bildeten 2006 eine lose organisierte Gruppe, die auch heute noch besteht. Aber viel Gemeinsamkeiten zwischen ihnen gibt es nicht, ausgenommen die Zurückweisung einer von ihnen befürchteten amerikanisch-europäischen Wirtschaftshegemonie. Das reicht aber nicht aus, um als konstruktiver Beitrag zur Stabilisierung der Weltordnung gelten zu können. Den kündigten sie anfangs zwar an, aber dabei ist es dann auch geblieben.

      Der brasilianische Präsident Bolsonaro ist zu einem Fan des Politikstils von Donald Trump geworden, beschädigt die ohnehin schwachen Ansätze innergesellschaftlicher Demokratie und billigt oder fördert sogar die Vernichtung des Regenwalds am Amazonas.

      Der russische Präsident Putin verfolgt mit seiner Besetzung der ukrainischen Krim, dem nicht erklärten Hybrid-Krieg gegen die Ukraine, dem militärischen Eingreifen in Syrien sowie der nicht ungeschickt in Szene gesetzten Einmischung in innenpolitische Streitigkeiten der USA und europäischer Staaten das langfristige strategische Ziel, Russland wieder auf eine Machtbasis zu stellen, wie sie die UdSSR zwischen 1945 und 1989 innehatte. Die einst sozialistisch-kommunistische Ideologie wird dabei durch kaltschnäuzige Realpolitik ersetzt. Was schon einmal beschönigend als »gelenkte Demokratie« bezeichnet wurde, ist in Wahrheit eine Fake Democracy.

      Indien, früher einmal als die »größte Demokratie der Welt« gefeiert, hat unter der Führung von Premierminister Modi und seiner hindu-nationalistischen Partei den Dauerkonflikt mit Pakistan um die Kaschmir-Region neu angeheizt. Die besondere Brisanz dieses mit religiösem Fanatismus auf beiden Seiten aufgeladenen Konflikts – er reicht weit in die Vergangenheit zurück – liegt nicht zuletzt darin, dass Indien und Pakistan über eigene Nuklearwaffen verfügen.

      China,

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