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Dieser immer wieder kritisierte ›Verstoß‹ gegen die aus der aristotelischen Physik gezogenen Forderungen, der zwar auf eine gute Übereinstimmung von Theorie und beobachteten Örtern führte, aber physikalisch als Rotationsbewegung undenkbar gewesen ist, war es übrigens, der Copernicus später veranlasste, eine Verbesserung der ihm vorliegenden Theorien mit Ausgleichsbewegung durch strikte Befolgung der (aristotelischen) physikalischen Grundsätze vorzunehmen. – Die weiteren Bücher handeln über Ursachen und Berechnungen von Sonnen- und Mondfinsternissen sowie von den Fixsternen, deren nach Sternbildern geordneten Katalog mit genauen Örtern Ptolemaios gegenüber Hip­parchos um 200 erweitern konnte. Er wurde immerhin bis hin zu Tycho Brahe – nur wegen der Präzession jeweils auf die neue Zeit reduziert – unverändert übernommen. Neue systematische Fixsternbeobachtungen beginnen erst wieder im ausgehenden 17. Jahrhundert.

      Das ptolemaiische, geozentrische Planetensystem dagegen, das im ›Almagest‹ für jeden Planeten gesondert mathematisch entwickelt wurde (so dass sich daraus kein zusammenhängendes ›System‹ ergab), fand zwar mit seiner Anordnung der Planeten und mit seinen mathematischen Elementen ebenso lange Anerkennung, nur hatte sich ergeben, dass die Perioden der sich der mittleren Bewegung überlagernden anomalistischen (Kreis-)Bewegungen einer Revision unterzogen werden mussten, damit die danach berechneten Tafeln zu den beobachteten Werten führten: Die Theorien für die einzelnen Planeten wurden durch neue Perioden modifiziert, das System nicht; und die auf Eudoxos von Knidos zurückgehende Art, ungleichförmige Bewegungen auf gleichförmige Bewegungen auf rotierenden Sphären (die im reduktionistischen mathematischen Modell wie im ›Almagest‹ als Kreise gedacht wurden) zurückzuführen, hat sich sogar so lange gehalten, bis das System Johannes Keplers mit den drei Bewegungsgesetzen sich seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert allmählich durchsetzte.

      Ein ›physikalisches‹ System neben der mathematischen Theorie hatte auch Ptolemaios in seiner Schrift ›Hypotheses planetarum‹ aufzustellen versucht, indem er im Anschluss an Theon von Smyrna nach aristotelischem Muster die imaginären Kreise des ›Almagest‹ zu massiven Äthersphären ergänzte, zu Kugelschalen mit teils nicht-konzentrischen Begrenzungsflächen, und die Epizykel als Vollkugeln durch eine freigelassene Röhre in diesen Sphären rollen ließ. Durch das konzentrische Aneinanderreihen der Sphärensysteme aller Planeten (einschließlich Sonne und Mond), deren zum Durchmesser relative Dicke sich aus den Größen von Epizykel und Deferent ergab, gewann Ptolemaios so die Möglichkeit, auch absolute Entfernungen zu berechnen, wie sie im Falle des Mondes aufgrund von Parallaxenbestimmungen und für die Sonne daraufhin aus den Finsternissen seit Aristarchos von Samos bekannt waren. Für die das Universum abschließende Fixsternkugel errechnete er so einen Durchmesser von knapp 20 000 Erddurchmesser, einen Wert, der mit geringfügigen Modifizierungen bei den Anhängern eines geozentrischen Weltbildes ebenfalls bis ins 17. Jahrhundert hinein anerkannt war. – Tycho Brahe erhielt nach derselben Methode für sein geo-heliozentrisches System einen Wert von 14 000 Erddurchmessern, während nach Copernicus eine große Lücke zwischen der Saturn- und der unermesslich weit entfernten Fixsternsphäre klaffte (was lange Zeit einen der Gründe für die Nicht-Anerkennung seines heliozentrischen Systems bildete). Die Präzession, deren zu kleinen Wert von 1° in 100 Jahren Ptolemaios unverändert von Hipparchos übernommen hatte, wurde dann erst seit Thabit Ibn Kurra und seiner Zeit in einem solchen ›physikalischen‹ System berücksichtigt. Es wurde im lateinischen Mittelalter und dann bis ins 17. Jahrhundert parallel zu dem reduktionistischen, rein mathematischen Berechnungsmodell tradiert und benutzt; erst Copernicus’ Ziel war es dann, beide Betrachtungsweisen zu einer Einheit zusammenzufassen.

      Von ähnlich großem Einfluss wie das ›Almagestum‹ waren die ›Tetrabiblos‹ (›Viererbuch‹) des Ptolemaios, das erste astrologische Handbuch, in dem die Inhalte orientalischer Gestirnsreligionen auf griechische Naturphilosophie gegründet und die Einflussnahme der (Gestirns-)Götter auf das irdische Geschehen systematisch zusammengefasst wird, seine astronomisch-geographischen Tafeln, in denen die Werte des ›Almagestum‹ bereits revidiert wurden, und seine ›Geographie‹, die nach dem Vorbild des Hipparchos im wesentlichen nur die mathematische Geographie umfasst und eine Sammlung von nach Landschaften und ›Klimata‹ zwischen zwei Parallelkreisen geordneten Örtern mit ihrer geographischen Breite und Länge darstellt, die noch zu Beginn der Neuzeit die Grundlage für alle Weltkarten bildete. Die ›Harmonik‹ des Ptolemaios ist ebenfalls ein Handbuch über die ihm vorliegenden mathematischen Musiktheorien seit den älteren Pythagoreern – sie übte noch starken Einfluss auf Johannes Keplers Vorstellungen von der ›Weltharmonik‹ aus. In seiner ›Optik‹ wird zwar die Reflexion im Anschluss an Eukleides und Heron von Alexandria wieder zusammenfassend behandelt, doch erfährt die Brechung der Lichtstrahlen beim Eintritt in ein anderes Medium (Luft – Wasser, Luft – Glas, Wasser – Glas) eine vollkommen selbständige Behandlung aufgrund eigener Messreihen. Einfalls- und Brechungswinkel wurden von ihm erstmals mittels einer graduierten Scheibe in der Art der aus der Astronomie bekannten Astrolabien gemessen. Für Einfallswinkel zwischen 10° und 80° kam Ptolemaios so zu recht annehmbaren Ergebnissen, wenn er auch noch weit von der Entdeckung des Brechungsgesetzes durch Willebrord Snel­lius (1620/21) entfernt war, für dessen Entdeckbarkeit aber selbst Keplers Korrekturen noch zu ungenau gewesen waren.

      Galenos

      (* 129 [oder 130] Pergamon, † ca. 216 Rom [?])

      Der griechische Arzt Galenos aus Pergamon, der sich als Sohn eines Mathematikers und Architekten seit früher Jugend für Mathematik und (Natur-)Philosophie interessierte und ab dem Jahre 145 in Alexandria, Smyrna und Korinth Medizin studierte, begann seine Karriere mit etwa 25 Jahren als Gladiatorenarzt, anfangs in seiner Geburtsstadt Pergamon, ab etwa 162 in Rom, das er allerdings im Jahre 166 nach dem Ausbruch einer Pest­epidemie fluchtartig verließ. Nach der Rückkehr in seine Heimatstadt wurde er jedoch von Kaiser Mark Aurel erneut, dieses Mal als kaiserlicher Leibarzt, nach Rom berufen. Hauptsächlich in die folgenden Jahre in der Metropole der antiken Welt fällt seine ungewöhnlich reiche schriftstellerische Tätigkeit vor allem zu philosophischen und medizinischen Themen, wobei er sich ausschließlich des Griechischen, der damaligen Sprache der Gebildeten und der Wissenschaften im Römischen Reich, bediente. Im Hinblick auf diese fruchtbare Zeit in Rom wurde ihm in der Renaissance fälschlich der römische Gentilname Claudius (griechisch Klaudios) zugelegt. Im Jahre 192 kehrte Galenos schließlich endgültig nach Pergamon zurück.

      Galenos ging es offenbar von Anfang an um die naturphilosophischen Grundlagen der Medizin, so dass er neben den Schriften des Begründers wissenschaftlicher Medizin Hippokrates von Kos und der medizinischen Schulen des Hellenismus die Philosophie von Platon, Aristoteles und den Stoikern studierte. Als eklektischer Dogmatiker vereinigte er dann naturphilosophische Ansätze der verschiedenen Schulen mit dem Wissen der gesamten antiken Heilkunde zum einheitlichen medizinischen System der ›Humoralpathologie‹, das über das gesamte arabische und lateinische Mittelalter hinweg noch bis tief in die Neuzeit höchste Autorität genoss und mit der Grundidee selbst das 19. Jahrhundert noch beeindruckte (und in jüngster Zeit sogar innerhalb populistischer Medizinrichtungen wieder aufersteht). Als Arzt war er in erster Linie Hippokratiker, dem der individuelle Befund wichtiger war als alle Theorie und der sich gegen eine starre Anwendung jeglicher Theorie aussprach; in der Anatomie und Physiologie war er dagegen Aristoteliker und ordnete seine zahlreichen durch eigene Beobachtungen und sogar Experimente (am Tier) gewonnenen Erkenntnisse strikt dem aristotelisch-stoischen Prinzip der Teleologie unter, so dass seine Darlegungen trotz empirischer Basis oft spekulativen Charakter erhielten. Dennoch hat er auf vielen Gebieten der Medizin auch große Fortschritte erzielt. Hierzu zählen unter anderem seine Myologie, in der erstmals die einzelnen Muskeln genauestens beschrieben werden, und seine Beiträge zur Zeugungslehre, darunter die Erkenntnis, dass die Hoden die Bildungsstätte des Samens sind. Auch unterschied er bei der Eunuchiebestimmung erstmals zwischen primären und sekundären Geschlechtsmerkmalen und konstatierte einen Kausalzusammenhanges zwischen Samen und Geschlechtsentwicklung. Seine anatomischen Kenntnisse des Menschen blieben dagegen eigentlich auf das Skelett beschränkt, weil er seine Beobachtungen über Organe und Körper durch Tiersektionen, besonders von Affen, gewann und einfach auf den Menschen übertrug – was man allerdings erst in der Renaissance bei Sektionen bemerkte, zu deren Erklärungen die Angaben von Galenos herangezogen wurden. Galenos verfasste neben Abhandlungen über Diagnostik, Therapeutik und Hygiene,

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