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Die wichtigsten Naturwissenschaftler im Porträt. Fritz Krafft
Читать онлайн.Название Die wichtigsten Naturwissenschaftler im Porträt
Год выпуска 0
isbn 9783843802208
Автор произведения Fritz Krafft
Серия marixwissen
Издательство Bookwire
Unter dem Einfluss dieser Ontologie musste die Veränderlichkeit der wahrnehmbaren natürlichen Welt relativiert werden, um ihr ›Sein‹ im Sinne von ›Existenz‹ zu wahren, und dazu bedurfte es einer Vervielfältigung dieses parmenideischen Seienden, um die Veränderlichkeit dieser Welt im Sinne des Parmedides als scheinbar erklären zu können: Es gebe keine Veränderung, kein Entstehen oder Vergehen; was so erscheint, sei bloße Mischung und Trennung von unveränderlichem Seienden in Form von notwendig gleichartigen Partikeln.
Empedokles legte vier unveränderliche ›Wurzelkräfte‹, die späteren Elemente Erde, Wasser, Luft und Feuer, als materielles Sein zugrunde, ergänzt durch die verbindende ›Liebe‹ und den trennenden ›Streit‹ als bewegende Kräfte. Diese ließen aus der ursprünglich gleichmäßigen Verteilung der Elemente innerhalb des ›Sphairos‹ (wie bei Parmenides) den Kosmos entstehen und bewirkten an den Grenzen zwischen Erdscheibe und Luft/Feuer-Reich ein ständiges vermeintliches ›Entstehen‹ und ›Vergehen‹. Die einzelnen Partikel mischten sich mechanisch, wenn sie in ihren äußeren Formen zu- und ineinander passten, doch weitgehend zufällig und ohne Plan. Eine Teleologie fehlt noch gänzlich: In der stufenweisen Entwicklung der Lebewesen seien vielmehr die anfänglichen, zufällig zusammengekommenen Miss- und Mischgestalten im Kampf ums Dasein den tauglicheren Formen der Lebewesen mit zueinander passenden Organen unterlegen gewesen.
Diese erste Elementenlehre, die auf die Folgezeit besonders mit ihrer Vierzahl unterschiedlicher Partikel starken Einfluss ausübte, ist verbunden mit einer umfassenden naturphilosophischen Theorie, der Porenlehre, mit deren Hilfe es Empedokles gelang, zahlreiche Erscheinungen und Wirkungen einheitlich zu erklären: Alle Partikel besäßen Poren, die ineinander passten oder nicht, die Gänge offen ließen (Durchsichtigkeit) usw. Die fünf Wahrnehmungsarten konnten so erstmals auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden: Wie beim Tasten und Schmecken müsste auch für die anderen Sinne ein Kontakt zwischen Wahrgenommenem und den Sinnen stattfinden. Er denkt dabei an feine Ausflüsse der wahrgenommenen Dinge, die genau in die Poren der entsprechenden Sinnesorgane passen. Treffe Passendes aufeinander, so werde wahrgenommen. Das Blut bilde die harmonischste Mischung und reflektiere die Wahrnehmungen als Denkorgan.
Anaxagoras erklärt die Veränderlichkeit der Natur mit der Annahme, dass alle Dinge und Stoffe bereits in allem vorhanden seien, so dass nichts neu ›entstehe‹: Wachse ein Lebewesen nach Aufnahme von Nahrung, bildeten sich also aus dieser organische Stoffe wie Fleisch und Knochen, so müssten solche Knochen- und Fleischteilchen, da Veränderungen nicht möglich wären, bereits in der Nahrung enthalten gewesen sein. Auch diese Idee wird konsequent zu Ende gedacht: Alle Stoffe seien in unendlich kleinen gleichartigen Teilchen von unendlicher Anzahl, die Aristoteles später ›Homoiomerien‹ nannte, in jedem noch so kleinen Stückchen Materie enthalten. Welche Teilchenart überwiege, als das erscheine uns ein Ding oder Stoff. Entstehen und Vergehen werden als Zusammen- und Auseinandertreten vorwiegend gleichartiger Teilchen gedeutet. Ursprünglich seien sämtliche Teilchen, zu einer notwendig qualitätslosen Masse gemischt, gleichmäßig verteilt gewesen. Von dem neben dem Stoff bestehenden ›Geist‹ in Bewegung gesetzt, sei es allmählich zu einer Scheidung gekommen. Verwandtes strebte zueinander und vergrößerte, selbst bewegt, den allgemeinen Wirbel, in dessen Mitte sich schließlich die flache Erdscheibe aussonderte, wie ein Deckel von der Luft getragen. Der Wirbel der feurig-ätherischen Luft habe der festen Erde dann Felsmassen entrissen, emporgetragen und teilweise zum Glühen gebracht. Dies seien die leuchtenden Gestirne, während andere, dunkle Massen in den unteren Himmelsregionen herumwirbelten, uns mit Ausnahme des Mondes, der das Sonnenlicht reflektiere, unsichtbar – Anaxagoras erkannte erstmals die Bedeutung der Stellung des Mondes zur Sonne für die Phasenbildung und deutete die Helligkeitsunterschiede als Berge und Täler auf dem bewohnten Mond; auch das Entstehen von Sonnen- und Mondfinsternissen erklärte er richtig. Das Entstehen einer Leere sei gar nicht möglich, weil Winde als Wärme und Volumen ausgleichende Luftströmungen fungierten, und dass die Sonnenwärme die Luft ständig in Bewegung halte, zeigten ja die sogenannten Sonnenstäubchen. Sie habe auch die Feuchtigkeit der Erde auf die jetzigen Meere reduziert, und die Intensität ihrer Rückstrahlung von der Erde bewirke die verschiedenen Wolkenhöhen: Der Niederschlag besonders hoher Wolken, die aufgrund starker Rückstrahlung in kalte Regionen gehoben würden, gefriere dort zu Hagel. Den Regenbogen erklärte er als Reflex des Sonnenlichtes an einer Wolke, und die Nilschwelle führte er auf sommerliche Schneeschmelzen im Quellgebiet zurück. Das erste Leben auf der Erde sei aus in der Luft enthaltenen Keimen entstanden. Nachdem die Erde belebt worden sei, habe der ganze Kosmos sich nach Süden geneigt, so dass der Himmelsäquator jetzt schräg zum Horizont stehe.
Noch stärkeren Einfluss als dieses uns heute als eigenartige Mischung von richtigen Ahnungen und falschen Vorstellungen erscheinende physikalische Weltbild übte der erstmals streng durchgeführte Dualismus von Geist und Stoff auf die großen attischen Philosophen Platon und Aristoteles und damit auf die Folgezeit aus: Die Materie sei selbst unbewegt, der unabhängig neben ihr bestehende Geist der Welt (und der Lebewesen) verursache erst die Bewegung und das daraus resultierende Entstehen und Vergehen. Hiermit war die spätere Antinomie Kraft–Stoff vorbereitet, und Platon und Aristoteles warfen Anaxagoras nur vor, nicht die von ihnen gezogenen Konsequenzen aus diesem weltbewegenden Geist gezogen zu haben, insofern er ihm nur den ersten Anstoß zur Bewegung ausführen ließ, um das natürliche Geschehen dann ›mechanisch‹ ablaufen zu lassen.
Atomisten
Leukippos
(* um 480 v. Chr. Milet, † um 420),
Demokritos
(* um 460 v.Chr. Abdera, † um 370)
Epikuros
(* 10. Gamelion 341 v. Chr. Samos, † 270 Athen)
Auch Leukippos hatte aus politischen Gründen seine kleinasiatische Heimat verlassen und war in den Westen gezogen. In Elea war er dann Schüler Zenons, des Nachfolgers von Parmenides, und hatte hier nach den heimischen Eindrücken milesischer Naturauffassung Einblicke in die ihr widersprechende eleatische Ontologie erhalten. Anders als Anaxagoras und Empedokles versuchte er, diesen Widerspruch durch seine Idee einer Atomistik zu überbrücken. Nach 450 begab er sich in das thrakische Abdera und gründete dort eine eigene Schule. Sein bedeutendster Schüler wurde hier Demokritos, der in einer Fülle nicht mehr erhaltener Schriften die Atomistik auf alle damaligen Gebiete der Wissenschaft ausdehnte und damit trotz der Ablehnung durch die von Platon und Aristoteles geprägte spätere Naturwissenschaft starken Einfluss auf deren Denken ausübte. Die Einwände, die besonders Aristoteles gegen die Atomistik vorbrachte, versuchte dann Epikuros, der 327 bis 324 in Teos demokritische Philosophie und anschließend während seiner Militärzeit in Athen bei Aristoteles studiert hatte, mit seiner Modifizierung zu entkräften. Seine ab 321 in Kolophon entwickelte Philosophie lehrte er in Mytilene und Lampsakos, bevor er in Athen im Jahre 307/06 auf einem großen Gartengrundstück eine eigene Schule gründete – die dritte nach der Akademie Platons und dem Peripatos Aristoteles’, der um 300 als vierte länger bestehende Schulgründung hier die der Stoa folgen sollte. – Es hängt sicherlich mit der scharfen Ablehnung durch die einflussreichsten griechischen, später auch christlichen Philosophen zusammen, dass