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und von Liebe; [so weit, so gut]

      Doch höhnet nicht die Gottheit,

      Auch nicht der Gottheit Diener,

      Auch nicht der Gottheit Tempel.

      Verdienet, selbst im Scherzen,

      Den Namen echter Weisen.

      Gleim erfüllte das Programm mit stets neuer »Einladung zum Tanz«:

      Kein tödliches Sorgen

      Beklemmet die Brust!

      Mit jeglichem Morgen

      Erwach ich zur Lust.

      Hier unter den Reben,

      Die Bacchus gepflanzt,

      Mir Schatten zu geben,

      Sei heute getanzt!

      Freund Uz stimmt ein:

      Seht den holden Frühling blühn!

      Soll er ungenossen fliehn?

      Fühlt ihr keine Frühlingstriebe?

      Freunde, weg mit Ernst und Leid!

      In der frohen Blumenzeit

      Herrsche Bacchus und die Liebe.

      Und so geschah es denn auch – zumindest dem Wort nach in dieser harmlosen, aber langlebigen Modelyrik, die im Biedermeier noch einmal wiederkehren sollte.

      Der bekannteste und beliebteste Dichter um die Mitte des 18. Jahrhunderts war CHRISTIAN FÜRCHTEGOTT GELLERT (1715–1769). Gellert, der nach einer wissenschaftlichen Abhandlung über die Theorie der Fabel9 in Leipzig Professor der Poesie, Eloquenz und Moral wurde, bewies mit seinen Fabeln und Erzählungen (1746 und 1748), dass er die von Äsop (6. Jh. v. Chr.) und La Fontaine (1621 bis 1695) zu uns gekommene Gattung auch praktisch im Griff hatte. Seine 143 Versfabeln erzählen in paarweise gereimten Jamben kleine Begebenheiten, die häufig in einer Nutzanwendung münden. Diese Moral klingt bei Gellert nie gebieterisch, sondern ist immer als eingängige Empfehlung formuliert, so wie Kritik und Spott bei ihm nie verletzen. Die Form der Fabel entsprach dem aufklärerischen Bedürfnis nach unterhaltender Belehrung; der bis in heutige Lesebücher reichende Ruhm Gellerts gründet aber vor allem auf jener Liebenswürdigkeit und dem in Deutschland seltenen Geschick, große Kunstfertigkeit mit volkstümlicher Schlichtheit zu verbinden.

      Auf dem Hintergrund der erbaulichen, empfindsamen, verspielten oder moralisch-vernünftelnden Poesie der Zeit wirkte Klopstocks Lyrik wie eine Offenbarung. FRIEDRICH GOTTLIEB KLOPSTOCK (1724–1803) fühlte sich wie Johann Christian Günther (vgl. Kap. 3c) zur Dichtung berufen. Doch wusste er anders als Günther dieser Berufung unbedingte Geltung zu verschaffen. Bereits als Schüler fasste Klopstock den Plan zu einem Epos, das ihm die Unsterblichkeit eines Homer oder Milton verleihen sollte; und tatsächlich machten die ersten beiden Gesänge des Messias (1748–73) den kaum dreißigjährigen Klopstock über Deutschlands Grenzen hinaus berühmt und sicherten ihm die Lebensgrundlage als erstem deutschen Berufsdichter. Klopstock, der sich ganz als priesterlichen »Sänger des Herrn« verstand und daraus ein bisher nie gekanntes Selbstbewusstsein der Dichterwürde ableitete, verdankt seine bahnbrechende Wirkung allerdings weniger dem Messias als den frühen Oden und Elegien. In diesen seit 1748 erschienenen und 1771 gesammelten Gedichten fallen nicht nur zum erstenmal seit Günther wieder geistiges Erleben und Dichten zusammen, vielmehr entdeckt Klopstock hier die Lyrik als eine rhythmische Bewegung, die sich von allen vorgegebenen Regeln zu befreien vermag. Über Hexameter und Ode10 findet er, zuerst 1754 in dem Gedicht »Die Genesung«, den Weg zu den freien Rhythmen, die, reimlos und unabhängig von festen Metren und Strophenformen, unmittelbar dem Gefühl folgen.

      c) Poetik und Drama

      Der erste Literaturtheoretiker der Aufklärungszeit war der Leipziger Professor für Philosophie und Dichtkunst JOHANN CHRISTOPH GOTTSCHED (1700–1766). Er schrieb 1730 den Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen, »Darinnen erstlich die allgemeinen Regeln der Poesie, hernach alle besondere Gattungen der Gedichte, abgehandelt und mit Exempeln erläutert werden: Überall aber gezeiget wird Daß das innere Wesen der Poesie in einer Nachahmung der Natur bestehe«.

      Als Aufklärer wendet sich Gottsched gegen die wildwuchernde Phantasie und den aufgeblasenen Stil der spätbarocken Opern und der volkstümlichen Stegreifspiele. Er möchte in hochsprachlichen Alexandrinern Vernunft und Geschmack, d. h. Dramen in Übereinstimmung mit den poetischen Regeln, zur Geltung bringen. Seine poetischen Regeln gehen aber über das hundert Jahre ältere Buch von der Deutschen Poeterey (Opitz, vgl. Kap. 3a) kaum hinaus. Gottsched erhebt die drei Einheiten des Aristoteles (vgl. Kap. 3, Anm. 13) zum Gesetz und behält die äußerliche Unterscheidung zwischen Tragödie und Komödie, die Einteilung der Stilebenen (vgl. Kap. 3, Anm. 7) und auch die Ständeklausel (vgl. ) bei; nur dass jetzt alles ohne Wunder oder Geister vernünftig zuzugehen hat und dass statt des Glaubens jetzt die Moral an erster Stelle steht. Gottscheds Anweisung für den Dramatiker lautet:

      Der Poet wählet sich einen moralischen Lehrsatz, den er seinen Zuschauern auf eine sinnliche Art einprägen will. Dazu ersinnt er sich eine allgemeine Fabel, daraus die Wahrheit eines Satzes erhellet. Hiernächst suchet er in der Historie solche berühmte Leute, denen etwas ähnliches begegnet ist; und von diesen entlehnet er die Namen, für die Personen seiner Fabel; um derselben also ein Ansehen zu geben. Er erdenket sodann alle Umstände dazu, um die Hauptfabel recht wahrscheinlich zu machen; und das werden die Zwischenfabeln, oder Episodia nach neuer Art, genannt. Dieses theilt er dann in fünf Stücke ein, die ohngefähr gleich groß sind, und ordnet sie so, daß natürlicher Weise das letztere aus dem vorhergehenden fließt […].

      So trocken wie diese Anweisung geriet denn auch das Musterstück Sterbender Cato (1731), das Gottsched aus zwei zeitgenössischen Cato-Dramen zusammenbastelte. Dennoch war das Stück sehr erfolgreich und half dem Literaturprofessor in praktischer Zusammenarbeit mit der Theaterdirektorin Caroline Neuber (1697–1760), der herabgekommenen Schauspielkunst beim bildungsbeflissenen Bürger neues Ansehen zu verschaffen. Gottscheds und der Neuberin Theaterreform, die in einer Vertreibung des Hanswurst ihren symbolischen Ausdruck fand, führte Literatur und Bühne wieder zusammen und gab dem damals allzu leichtgenommenen Geschäft der Komödianten Ernst und Würde.

      Widerspruch erfuhr Gottsched zuerst 1740 von den Zürichern BODMER (1698–1783) und BREITINGER (1701–1776). Die Schweizer meinten, Dichtung wende sich keinesfalls ausschließlich an den Verstand, sondern auch an das Gemüt; darum gehe es nicht an, die Einbildungskraft auf die wirkliche Welt zu beschränken, vielmehr sei es das Vorrecht der dichterischen Phantasie, auch in nur denkbare Welten vorzudringen, solange sich das Wunderbare in der Poesie mit dem Wahrscheinlichen verbinde.

      GOTTHOLD EPHRAIM LESSING (1729–1781) beginnt seinen berühmten 17. Literaturbrief (1759) mit den Worten:

      »Niemand«, sagen die Verfasser der Bibliothek11, »wird leugnen, daß die deutsche Schaubühne einen großen Teil ihrer ersten Verbesserung dem Herrn Professor Gottsched zu danken habe.«

      Ich bin dieser Niemand; ich leugne es geradezu. Es wäre zu wünschen, daß sich Herr Gottsched niemals mit dem Theater vermengt hätte.

      Lessing, der seine Laufbahn als Dramatiker selbst mit einer bei der Neuberin uraufgeführten Typenkomödie im französischen Stil begonnen hatte, wirft Gottsched die Abhängigkeit von den französischen Klassizisten Corneille, Molière und Racine vor, denn er hat

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