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Ich kann euch da aber nicht mit reinziehen. Wenn was schiefgeht und ihr geschnappt werdet, könnte ich mir das nicht verzeihen. Sorry, Jungs, aber ich muss das allein durchziehen!“

      Toni und Marco schienen sichtlich überrascht.

      „Mach dir mal keine Sorgen um uns, wenn es hart auf hart geht, laufen wir erst zu Höchstform auf. Du weißt, when the going gets tough, the tough get going. Und falls wider Erwarten etwas nicht funktionieren sollte: Wir sind für solche Fälle bestens vorbereitet. Berufsbegleitende Vorsicht.“

      John stellte sich vor die Leinwand und sagte: „Vielen Dank, es bedeutet mir sehr viel, ich weiß gerade wirklich nicht, wo mir der Kopf steht, ohne Hilfe bin ich verloren, fürchte ich. Wie gehen wir vor, habt ihr euch da auch schon was ausgedacht?“

      „Die Jagd kann beginnen, noch heute Abend legen wir los! Wir müssen unseren Freund nur noch ein paar Tage beobachten, dann schlagen wir zu!“

      John ging auf die beiden zu und schloss sie kurzerhand in seine Arme.

      Kurz darauf servierte Marco mit einem zufriedenen Lächeln die Panna cotta mit Himbeerpüree und stellte wortlos eine Flasche Grappa auf den Tisch.

      Der Kontakt, New York, Frühling 2015

      Die finanziellen Sorgen ließen Ronald an diesem Morgen früher als gewöhnlich aufstehen: Er hatte schlecht geschlafen und schlecht geträumt. Seine letzte große Hoffnung war der Kontaktmann in die Unterwelt. Den Anruf wollte er auf keinen Fall verpassen, und so saß er bereits gegen neun Uhr an seinem Schreibtisch.

      Seine Assistentin, die ihm gewöhnlich gegen zehn den ersten Kaffee ins Büro brachte, war so überrascht, ihn um diese Uhrzeit am Schreibtisch zu sehen, dass sie vergaß, ihren Lippenstift frisch nachzuziehen und die ersten zwei Knöpfe an ihrer Bluse zu öffnen. Man sah ihr die Verwunderung an.

      „Sir, habe ich einen Termin übersehen?“

      Ronald blickte amüsiert auf. „Nein, Christine, ich wollte nur ein paar alte Aufträge durchgehen und mir die letzten Stadtratsbeschlüsse durchlesen. Vielleicht geben die Idioten ja noch nach und wir dürfen höher bauen.“

      Christine schien erleichtert, dass ihr kein Versäumnis unterlaufen war und fing an, die beiden Knöpfe ihrer Bluse zu öffnen, was Ronald sehr genoss. Sie wusste aus Erfahrung, dass Verfehlungen bei Assistentinnen nicht ohne Folgen blieben. Sie hatte den Job erst seit einem Jahr und stellte damit einen einsamen Rekord auf. Normal waren wenige Monate, bevor man wegen Belanglosigkeiten rausflog. Dieser Umstand war bekannt und machte den wenigsten etwas aus, da man keine bessere Referenz haben konnte, als private Assistentin von Ronald Grump gewesen zu sein. Sie waren auf dem Markt für Assistentinnen gesucht, jeder wusste, dass Ronald nur Models einstellte, deren IQ über 120 lag und die über Körpermaße verfügten, die Hugh Hefner in Ekstase versetzten würden. Seine Nähe zu den Miss-Wahlen sorgte stets für ausreichend Nachschub und Abwechslung.

      „Ach, bitte sagen Sie meinem Junior, er soll bis elf Uhr hier sein.“

      Christine nickte und fragte: „Darf ich etwas ausrichten?“

      Das Bild von Ronald Grump junior tauchte in ihr auf, ein gutaussehender Mann Ende 30, viel liebenswürdiger als der Vater, jedoch unerreichbar für sie. Ach, wie gern hätte sie sich ihm hingegeben, wusste aber, dass er in einer anderen Liga spielte. Ein Grump würde sich niemals mit dem Personal einlassen.

      In dem Moment klingelte das Telefon. Ronald machte eine wedelnde Handbewegung, die so viel bedeutete wie „Hinaus mit dir!“ und nahm den Hörer ab.

      Es meldete sich die kratzige Stimme von gestern.

      „Ein Treffen, heute, 16 Uhr, Central Park, die gleiche Bank wie immer.“ Damit war die Verbindung beendet.

      „Gut“, dachte sich Ronald, „sie haben etwas für mich, wenn daraus ein großes Projekt entstünde, könnte ich auf jeden Fall weitermachen, Verlustvorträge, neue Kredite und neue Partner.“ Er lächelte, seine Sorgen begannen sich zu verflüchtigen, bald würde er auch wieder gut schlafen. Vielleicht könnte er die alten Schulden begleichen und sogar noch etwas für sich und seine Familie auf die Seite schaffen. Der Tag schien besser zu werden, als er erhofft hatte.

      Gegen 11:30 Uhr kam sein ältester Sohn Ronald junior in sein Büro. Er hatte ein gebräuntes Gesicht, eine sportliche Figur und trug einen Anzug von Armani. Auf eine Krawatte verzichtete er und gewann damit jenes joviale Auftreten, das ihm die Damenwelt zu Füßen liegen ließ.

      „Dad, was kann ich für dich tun?“ Ohne lange Umschweife hockte er sich halb auf die Schreibtischkante, halb wandte er sich seinem Vater zu.

      „Du weißt, dass ich bei bestimmten Geschäften nur auf die Familie vertraue. Aus diesem Grund möchte ich dich um einen Gefallen bitten. Geh heute um 16 Uhr in den Central Park. Du wirst dort einen Kontaktmann treffen, der uns ein Angebot übermitteln wird. Nichts Schriftliches, also pass gut auf, unser finanzielles Überleben hängt von dem Treffen ab. Sag denen, sie bekommen morgen Antwort auf dem üblichen Weg. Wir treffen uns danach hier im Büro. Ich warte auf dich!“

      Ronald junior wirkte nicht sonderlich überrascht, da er schon häufiger den Mittelsmann gespielt hatte. Die Vorteile lagen auf der Hand. Kein direkter Kontakt zwischen den Parteien, und als Sohn konnte er immer leugnen: Familienmitglieder ersten Grades konnten nicht zur Aussage gegen Angehörige gezwungen werden.

      „Okay, Dad, dann bis später“, sagte Ronald junior, bediente sich herzhaft aus der Schale mit den Marshmallows auf dem Schreibtisch und verließ das Büro.

      Er war froh, wieder etwas für den alten Herrn erledigen zu können, seine Frau und ihre Wünsche trieben ihn fast in den Wahnsinn. Aus diesem Grund war er mit seinen zwei besten Freunden zumeist abends allein unterwegs. Man traf sich in privaten Häusern, bestellte exklusive und sehr diskrete Escort-Damen, nahm die ein oder andere Nase voll Kokain und verabredete sich zu Männerurlauben.

      Jetzt hatte er das Gefühl, endlich einmal wieder gebraucht zu werden. Er wollte gern mehr Verantwortung im Familiengeschäft. Vater testete ihn und seine Fähigkeiten. Er würde ihn nicht enttäuschen. Er nahm wie jedes Mal den East Drive bis zum South Gate House und ging die letzten Meter zu Fuß. 30 Minuten vor 16 Uhr traf Ronald Grump junior an der Parkbank im Central Park ein, von der man einen wunderbaren Blick auf das Jacqueline Kennedy Onassis Reservoir hatte. Obwohl ihn normalerweise Naturschönheiten nicht näher berührten, strahlte dieser Ort eine gewisse Ruhe und Weite aus.

      Unvermittelt wurde er aus seinen Gedanken gerissen, als sich ein älterer Mann neben ihn setzte. Sie schauten sich nicht an, der Mann nahm eine Zeitung, schlug sie auf und begann zu lesen.

      „Ich hätte zwei Grundstücke für Ihren Vater, sie grenzen direkt an Ihr bestehendes Gebäude in der Baker Street an. Um bauen zu können, benötigt man noch zwei weitere Grundstücke, an denen sind wir bereits dran. Wenn Ihr Vater Interesse hat, soll er mir auf dem üblichen Weg Bescheid geben, dann besorgen wir ihm die fehlenden Grundstücke. Charmant ist, dass man dort in die Höhe bauen dürfte, aktuell nur 30 Stockwerke, aber wir haben unsere Verbindung zum Stadtrat. 60 sollten am Ende kein Problem sein.“ Ronald junior schaute auf seine Uhr.

      „Zu welchen Konditionen können wir die vier Grundstücke erwerben?“

      Der ältere Mann tat so, als ob er weiterlesen würde.

      „Etwas teurer als normalerweise, da wir das offizielle Ausschreibungsverfahren noch zu unseren Gunsten gestalten müssen, das kostet … Und weil wir für die Räumung der letzten zwei Gebäude Spezialisten von der Westküste einfliegen müssen, um keine Spuren zu hinterlassen.“

      Jetzt konnte Ronald junior nicht anders und drehte den Kopf zu dem Mann hinüber, er erkannte Giancarlo Maria Belaqua.

      „Wie viel teurer?“, fragte Ronald junior.

      „Zehn Prozent“, war die knappe Antwort. Der Mann stand auf, faltete seine Zeitung in aller Ruhe zusammen und ging.

      Zurück im Büro seines Vaters beendete dieser sofort sein Meeting und ging in die Lounge-Ecke des Arbeitsraums.

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