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Pairs von Frankreich! ich verkehre mit ihnen, damit sie mich zum Gesandten ernennen!«

      »Wie ausgelassen Sie sind!« seufzte Mademoiselle Vatnaz. Sie bat Dussardier, sie bis zu ihrer Tür zu begleiten.

      Arnoux sah sie sich entfernen und wandte sich dann an Frédéric:

      »Gefiel Ihnen die Vatnaz? Übrigens sind Sie darin nicht aufrichtig. Ich glaube, Sie verheimlichen Ihre Liebschaften?«

      Frédéric wurde bleich und beteuerte, daß er nichts zu verbergen habe.

      »Es ist nur, weil man keine Geliebte von Ihnen kennt,« fuhr Arnoux fort.

      Frédéric hatte Lust, irgendeinen Namen zu nennen. Aber die Sache konnte ihr wiedererzählt werden. Er erwiderte, daß er tatsächlich keine Geliebte habe.

      Der Kaufmann schalt ihn dafür aus.

      »Heute abend war eine gute Gelegenheit! Warum machten Sie es nicht wie die anderen, die alle eine Frau mitnahmen?«

      »Nun, und Sie?« sagte Frédéric, durch diese Hartnäckigkeit ungeduldig geworden.

      »Ach, ich! mein Junge! das ist etwas anderes! Ich kehre zu meiner Frau zurück.«

      Er rief ein Kabriolet heran und verschwand.

      Die beiden Freunde gingen zu Fuß. Ein Ostwind blies. Weder einer noch der andere sprach. Deslauriers bedauerte, nicht vor einem Zeitung-Redakteur »geglänzt« zu haben, und Frédéric gab sich seinem Schmerze hin. Schließlich sagte er, daß er den ganzen Rummel stumpfsinnig finde.

      »Und wer hat Schuld? Wenn du uns nicht um deinen Arnoux im Stich gelassen hättest!«

      »Ach was! alles, was ich hätte tun können, wäre nutzlos gewesen!«

      Aber der Schreiber hatte Theorien. Um Dinge zu erlangen, genüge es, sie nachdrücklichst zu wünschen.

      »Und du selber hast doch eben…«

      »Ich mache mir nichts daraus!« entgegnete Deslauriers, der klaren Anspielung ausweichend. »Soll ich mich mit Weibern einlassen?«

      Und er zog gegen ihre Ziererei, ihre Dummheiten los; kurz, sie mißfielen ihm.

      »Verstelle dich doch nicht!« sagte Frédéric.

      Deslauriers schwieg. Dann plötzlich sagte er:

      »Willst du hundert Francs wetten, daß ich die erste, die vorübergeht, ›stelle‹?«

      »Ja, angenommen!«

      Als erste ging eine häßliche Bettlerin vorüber, und sie gaben die Hoffnung auf eine Gelegenheit auf, als sie mitten in der Rue de Rivoli ein großes Mädchen mit einem kleinen Karton in der Hand bemerkten.

      Deslauriers sprach sie unter den Arkaden an. Sie wandte sich rasch nach der Seite der Tuilerien, bald hatte sie die Place du Caroussel erreicht und blickte nach allen Seiten. Sie lief hinter einer Droschke her, Deslauriers holte sie ein. Er ging neben ihr und sprach mit ausdrucksvollen Geberden auf sie ein. Endlich nahm sie seinen Arm, und sie gingen am Quai entlang weiter. Dann, auf der Höhe des Châtelet, spazierten sie wenigstens zwanzig Minuten auf dem Trottoir auf und ab wie zwei Seeleute, die Wache haben. Allein plötzlich überschritten sie den Pont au Change, den Blumenmarkt, den Quai Napoléon. Frédéric kam hinter ihnen her. Deslauriers gab ihm zu verstehen, daß er sie stören würde und nur ihrem Beispiel zu folgen brauche.

      »Wieviel hast du noch?«

      »Zwei Goldstücke und hundert Sous.«

      »Das genügt! Gute Nacht!«

      Frédéric war erstaunt, wie man es ist, wenn man einen Spaß gelingen sieht: »Er macht sich über mich lustig,« dachte er. »Ob ich hinaufgehe?« Glaubte Deslauriers etwa, daß er ihn um diese Liebe beneide? »Als ob ich nicht eine hätte, eine, die hundertmal seltener, edler, stärker ist!« Eine Art Zorn trieb ihn vorwärts. Er langte vor der Tür von Madame Arnoux an.

      Keines der äußeren Fenster gehörte zu ihrer Wohnung. Indessen blieb er stehen, die Augen auf die Fassade geheftet, – als glaube er durch diese Blicke die Mauern zu spalten. Jetzt ruhte sie ohne Zweifel still wie eine schlafende Blume mit ihrem schönen, schwarzen Haar, die Lippen halb geöffnet, das Haupt auf dem Arm, in den Spitzen ihres Kissens.

      Er sah Arnoux’ Kopf vor sich. Dieser Vision zu entfliehen, entfernte er sich.

      Deslauriers’ Rat kam ihm in Erinnerung; er fürchtete sich davor. Da wanderte er ziellos in den Straßen umher.

      Kam ihm ein Fußgänger entgegen, so versuchte er seine Züge zu unterscheiden. Von Zeit zu Zeit fiel ihm ein Lichtstrahl zwischen die Beine und beschrieb einen immensen Viertelkreis am Rande der Straße; und aus dem Dunkel tauchte ein Mann mit seiner Kiepe und Laterne auf. An einigen Stellen rüttelte der Wind an dem Rohr eines Schornsteins; von fern erklangen Töne, die sich mit dem Dröhnen in seinem Kopf mischten, und er glaubte in den Lüften die vagen Klänge des Kontretanzes zu hören. In der Bewegung des Gehens hielt dieser Rausch an; er befand sich auf dem Pont de la Concorde.

      Da erinnerte er sich wieder jenes Abends im vergangenen Winter, – wo er zum erstenmal von ihr gekommen war und hier hatte stehen bleiben müssen, so schnell schlug damals das Herz unter dem Bann seiner Hoffnungen. Jetzt waren sie alle tot.

      Dunkle Wolken glitten über das Antlitz des Mondes. Er betrachtete sie und dachte an die Unendlichkeit des Raumes, das Elend des Lebens und seine Nichtigkeit. Der Tag erwachte, seine Zähne klapperten, und halb im Schlaf, vom Nebel durchnäßt und nahe am Weinen, fragte er sich: warum nicht ein Ende machen? Nichts als eine Bewegung war nötig! Die schwere Stirn zog ihn nieder, er sah sich als Leichnam auf dem Wasser schwimmen; Frédéric beugte sich hinab. Die Brüstung war ein wenig breit, und nur seine Müdigkeit hinderte ihn, hinunterzuspringen.

      Entsetzen ergriff ihn. Er ging auf die Boulevards zurück und sank auf eine Bank. Überzeugt, daß er »gebummelt« hatte, weckten ihn Polizisten.

      Er schickte sich wieder an, weiterzugehen. Aber da er großen Hunger verspürte und alle Restaurants geschlossen waren, ging er in eine Kneipe in der Halle, um etwas zu essen. Darauf schlenderte er, da er es noch für zu früh hielt, bis um ein Viertel nach acht in der Umgebung des Stadthauses umher. –

      Deslauriers hatte seine Schöne längst verabschiedet und schrieb am Tisch mitten im Zimmer. Gegen vier Uhr kam Cisy zu ihm.

      Auf Dussardiers Veranlassung hatte er sich am vorhergehenden Abend mit einer Dame verabredet und sie sogar mit ihrem Mann im Wagen bis an die Schwelle ihres Hauses begleitet, wo sie ein Rendezvous mit ihm verabredet hatte. Er kam daher. Man kannte dort ihren Namen gar nicht.

      »Was wollen Sie, daß ich dabei tue?« sagte Frédéric.

      Da begann der Junker von allem möglichen zu reden; er sprach von Mademoiselle Vatnaz, der Andalusierin und all den anderen. Schließlich, nach vielen Umschweifen erklärte er den Zweck seines Besuches: im Vertrauen auf die Verschwiegenheit seines Freundes bäte er ihn, ihm in einer Sache beizustehen, in der er sich entschieden als Mann zeigen würde, und Frédéric schlug es ihm nicht ab. Er erzählte dann Deslauriers die Geschichte, ohne zu verraten, was ihn persönlich dabei betraf.

      Der Schreiber fand, daß »er sich jetzt ganz gut mache«. Dies Annehmen seiner Ratschläge erhöhte noch seine gute Laune.

      Durch diese hatte er Mademoiselle Clémence Daviou, Goldstickerin für Militärausrüstungen, das süßeste Wesen von der Welt und schlank wie ein Schilfrohr, mit großen, immer verwunderten blauen Augen, vom ersten Tage ab bezaubert. Der Schreiber nutzte ihre Arglosigkeit so weit aus, sie glauben zu machen, er sei dekoriert; er schmückte seinen Überrock bei ihren Zusammenkünften mit einem roten Bande, versagte sich aber, es öffentlich zu tun, um seinen Vorgesetzten nicht zu demütigen, wie er sagte. Im übrigen hielt er sie sich fern, ließ sich liebkosen wie ein Pascha und nannte sie lachend »Tochter des Volkes«. Sie brachte ihm jedesmal kleine Veilchensträuße. Frédéric hätte eine solche Liebe nicht gemocht.

      Wenn sie aber Arm in Arm ausgingen, um bei Barillon oder Pinson zu essen, empfand er eine

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