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mit Unmengen an Literatur und der Schreibtisch mit zwei angefangen Rotweinflaschen gewesen, hätte man fast den Eindruck gewinnen können in einem Kinderzimmer zu sein.

      Irgendwie erschein mir der Raum seltsam, erwartete ich doch von einer Vampirbehausung eher dunkle Farben. Ich schob die Beine unter der Decke hervor und stellte fest, dass ich immer noch den Ledermantel trug. Gerade wollte ich fluchen, dass ich meine Sachen im Park vergessen hatte, als mein Blick auf den Stuhl neben dem Bett fiel. Ordentlich gestapelt und offenbar sogar gewaschen lagen dort meine Kleider. Robin musste noch einmal zurückgefahren sein oder jemanden geschickt haben. Ich stand auf und nahm mir vor, mich dafür bei ihr zu bedanken.

      Mit den Kleidern auf dem Arm öffnete ich die Zimmertür. Der Schein von mehreren kleinen Lampen erhellte den Raum, den ich nun betrat. Anscheinend war das das Wohnzimmer. Ein schwarzes Ledersofa mit passendem Sessel, ein Glastisch, moderne Bücherregale mit Glasböden. Noch mehr Bücher. Diese Vampirin schien sehr belesen zu sein. Auch hier waren die wenigen Fenster vollständig verdeckt. Teilweise sogar mit Brettern vernagelt. Kein Lichtschimmer drang hinein.

      Der Duft von frischem Kaffee stieg mir in die Nase. Ich sah mich weiter um und entdeckte den Durchgang zu einer kleinen Küche. Dort stand Robin vor einer gewaltigen Kaffeemaschine. So einer, wie man sie in Restaurants erwartete. Ein silbernes, glänzendes Ungetüm. Aber der Kaffee, den sie produzierte, duftete hervorragend.

      Ich trat in die Tür und da bemerkte Robin meine Gegenwart endlich. Sie lächelte mich an und hielt mir gleich die Tasse hin, die sie eben aufgebrüht hatte.

      „Du siehst aus, als könntest du einen gebrauchen!“, feixte sie. Ich musste grinsen. „Ohne Kaffee geht gar nichts“, erwiderte ich und nahm einen Schluck. Mit einem Schmunzeln auf den Lippen drehte sie sich wieder herum und nahm eine zweite Tasse vom Regalbrett über der Kaffeemaschine. Als sie sich zu mir herumdrehte, war ihr Blick erwartungsvoll.

      „Nun erkläre mir doch mal, was du gestern in dem Park gemacht hast. Ganz Berlin weiß, dass die Innenstadt Vampirgebiet ist.“

      Ich schnaubte nur abfällig und wandte den Blick von ihr. „Ich wusste das nicht und das mag wohl daran liegen, dass ich erst seit einem knappen Monat in Berlin bin.“

      Als ich keine Antwort erhielt, sah ich auf. Robin musterte mich immer noch, doch jetzt war ihr Blick sehr nachdenklich geworden.

      „Hast du schon eine Bleibe?“, fragte sie frei heraus. Da waren weder Vorwurf noch Argwohn in ihrer Stimme, aber dennoch bohrte sich ihre Frage wie ein Pfeil in mein Herz. Sie erinnerte mich daran, dass ich ohne Geld, ohne Wohnung und ohne Arbeit hier war und immer noch nicht wusste, wie ich auch nur eines von all den Dingen erlangen sollte.

      „Nein“, gab ich zu, auch wenn es mir schwerfiel. Robin nickte nur leicht und drehte sich um. Mir war, als wollte sie nicht, dass ich ihr Gesicht sah. „Weißt du, das trifft sich gut“, sagte sie leise. „Ich habe gerade ein Zimmer frei. Meine Mitbewohnerin ist letzte Woche ausgezogen. Wenn du möchtest, kannst du es haben. Und bevor du jetzt wegen der Miete fragst, ich habe auch einen Job für dich. Er wird dir gefallen.“

      Ich sah das Aufleuchten in ihren giftgrünen Augen, als sie mich kurz über die Schulter hinweg ansah. Ich blieb misstrauisch. Das Angebot war viel zu gut um keinen Haken zu haben.

      „Und wo ist der Haken an der Sache?“, fragte ich und automatisch spannte sich mein Körper an, „Wieso machst du mir so einen Vorschlag? Du kennst mich doch gar nicht.“

      Robin lachte leise und drehte sich langsam wieder zu mir um. Ihre dünnen Finger wanderten hinauf zu ihrem Hals und strichen die roten Haarspitzen beiseite. „Vielleicht ja doch“, murmelte sie und neigte den Kopf.

      Mir stockte der Atem, als ich sah, was sie da entblößte. Ein blasses, umgekehrtes Kreuz. Eine alte Narbe, so verblichen, dass man sie kaum erkannte. Ich merkte nicht einmal, wie meine Finger zu dem Spiegelbild dieses Kreuzes an meinem eigenen Hals hinaufschnellten.

      „Wie ...“, stammelte ich.

      „Ich habe es gestern gesehen, als ich dir über die Straße geholfen habe“, erklärte sie leise, „Schon da wusste ich, dass du irgendwie etwas Besonderes bist.“

      Ich schluckte schwer und eine kalte Faust schloss sich um mein Herz. Diese Worte hatte ich in letzter Zeit einige Male zu oft gehört. Mein Blick wurde finster. „Ich bin nichts besonderes“, zischte ich aufgebracht.

      Robin seufzte und wiegte leicht den Kopf. „Das habe ich damals auch gesagt, als man vergebens versuchte, mich zu erschießen.“

      Mit aufgerissenen Augen starrte ich sie an. Bestimmt hatte ich sie falsch verstanden!

      „Nein, hast du nicht.“

      Unmöglich konnte diese Vampirin gemeint haben, dass sie unsterblich ist. Allein bei der Vorstellung wurde mir schwindelig. Das war einfach unmöglich! Moment – hatte sie gerade meine Gedanken bestätigt?

      „Hör' sofort auf meine Gedanken zu lesen!“, fauchte ich sie an.

      „Dann denke leiser“, erwiderte sie stur und verschränkte die Arme vor der Brust. „Und ich habe es genau so gemeint, wie du es verstanden hast. Ich bin unsterblich, Angel. Wie du. Und genau wie du bin ich die einzige Unsterbliche meiner Art.“

      Ich spürte, wie mir die Knie weich wurden, als sich die Erkenntnis langsam in mein Bewusstsein drängte. Meine Finger begannen zu zittern und ich stellte meine Tasse schnell auf die Ablage, um sie nicht aus Versehen fallen zu lassen. Wenn es stimmte, was sie sagte, dann … Nein, das war einfach unmöglich!

      Doch Robin sprach weiter und mit jedem ihrer Worte glaubte ich ihr mehr.

      „Vor etwa 120 Jahren lebte ich in Paris. Man erwischte mich, wie ich mich prostituierte, um an Blut zu kommen. Sie sperrten mich ein und verurteilten mich zum Tode, da der Mann von dem ich getrunken hatte, starb. Sie machten mir nicht einmal einen anständigen Prozess. Nachts richteten sie mich heimlich in einem Hinterhof hin und schafften meine vermeintliche Leiche aus der Stadt in ein geheimes Massengrab. Gott sei Dank schaffte ich es vor Sonnenaufgang da heraus und in ein Versteck. Ich denke, ich fühlte mich ganz ähnlich, wie du jetzt, als ich das Loch in meinem Kleid entdeckte und mich an den Schuss des Vorderladers und den Schmerz erinnerte. Ich war gestorben und doch lebte ich.“

       Ein Grinsen trat auf ihre Lippen. „Was hast du versucht um es zu bestätigen? Ich war ganz kreativ. Habe mich zum Sonnenaufgang einfach nicht versteckt. Das waren Schmerzen, sage ich dir.“ Sie lachte und schüttelte leicht den Kopf bei der Erinnerung daran.

      Ich schluckte schwer. Beinah entsetzt stellte ich fest, dass ich ihr tatsächlich glaubte. „Woher nimmst du die Gewissheit, dass ich unsterblich bin?“, fragte ich sie leise und schlang die Arme um mich. Ich wollte ihr vertrauen, so sehr, dass es an Verzweiflung grenzte. Jemanden gefunden zu haben, der wusste und verstand, wie ich mich fühlte, war mehr, als ich zu wünschen je gewagt hätte.

      „Zu erst einmal wegen dem Mal an deinem Hals. Außerdem riecht unsterbliches Blut für Vampire anders. Gestern, als du die Kellertreppe runtergestürzt bist, hast du dich leicht am Kopf verletzt. Nur ein winziger Kratzer, den du wahrscheinlich kaum wahrgenommen hast, aber die Spur deines Blutes und sein Geruch haben mich in meinem Verdacht bestätigt.“

      Ich nickte und versuchte die Tatsache zu verarbeiten, dass ich vielleicht wirklich jemanden gefunden hatte, der so war wie ich. Artfremd. Unsterblich. Nicht normal.

      „Gibt es noch mehr wie uns?“ Die Frage kam von ganz allein. Ich war mir nicht einmal sicher, ob ich sie wirklich gedacht hatte.

      Robins Lächeln wurde traurig. „Bis gestern dachte ich, ich wäre die Einzige. Nein, ich kenne keine anderen unsterblichen Vampire und es gibt auch in unseren Chroniken keine Aufzeichnungen. Bei Werwölfen habe ich auch nichts davon gehört.“

      Ein enttäuschtes Seufzen kroch aus meiner Kehle, doch, noch ehe ich wieder in Gedanken versinken konnte, landete eine kühle Hand auf meiner Schulter. Ich sah auf und blickte in zwei freundliche, giftgrüne Augen mit geschlitzten Pupillen.

      „Was hältst du von einer Dusche? Ich mache dir Frühstück,

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