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die Ware bis zu P. zurückzuverfolgen.

      Der Kunde war zufrieden und bot einen Betrag an, der bei P. auch die letzten Skrupel überwinden half. Den Termin konnte P. allerdings noch nicht zusagen, er rechnete mit Lieferung in den kommenden acht Wochen.

      Die Inszenierung konnte beginnen und P. traf bereits konkrete Vorkehrungen für sein Abtauchen nach dem Coup. Er legte eine so raffinierte falsche Fährte, dass später der Eindruck entstand, er sei durch seinen Observationsauftrag irgendwie in Druck geraten und musste schnellstens von der Bildfläche verschwinden. Als vermeintlichen ‘Beweis‘ verzichtete er gern auf eines der Glasröhrchen, das dazu beitragen sollte, den Verdacht garnicht erst auf ihn zu lenken.

      Mit dem 20. Juni brach P. seine Observation angeblich ab, beobachtete jedoch seitdem aus einer anderen Position die regelmäßigen Transporte und wartete nur noch auf den Peugeot-Boxer, den Kurier, der die Sendung für Kapitän Crevette dabeihatte, denn mit dem hatte er inzwischen eine Vereinbarung getroffen.

      *

      Am 29. Juni war es endlich soweit.

      P. hatte Crevette gegenüber dann so getan, als wenn irgendein Unbekannter die Ware aus dem Schließfach übernehmen und Crevette bezahlen würde, er, P. sei nur Mittelsmann. Einerlei auch, ob Crevette ihn später über irgendwelche Interpolunterlagen identifizieren könnte, vielleicht möglich über P.’s früheren Rang eines Colonello der italienischen Carabinieri, allerdings würde ihn nach der geplanten Gesichts-Operation eh’ niemand mehr wiedererkennen.

      Leid tat es ihm schon ein wenig um Kapitän Crevette, den er so hintergehen musste und P. hatte wenigstens die Absicht gehabt, Crevette später ein paar Euro ‘Entschädigung’ aus anonymer Quelle zukommen zu lassen. Als Ersatz für die ‘Blüten‘, die er ihm andrehte. Aber das erübrigte sich später dann ja.

      P. hatte sich durch gezielte Fehlinformationen und durch das Legen falscher Fährten so gut getarnt und seine Identität geschützt, dass er später beinahe der einzige irgendwie Beteiligte war, auf dessen Verbindung zu diesem Fall, außer über die Observation, überhaupt kein Schatten fiel; er war seit dem 20. Juni einfach verschollen.

      Im Grunde hatte er ja auch nur die Vertriebswege ein wenig durcheinander gebracht ...

      *

      „Eine Pause?” fragte der Vorleser sein Gegenüber, „oder willst Du gleich wissen, wie es weitergeht?”

      „Das ist ja eine haarsträubende Geschichte”, sagte der Mann, der tief zurückgerutscht in dem großen Sessel saß und zweifelnd den Kopf schüttelte: „Wenn ich das alles richtig verstanden habe, ging es da um irgendeine ominöse Substanz; um was, weiß ich immer

      noch nicht, die offenbar in den Labors der A-Sekte hergestellt wurde, die dann über verschiedene Kanäle weiter versandt wurde. Wohin, weiß ich auch noch nicht! Von den Kurieren hat sich offenbar einer verselbständigt, der selber noch mehr Geld damit machen wollte. Und dann ist da dieser Beobachter, dieser ominöse P., der verschiedene Übergaben beobachtet hat und seinerseits wohl den Kurier über`s Ohr hauen wollte, Genaues weiß ich allerdings auch noch nicht und in diesem ganzen Durcheinander mussten bisher auch noch fünf Menschen ihr Leben lassen, wegen, für oder aufgrund dieser Substanz oder aufgrund ihres Wissens darum.

      Was ist denn mit diesem Wong, was hatte der damit zu tun und wieso ermittelt hier bei uns jemand aus Hongkong?”

      „Wart’s ab, demnächst erfährst Du mehr, wenn Wendehals und Mertens diesen Chiang kontaktiert haben und das Ergebnis der Spurensicherung in Wong’s Wohnung wird auch noch einige Überraschungen bringen. Und dieser P. war, wie sich später zeigen wird, auch nur ein Mosaiksteinchen im großen Muster, der unfreiwillig half, einen kleinen Teil der Zusammenhänge aufzuhellen. Dazu später mehr. Also machen wir weiter?“, fragte der Mann, der irgendwie schon immer von Anfang an in das alles involviert war, setzte das Einverständnis seines Gegenübers voraus, blätterte auf eine neue Seite und fuhr fort ...

      Kapitel 8

      Wendehals stand vor der Liste, die Mertens Punkt für Punkt, Fakt für Fakt weitergeführt hatte und das Blatt war jetzt doch schon

      reichlich voll mit Informationen. Auch sämtliche Details, die von den Toten bekannt waren, mussten notiert werden, denn irgendwo konnte ein klitzekleiner Hinweis stecken, der erst bei Betrachtung des Ganzen und der Gegenüberstellung der Fakten und Geschehnisse zueinander, Bedeutung bekommen könnte.

      Dass Wong starker Raucher war, man jedoch weder in der Wohnung, noch in der Kleidung Zigaretten oder sonstiges ‘Rauchwerk’ oder Feuerzeug oder Streichhölzer gefunden hatte, war immerhin ein zu beachtender Hinweis. Niemand konnte wissen, dass Wong ganz banal und wenig geheimnisvoll zehn Tage zuvor beschlossen hatte, sich das Rauchen endlich abzugewöhnen und dementsprechend gründlich und komplett alles aus seinem Leben verbannt hatte, was ihn irgendwie an diese Leidenschaft erinnern würde.

      Oder die Wunden, die bei Wong sonst noch entdeckt worden waren, auf dem Rücken und auf dem Handrücken, die Würgemale, all’ das konnte ein Hinweis auf Zusammenhänge sein, die Licht in das Dunkel des Falles bringen könnten.

      Dann die offensichtliche Durchsuchung von Wong’s Wohnung, schnell und nur oberflächlich gründlich;

      der Hinweis auf Pirmasens;

      die Fotos von den Übergabeterminen und die Kennzeichen der Fahrzeuge und ein sicher nachprüfbares Indiz: das alte Gemäuer, die Sandsteinquader und die defekte Angel;

      auch das kleine Indiz, dass der eine Tote, der Amerikaner, an seinen Fußsohlen Partikel einer Alge hatte, könnte sich als wichtiger Hinweis herauskristallisieren;

      oder die Tatsache, dass der eine Tote, möglicherweise Unfalltote,

      Chemiestudent war.

      „Wissen Sie was, Mertens, ich freß 'nen Besen, wenn dieser Übergabeort auf den Fotos nicht identisch mit unserem Schloss ist, das die Sektenmitglieder bewohnen. Es müsste sich doch

      feststellen lassen, ob dieses Gemäuer, das ich bei Befragung der Bewohner nur im Vorbeigehen registriert habe, nicht das gleiche ist, wie auf den Fotos. Nehmen Sie nur die defekte Angel, sehen Sie dort, warten Sie, nehmen Sie die Lupe!”

      Jetzt sah es auch Mertens, „sicher, so oft gibt es wohl zweiflügelige Tore von der Höhe nicht, deren zweite Angel von unten nicht mehr so gehalten wird, wie sie ursprünglich angebracht war und dann die markanten Lilienformen ..., Sie haben recht, wenn wir die gefunden haben, sind wir einen ganzen Schritt weiter und können tatsächlich erste Parallelen ziehen. Was meinen Sie, sollen wir nicht langsam auch die Fakten aus dem Fax auswerten, vielleicht bringt uns das ja auch noch ein Stück weiter, ehe wir vielleicht nach Krümeln suchen, die bereits als kompletter Kuchen präsentiert werden?”

      „Klar, Sie haben recht, schauen wir uns das Fax mal an!”

      Ein gewisser Steven C. Chiang, Hauptmann der Hongkonger Polizei, gibt in dem Fax Daniel H. Wong als einen Kollegen an, der verdeckt an einer Sache ermittelte, die bereits vier Jahre zurückzuliegen scheint, jedenfalls deren Anfänge.

      Damals war darin die Bande der Brüder Kwang verwickelt, eine bekannte berüchtigte Bande von ‚Strauchdieben‘ aller Provenienz und es hieß, dass die Kwangs nicht nur am Rauschgiftgeschäft und der Prostitutionsszene beteiligt seien, sondern wie selbst-verständlich, auch an den Spielsalons einschlägiger Spelunken. Man sagte ihnen auch mehrere bestellte Morde nach, Medikamentenschmuggel nach Europa und eine Großproduktion von Plagiaten aller möglicher teurer, und auserlesener Markenuhren.

      Die paar Videos und Musikkassetten, die vielleicht nur millionenfach illegal kopiert wurden, sind da noch der kleinste Anteil des Imperiums der Brüder Kwang. Doch da die drei beste Beziehungen zu den höchsten Ämtern von Wirtschaft und Finanz

      besitzen und der Justizminister ein Schwager der Familie ist, waren es bisher immer nur kleine Brocken und kleinere Vergehen, die man ihnen hat nachweisen können und die ihnen allenfalls Geldstrafen und Verweise eingebracht hatten: stets waren immer

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