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ist sie nicht ertrunken. Irgendwo muss sich da ein Kampf abgespielt haben, aber das Personal hatte bereits alles gründlich gereinigt als man sie fand. Das hat sie alles sehr mitgenommen zumal sie mit Hanna vorher gestritten hat und nun meint sie Hanna könnte noch leben.”

      “Und wie stand sie zu Jasmin?”

      “Die konnte sie nie sonderlich leiden.”

      “Haben Sie einen Lösungsansatz?”

      “Nein!”

      “Sehen Sie eine Verbindung?”

      “Nein!”

      “Die Tote von der Lauswardh hatten wir schon als Unfall abgelegt, aber unter den neuen Aspekten...”

      “Ich hätte es auch abgelegt”, sagt Elisa.

      Schweigend gehen sie die letzten Schritte bis sie vor dem Eingang zum Präsidium und einer vertrackten Wiederholung stehen, die Tür - das Verhängnis.

      “Bitte!”

      “Nach Ihnen!”

      “Sie zuerst!”

      “Danke!”

      “Bitte!”

      “Autsch!”, ruft Rebecca. Verdammt Emilian, Trottel, Archetyp! Was wiegt der denn? denkt sie, heute sicher sehr gründlich rasiert und dezent beduftet.

      Da die Tür sich als Hindernis erweist, was Elisa genießt, und für den Bruchteil einer Sekunde seine Nase in ihren dunklen Schopf steckt, der für ihn immer so aussieht wie gerade durch den Wind und ihn einiges an Temperament vermuten lässt und ihn versonnen in Grübeln stürzt, wie sie aussieht wenn dieser große Kamm nicht alles am Hinterkopf zusammengerafft hält. Und da er ebenso wenig weiß wie er dienlich sein kann, wenn sie einen Dienstwagen organisiert hat er beschlossen auf der Eingangsstufe sitzend zu warten und Denkminuten von Vogelgezwitscher begleitet einzunehmen. Dank Lea wird er am Nachmittag, wenn er nach Hause kommt dem Elchtest unterzogen, er sieht sich schon mit Inbusschlüssel und Aufbauanleitung auf dem Boden hocken und schwedische Klagelieder über Passgenauigkeit singen.

      “Herr Emilian, den Autoschlüssel bitte”, sagt Rebecca. Elisa blickt direkt auf ihre Schuhspitzen und es ist ihm ein Wunder, dass sie auf so kleinen Füßen genug Standbein für den, in seinen Augen, Männerberuf hat. “Der klebt vorne links im Hohlraum der Stoßstange. Das ist der einzig sichere Platz wo ich ihn immer finde.”

      “Aha! Dann hoffen wir Mal, dass Sie ihn bisher alleine gefunden haben.”

      “Egal, ich sagte doch der Wagen springt nicht an.”

      “Warum sind wir dann dahin gelatscht?” Die Antwort interessiert sie wenig und verschwendet nur Zeit, auf dem Absatz macht Rebecca kehrt um nach einer letzten Anweisung mit dem Wagen vorzufahren. “Herr Emilian!” Rebecca hat die Seitenscheibe unten und ordert Elisa in den Passat. Bevor er einsteigt zieht er die kalte Pfeife aus der Hosentasche und legt sie später auf das Armaturenbrett.

      “Wo geht es hin?”, erkundigt sich Elisa.

      “Hamm, die alte Volksschule, Schule an der Florensstraße ist für diesen Zweck vor circa fünf Jahren umgebaut worden. Die Hammer Bauern wollten die Einrichtung zuerst nicht haben, aber im Gegenzug hat man ihnen die Kuhle zugeschüttet und so einen Platz für ihr Festzelt geschaffen, sagt man. Und das ist ein Jammer, denn da wuchsen die besten Kohlrabis und im Winter konnte man da Schlitten fahren.”

      “Florensstraße ist bei mir um die Ecke”, flüstert Elisa.

      “Und dann haben Sie nichts von dem Fiasko gehört!”, sagt Rebecca mit einigem Erstaunen und raschen Blick zu ihm. Er fasst sich an die Stirn, streift das Haar besinnlich nach hinten, benetzt leicht mit der Zunge seine Unterlippe, dann bewegt er sachte verneinend seinen Kopf.

      “Wann sind Sie in den Westen gekommen?”, will Rebecca wissen.

      “Mit 18, hat sich nicht geändert in der letzten halben Stunde, oder glauben Sie ich spreche gerne über mein Alter?”

      “Hat Sie die Fülle der Marktwirtschaft nicht erdrückt?”, fragt Rebecca.

      “Nein, bei Emilian’s herrschte der Wohlstand und dafür mussten meine Eltern nicht in den Intershop gehen. Mein Vater durfte reisen. Er musste nur zurückkommen, aber dafür waren ja meine Mutter und ich zu Hause. Meine Mutter hat nie in der Kaufhalle nach Butter angestanden. Bei Emilian’s wurde von goldenen Löffeln gegessen und die Hände trocknete man sich mit Möve-Handtüchern ab und es gab auch immer Scheißhauspapier. Dafür nimmt man schon einiges in Kauf.”

      “Was?”

      “Man erteilt seinem Sohn so lange Stubenarrest bis er endlich kapiert, dass er in der Schule nicht die Tageschau-Uhr-West zeichnen darf, sondern Ost, obwohl nie der Ost-Kanal lief. Die Aufforderung im Zeichenunterricht kam unweigerlich auf jeden Schüler zu. Elisa hat es verpatzt, weil er den Sinn nicht verstand.”

      “Und bei uns war alles besser?”

      “Bei euch schmeckten die Äpfel wie aus der Retorte, jeden Tag Bananen war animalisch. Nylonhemden waren längst wieder out. Die Nordsee war wirklich salzig. Euer Gefängnis war lausig. Das soziale Netz so engmaschig, dass wirklich nur die ganz Kleinen durchfallen, und die 68ger unterhalten sich in der Politik nur noch über die Taten ihrer Revolte.”

      “Was wissen Sie von unseren Gefängnissen.”

      “Arrestzelle!” Er schweigt.

      “Und wie sind Sie...” Sie wird von ihrem Handy unterbrochen in dem Moment wo sie den Wagen vor der Schule abstellt. “Eden - ach tatsächlich - komischer Kauz - Moment. Herr Emilian, Ihr Wagen ist ausgelöst aber er springt wirklich nicht an, gibt es einen Trick?”

      “Klar, tanken, mich beschlich vorhin das Gefühl ich brauchte den Motor nicht mehr ausmachen.”

      “Bettina, das Auto benötigt Sprit, tschüs.”

      “Wer hat mein Auto in den unsensiblen Fingern?”

      “Sie hätte gerne mit mir getauscht. Übrigens vielen Dank für Ihre Souveränität Bettina nicht noch einiger Peinlichkeiten zu unterziehen.”

      “Die Spitze ging ja sicher gegen mich, ich hoffe, dass Sie bessere Literatur im Schrank haben als Frau Kämpf und sich nicht von Schund-Romanen einnebeln lassen.”

      “Es gibt einen Schicksalsroman über einen amerikanischen Therapeuten der sich für sein Vergehen dank der Gesetzesauffassung nie verantworten musste. Wir gehen zum Direktor und lassen Kathleen ins Lehrerzimmer holen.”

      “Mm... mm...” Elisa springt aus dem VW, und geht schnellen Schrittes links an dem alten Haupthaus vorbei.

      “Was jetzt!”, ruft Rebecca hinterher.

      “Für kleine Jungs!”

      Aha, woher weiß er denn, dass da im hintersten Winkel der Toilettentrakt angeklebt ist? Und warum wählt er nicht die Sanitärräume der Lehrer? Rebecca steuert die doppelseitige Treppe links versetzt vor dem Haus an und nimmt rasch die zehn Stufen. Über ihr thront die Uhr die noch zu keiner Zeit richtig ging, auch nicht als hier noch die Volksschule beheimatet war. Doktor Brunner empfängt sie. Der große hagere Mann in den 50gern wurde schon am Telefon nervös als Rebecca sie beide anmeldete, allerdings sagte sie nicht mit wem sie kommt. Wieder schaut der Mann über den Rand seiner Halbbrille. Das zwingt ihn zu einer buckligen Körperhaltung und genauso buckelt er sie, bis in das Lehrer-Zimmer. Frau Stampfka, die Sekretärin und Perle für alles, steht mit dem Kaffee parat. Nachdem sie zu dritt das Wetter und die Politik durchgehechelt haben wundert sich Rebecca wo Emilian bleibt.

      “Wen haben Sie mir eigentlich mitgebracht?”, fragt Brunner.

      “Einen..., unseren Volontär”, antwortet Rebecca.

      “Soll ich Kathleen holen?”, fragt Brunner.

      “Nein, jetzt werde ich erst diesen Burschen auftreiben!” Rebecca stürzt aus dem Raum

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