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der letzten und als ich mich bückte, hörte ich ein leises Winseln hinter mir. Langsam drehte ich den Kopf, richtete mich auf und schnappte nach Luft. »Du hast jetzt nicht … mir zwischen die Beine gestarrt?«, fragte ich fassungslos. Doch irgendetwas in seinem Blick sagte mir, dass dem so war.

      »Du wartest draußen«, sagte sie zu ihm und betrat das kleine Haus.

      Derweil hatte er sich auf den Rasen dahinter gelegt, in die Nähe eines seltsam anmutenden Gerätes, auf das sie etwas später einen Fisch legte. Rauch kräuselte sich in den Himmel, aber man konnte kein anständiges Feuer ausmachen. Da, brannte etwa der Fisch? Nein, das Gerät schien mit verbranntem Holz gefüllt zu sein und glühte rauchend vor sich hin. Bei dem Barte der Jötun! Beherrschte sie die Elemente, oder wie hatte sie das Feuer so ganz ohne Feuerstein und Stahl gemacht?

      »Der Fisch ist für mich, da kannst du mich so mitleiderregend anschauen, wie du möchtest«, sagte sie in mahnendem Ton und hatte dabei einen nachdenklichen Ausdruck in dem anmutigen Gesicht. Dann ging sie erneut in ihr Haus.

      »Alvar, lass ihr den Fisch!«, befahl ich, weil ich den vorwitzigen Lump kannte.

      Schon kam sie mit einem großen Stück roten Fleisches wieder aus dem Haus. Ich sah, wie sein Fokus automatisch auf das Fleisch fiel.

      »Ich hoffe, du beißt mir jetzt nicht die Hand ab, wenn ich es dir direkt gebe!?«, fragte sie, als ihm das Fleisch zaghaft entgegenhielt.

      »Wage es nicht, sie zu verletzen!«, grollte ich und er nahm es ganz zart aus ihrer Hand.

      »Ich wusste, du würdest mich nicht enttäuschen, mein alter Freund«, lobte ich ihn.

      »Da hat aber einer Hunger«, perlten ihre leisen Worte an sein feines Gehör. Plötzlich ertönte ein grell schrillendes Geräusch, es kam aus dem Haus und sie folgte ihm. Doch bevor sie sich gänzlich abwandte, sagte sie mit ernster Miene. »Immer noch mein Fisch.«

      Mein treuer Warg legte sich mit dem Kopf auf den Pfoten hin und spitzte die Ohren, damit ich auch alles mitbekam. Sie kam mit einem kleinen Gerät am Ohr aus dem Haus. Ihre Hände zitterten und die Farbe ihres Gesichtes, war der ausgebleichter Knochen sehr ähnlich.

      »Devin« keuchte sie entsetzt und ließ fast den Gegenstand fallen, den sie an ihr Ohr presste. Solche Dinger sah ich öfter in der Menschenwelt, Zauberkästchen mit denen sie sprachen.

      Eine Stimme erklang, leider verstanden wir nicht was gesagt wurde – bis die Stimme aus dem Zauberkistchen so laut war, dass selbst wir es hören konnten.

      »...meine verdammte Frau wärst. Wie kannst du es dich wagen, mich einfach …«

      Mit fahrigen Fingern drückte sie auf das Ding und ließ es neben sich auf den Boden gleiten. »Verdammt« sagte sie so leise, dass ein Windhauch ihr das Wort von den Lippen riss und davontrug.

      Ihr Gesicht sank in die Hände und sie zitterte am ganzen Leib. Zu gern wäre ich nun bei ihr gewesen und hätte sie getröstet, ihr gesagt, dass sie nie wieder Angst haben müsste. Doch ich saß hier fest. Bei Odins Auge!

      Gerade wollte ich meinen treuen Freund auffordern, sie an meiner statt zu trösten, da war er schon an sie herangetreten und stupste sie vorsichtig mit der Schnauze an. Sie vergrub ihre Finger in seinem dichten Fell und sah in seine Augen. Der Gefahr, ihn zu reizen, war sie sich in diesem Moment nicht bewusst. Nicht einmal die lebensmüdesten Krieger wagten sich, einem Warg direkt ins Auge zu sehen. Doch er ließ sie gewähren und presste seinen großen warmen Körper näher an sie, bis ihr Gesicht ebenfalls in seinem warmen Fell versank.

      »Ich sollte mir wohl ein Gewehr zulegen, wenn ich hierbleiben möchte«, seufzte sie an seinem Hals. Doch dann hob sie den Blick und sah ihn erneut an, ein Funkeln trat in ihre Augen.

      »Oder einen Wachhund.«

      Der Sichtwinkel änderte sich etwas, als Alvar den Kopf schief legte.

      »Du gehst nicht aufs Sofa und schläfst schon gar nicht mit in meinem Bett. Du sollst nur auf mich aufpassen!«

      Was auch immer ein Sofa war, würde er sicher nichts Anderes tun, als das was von ihm erwartet wurde – von mir seinem Herrn.

      »Du hast es gehört, schütze sie mit deinem unsterblichen Leben! Und finde ihren Namen heraus, bei Yggdrasils Wurzeln – ich muss ihn wissen!«

      Der Staub wirbelte auf und kündigte die Ankunft eines Besuchers an. Ein lauter Donnerhall, und mein Bruder stand vor mir.

      »Thor, Bruder, was verschafft mir die Ehre deines Besuches?«

      »Loki, Bruder, wie lange gedenkst du noch dem Trotz zu frönen? Vater ist bereit dich zurückzunehmen, sobald du ihn um Verzeihung bittest. Lange musste ich besänftigend auf ihn einreden, doch endlich gab er nach.«

      »Thor, Bruder, ich werde mich nicht entschuldigen. Er hat zuerst gegen das Gebot der Ehre und Wahrheit verstoßen. Wusstest du, dass wir nicht vom gleichen Blute sind? Er hat mich als Kind meinen Eltern geraubt und all die Jahre behauptet, ich wäre sein Spross.«

      Die blauen Augen meines Bruders weiteten sich kurz, doch dann blickte er grimmig drein.

      »Mir ist egal, wessen Blut durch deine Adern fließt – du bist und bleibst mein Bruder! Und ich vermisse dich.« Den letzten Satz sagte er so leise, dass das Grollen Mjolnirs es fast übertönte. Er nahm seinen Hammer und schwang ihn im Kreise, über dem Kopfe, bis er mit einer schwungvollen Wurfbewegung in einem steilen Aufstieg davonflog.

      Seufzend schloss ich die Augen und beobachtete erneut die Maid durch die meines treuen Freundes. Gerade gingen sie zusammen spazieren, durch Wiesen und als der Himmel sich verdunkelte, liefen sie eilig zurück. Das Häuschen war bereits in Sichtweite, als die Himmelsschleusen sich öffneten und ein Regenguss beide bis auf die Haut durchnässte. Schnell huschte sie in ihr Haus und hielt Alvar die Tür offen, damit er hineinkonnte. Auf einem Stück bunten Flickenstoffes hieß sie ihn warten. Kurz darauf erschien sie mit einem kleineren Stoffteil und rieb ihn mit festen Strichen ab. Ihr Geruch nach Wiese und Erde drang in seine Nase und ich konnte ihn ebenfalls wahrnehmen.

      Manchmal gelang es mir, vollständig in seinen Geist einzudringen, sodass wir regelrecht verschmolzen. Er war mein Seelentier und in der Not konnte ich ihm meine göttliche Macht leihen, damit er meine Gestalt annehmen konnte. Doch dazu mussten wir auf einer Energieebene sein, so wie gerade in diesem Moment. Sie war in eine Kammer geeilt und kam nun feucht wieder heraus. Ihren Leib hatte sie in ein großes Stofftuch gehüllt, das an der Seite verschlungen war. Mit einem Kleineren rieb sie die prächtigen, langen Haare, welche mich an flüssiges Pech erinnerten.

      »Du brauchst dringend einen Namen, mein Großer … nur welchen?« Sie tippte mit einem Finger an ihr Kinn und Alvar wandte den Kopf zum Bücherregal.

      »Schon klar, ein Tier, das mich versteht«, murmelte sie und strich mit den Fingern über die Bücher, bis sie an einem das nordische Mythologie behandelte hängen blieb. Dieses Buch stand in der untersten Reihe und sie musste sich bücken, um es heraus zu nehmen. Alvar winselte, er wusste, was man über uns erzählte. Sie griff zu und nahm das Buch in die Hand. Sein Blick wanderte unweigerlich zu dem Spalt, den das Tuch nun bot und vom Boden aus, hatte ich perfekte Sicht auf ihre blanke Weiblichkeit. Nun wandte sie den Kopf, richtete sich auf und schnappte nach Luft.

      »Du hast jetzt nicht … mir zwischen die Beine gestarrt?«, fragte sie beinahe schon entsetzt.

      »Sie darf nicht erfahren, wer du bist!«, mahnte ich ihn und er sprang auf, um ihr das Buch aus den Händen zu stoßen. Es fiel auf den Boden und blätterte durch den Aufprall an genau der Stelle auf … wo Alvar und ich zusammen abgebildet waren. Über meinem Kopfe prangte die Schrift Odins Feind und Verursacher des Ragnarök (Weltuntergang).

      Bei Thors Hammer! Ich war nie Odins Feind gewesen und das Ragnarök war eher eine Begleiterscheinung, denn geplant!

      Natürlich trat sie neugierig näher, als Alvar grollte. Schon wanderte ihr Blick über seine steifen Schultern und sie las vor. »Loki, Verursacher des Ragnarök mit Alvar dem

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