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Impressum neobooks

      Vorwort

      Das Veilchen ist eine Literaturzeitschrift für alle, die gerne lesen und schreiben. Es publiziert im Drei-Monats-Rhythmus Kurzprosa, Lyrik, Rezensionen und Ausschreibungen von Wettbewerben. Die Zeitschrift hat sich spezialisiert auf die weniger bekannte Literatur, auf Erstlingswerke und Selbstverleger, und möchte so bisher unentdeckte Literaten fördern. Sie finden das Veilchen im Internet unter www.geschichten-manufaktur.de (Webseite) und http://veilchen.forumprofi.de (Forum).

      In den letzten (bzw. ersten) 14 Jahren sind im Veilchen viele wunderbare Kunstwerke erschienen. Diese Anthologie enthält die 50 besten lustigen, traurigen, gruseligen und philosophischen Texte aus dem Veilchen von der ersten Ausgabe im Januar 2003 bis zur 58sten im Juli 2017. Die Texte sind thematisch sortiert und innerhalb der Rubriken chronologisch. Darunter steht die jeweilige Veilchen-Ausgabe. Die Biographien der Autor/innen finden Sie am Ende des Buchs.

      In einem ersten Band sind bereits die schönsten lyrischen und poetischen Beiträge aus demselben Zeitraum erschienen. Die ISBN der gedruckten Veilchen-Anthologie lautet 978-3-746792-18-7. Sie erhalten sie bei allen Buchhändlern.

      Viel Spaß beim Lesen!

      Andrea Herrmann

      Veilchen-Redaktion, 2019

      Anfänger imitieren

      Anfänger imitieren. Heute schreiben sie ein Heine-Gedicht, morgen eine Hemingway-Geschichte oder vielleicht einen Stephen King-Roman. Ideen werden adaptiert, technische Kniffe nachgeahmt. Was laut Goethe nicht verkehrt ist: „Willst ins Unendliche du schreiten, dann taste dich nur im Endlichen nach allen Seiten.“

      Ob man noch auf dem Boden des Bewährten herumstolpert oder sich schon in die Lüfte des Genialen emporgeschwungen hat, bemerkt man spätestens dann, wenn man versucht, in einem Anschreiben einem Lektor zu erklären, was das Besondere an eben diesem Kunstwerk ist.

      Die Frage, ob man denn wirklich etwas vollständig Neues erdenken kann, muss man eventuell verneinen. Aber man könnte etwas Persönliches schaffen, etwas, das ein eigenes Anliegen und ganz konkrete Lebenserfahrung kommuniziert. Keine imitierte Ming-Vase vom Fließband, sondern ein gefülltes Gefäß, an dem ruhig noch die Fingerabdrücke des Künstlers sichtbar sein dürfen.

      Leibnitz schrieb: „Der Mensch ist frei zu tun, was er will. Aber er ist nicht frei, alles zu wollen.“ Leider stimmt das. Es ist nicht leicht, sich von den mühsam gelernten Regeln und geliebten Vorbildern zu trennen und etwas Eigenes zu entwickeln. Was ich aber unbedingt wollte. Mit einer Sinnkrise allein – Wer bin ich? Was will ich? Was kann ich, was sonst niemand kann? – war es nicht getan. Irgendetwas von dem Gelernten muss man wohl zerbrechen und abwerfen, und irgendjemand wird einen scharf dafür kritisieren. Nur stromlinienförmige Kunst löst keine Verwirbelungen aus und erlebt den minimalen Widerstand.

      Vor allem zwei Fantasy-Romane haben mir bei meiner Befreiung geholfen: „Es kamen drei Damen im Abendrot“ (The Innkeeper´s Song) von Peter Beagle und „Dämonentränen“ von Peter Lancester. Die drei Damen parodieren, wie ich später herausfand, „A Song of Homana“ aus der Cheysuli-Saga von Jennifer Roberson. Alles, was jenes Buch schwer zu lesen macht, hat Beagle schamlos übertrieben: Jedes Kapitel wird in der ersten Person aus der Perspektive einer anderen Figur erzählt. Der Soldat ist eigentlich ein verwandelter Fuchs und denkt entsprechend tierisch. Die Nonne ist ein Mönch, das blasse Mädchen eine halblebendige Wasserleiche. Immer wieder driftet die ohnehin unwirklich erscheinende Geschichte in abstruse Zauberwelten ab. Nicht dass ich so schreiben möchte. Doch die Erkenntnis, dass ein Buch, das so viele Regeln der Schreibkunst bricht, nicht nur lesbar sein, sondern auch außergewöhnlich fesseln kann, verblüffte mich und schubste mich, ebenfalls zu experimentieren. Das Ergebnis war ein Märchen, das in der Literaturgruppe zu einer Spaltung führte in die Fraktionen „Kann ich nichts damit anfangen“ und „Total genial“. Ein vielversprechender Anfang also.

      Mein Zusammen- und Aufbruch geschah in einer Nacht, in der ich in meiner Küche auf einem Stuhl bis morgens um drei Uhr den gesamten dritten Band „Dämonentränen“ der Anderwelt-Saga von Peter Lancester verschlang. Er handelt von der Dämonin Mona, die verzweifelt versucht, ihrem Liebsten zuliebe ein Mensch zu werden. Als sie immer mehr in die Enge gedrängt wird von Verfolgern, die ihr Geheimnis kennen, brechen unter ihrer Haut zum ersten Mal seit zwanzig Jahren die Flügel hervor. Leider wird sie trotz ihrer magischen Kräfte am Ende gefangen, doch zum Glück gibt es – hoffentlich bald! – den nächsten Band. Monas Kampf mit dem Bösen in sich selbst und gegen das Böse in der Welt wirft ein neues Licht sowohl auf uralte Sagen als auch auf Krankheiten wie Magersucht und selbstverletzendes Verhalten und verknüpft diese Welten. Die archetypische Symbolsprache der Geschichte gräbt nach den Wurzeln und dem, was hinter dem Schein steckt. Trotz seiner Brutalität hat es therapeutische Qualitäten. In den wenigen verbleibenden Nachtstunden träumte ich wildes Zeug, das sich auch in Tagträumen fortsetzte. Wenige Monate später begann ich mit einer Fantasy-Trilogie, in der ich Ideen der romantischen Phantastik in moderne Fantasy konsequent umsetze. Das hat noch niemand über tausend Seiten durchgehalten, doch es funktioniert besser als erwartet. Das Neue und Besondere ist aber, dass in diesem Roman über den Kampf zwischen Gut und Böse meine Lebenserfahrung so einfließt, wie ich das immer wollte, ohne dass es mir selbst ganz klar war. Die Geschichte schien seit Langem in mir geschlummert zu haben und wächst nun unter meinen Händen. Tausend Seiten sind nötig, um die üblichen Klischees von einer klaren Trennung zwischen Gut und Böse, und den Mythos vom weltweiten Entscheidungskampf und letzten Gericht aufzulösen, durch eine differenzierte Sichtweise zu ersetzen und andere, leider schwierigere Lösungen anzubieten. Mehr wird noch nicht verraten, aber bis Ende 2007 werden die drei Bücher voraussichtlich fertig.

       Veilchen im Juli 2007, Ausgabe 18

       Andrea Herrmann

      Historisches über das Veilchen

      Da das Veilchen in der Romantik ein beliebtes Blümchen war, verwundert es nicht, dass unsere Zeitschrift dort Vorgänger hat. Nora Zorn hat hierzu recherchiert. Das geduckte, dezent gekleidete, aber doch hübsche Blümchen galt den Romantikern als ein Symbol für die Tugenden Bescheidenheit, Demut und Zurückhaltung, die ja für SchriftstellerInnen gar nicht verkehrt sind. Diese Symbolik motivierte auch die Namenswahl unserer Zeitschrift. Das Ziel bestand von Anfang an darin, unbekannte Literatur zu fördern, die zu Unrecht wie das hübsche Veilchen von größeren, auffälligeren Pflanzen überschattet wird. Die Zeitschrift selbst muss auch nicht unbedingt wie ein Rosenbusch in der Mitte des repräsentativen Rasens eines Bestsellerschlosses stehen oder wie der Goldregen die Herrschaft über den Literaturpark an sich reißen, sondern darf ruhig beständig bescheiden bleiben.

      Drei historische Vorgänger unseres „Veilchens“ lassen sich finden. Zunächst gab es ein Gedicht mit dem Titel „Das Veilchen“ von Goethe, das auch von Mozart vertont wurde. Hierbei handelt es sich um eine ungleiche Liebesgeschichte: Das Veilchen verliebt sich in eine junge Schäferin und träumt davon, von ihr an den Busen gedrückt zu werden. Die Holde jedoch übersieht die kleine Blume und zertritt sie, ohne es zu bemerken.

      Man erzählt die Anekdote, Goethe habe in seinen Rocktaschen Veilchensamen getragen und ihn in Weimar verstreut, um die Welt zu verschönern.

      Zum Zweiten gab es eine Zeitschrift „Das Veilchen“, die aus dem „Kreis der Empfindsamen“ hervor ging. Dieser Kreis, der sich 1771 um die Landgräfin Caroline von Hessen-Darmstadt (1721-1774) geschart hatte, gab eine Zeit lang dieses Heftchen heraus, mit eigenen Gedichten der Gruppe. Landgräfin Caroline galt als eine der geistreichsten Frauen des Rokokos und der Aufklärung, Wieland nannte sie die „Königin von Europa“, Goethe und Herder sprachen von der „Großen Landgräfin“.

      Zum

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