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      "Ich werde jetzt bei den hohen Geistern des Himmels für dich bitten."

      Sie nahm ihren Bruder bei der Hand und machte sich mit ihm auf einen weiten Weg. Es ging über große Felder dahin, und es schien ihm, als wollte dieser Weg nie enden, denn es war eine Einöde, die sie miteinander durchschritten. Sie tröstete ihn:

      "Es wird schon anders werden, du wirst dich wohl freuen dürfen, aber was wir jetzt Schritt für Schritt zurücklegen, das sind deine Fehltritte im Leben, Schritte, die fruchtlos gewesen sind. Du hattest wohl einen Glauben, aber er war nicht so stark, dass er dich zu irgendwelchen guten Werken führte, oder dass er dich zum Einsehen zu einem besseren Leben gebracht hätte. Es ist schade, dass dein Glaube nicht stärker gewesen ist. Und an Christus hast du auch nicht ernsthaft geglaubt. Du hast wohl die christlichen Festtage mit gefeiert, doch ohne nach Christus zu fragen, und so wirst du nun in dieser Welt über alle diese Glaubensdinge unterrichtet werden müssen."

      So gingen sie gemeinsam den langen, öden Weg bis sie zu einem Zelt kamen, das da einsam auf dem trostlosen Felde stand. Hier sagte die Schwester zu ihm:

      "Wir treten hier gemeinsam ein, denn die hohen Geister des Himmels sind in deine Nähe herabgestiegen, um über dich zu richten, denn wir können mit dir nicht zu jenen Höhen emporsteigen, wo sie wohnen, doch sie haben jetzt ihr Zelt da aufgeschlagen, sie sind dir ein großes Stück entgegen gekommen in die Welt, in der du künftig leben musst."

      Der Bruder hörte seiner Schwester angstvoll zu. Er zögerte mit dem Eintreten und bat sie, sie möchte doch veranlassen, dass dieses Gericht etwas hinausgeschoben werde. Er sagte, es müsse doch die Möglichkeit bestehen, dass er in dieser neuen Welt zuerst dies und jenes gutmachen könnte, um nicht so schuldbeladen vor die hohen himmlischen Richter hintreten zu müssen. Sie solle doch mit ihm beten, um auf diese Weise seinen Zustand noch etwas zu verbessern. Doch musste ihm seine Schwester sagen:

      "Jetzt ist es reichlich spät dazu. Zu dieser Erkenntnis hättest du in deinem Leben kommen müssen. Wir können hier nicht warten, denn die Richterengel sind längst bereit, dich zu empfangen, und ich muss mich an das Gesetz und die Weisungen halten. Also muss ich dich jetzt den Richterengeln vorführen. Aber du sollst dich nicht ängstigen, ich bin bei dir."

      Dies sagte sie ihm tröstend. Er brauche sich nicht zu ängstigen, und sie fügte hinzu, es würde ganz bestimmt nicht so schlimm werden, wie er glaubte. Denn seine Angst war überaus groß, so dass er noch verschiedentlich darum gebeten hatte, die Schwester möge doch noch etwas zuwarten, er wolle zuvor noch beten und sie solle ihn noch unterrichten, was er zu antworten hätte. Aber sie konnte ihm nicht weiter entgegenkommen und sprach:

      "Lieber Bruder, ängstige dich nicht weiter. Du siehst ja, ich bin ein Engel des Himmels geworden, und ich werde nun für dich einstehen als deine Fürbitterin." Damit nahm sie den Bruder an der Hand und betrat mit ihm einen sehr einfachen Raum in diesem aufgeschlagenen Zelt, das halb wie ein Haus aussah. Einige Sitze waren vorhanden, gerade so viele, das jeder Platz fand. Und hier saßen die drei Engel Gottes. Es schien fast so, als hätten sie die Eintretenden gar nicht beachtet, denn sie unterhielten sich miteinander. Da aber trat das Engelwesen, die Schwester, vor die drei hohen Geschwister hin und sagte:

      "Ich bin da und habe meinen einstigen leiblichen Bruder mitgebracht."

      Sie stellte sich vor und sagte:

      "Ich bin seine Fürbitterin."

      Da nun seine Schwester hinter ihn getreten war und die Hände schützend auf seine Schultern hielt, bekam der Bruder ein etwas sicheres Gefühl. Ein Engel Gottes fragte sie:

      "Wollt ihr euch nicht setzen?"

      Doch der Fürbitteengel antwortete:

      "Noch eine Weile wollen wir warten und uns dann setzen."

      Denn dieses Engelwesen spürte, wie ihr Bruder zitterte, und dass sie ihn besser schützen konnte, wenn sie vor den drei Richterengeln aufrecht standen. Da sprach einer von diesen:

      "So wollen auch wir uns erheben, wenn ihr vor uns zu stehen begehrt. Und einer ergriff das Wort und fragte, den Heimgekehrten:

      "Was bringst du uns in die Ewigkeit?"

      Er staunte über diese Frage und hatte keine Antwort dafür, er wusste nichts zu sagen und blickte hilfesuchend nach seiner Schwester. Aber schon sprach sie: '''Ja, mein Bruder hat im besonderen nichts mitgebracht, aber er ist guten Willens, wodurch er alles nachholen und gutmachen wird, was er in seinem irdischen Leben vernachlässigt hat. Ich werde für ihn einstehen und führen, dass es geschehen wird."

      Darauf entgegnete ein Richterengel:

      "Es ist lobenswert, was du vorhast hohe Schwester. Aber du weißt, dass man üblicherweise etwas Wertvolles von der irdischen Welt mitbringt. Wir freuen uns stets, wenn man uns in der Weise überrascht, denn auch die irdische Welt bringt geistigen Reichtum hervor, und davon möchten wir gerne etwas sehen. Es ist doch üblich so, dass man nach längerer Abwesenheit seinen Angehörigen ein Geschenk mitbringt, das sie erfreut. Wir wissen, dass es unter den Menschen so üblich ist, und bei uns in der Geisteswelt ist es auch üblich, dass man nach einer so langen Abwesenheit uns etwas Wertvolles mitbringt."

      Zögernd fragte darauf der Heimgekehrte:

      "Was ist es denn, was ich euch hätte bringen sollen?"

      Und der Engel erwiderte:

      "Die guten Werke! Hast du nichts von den guten Werken gehört, die man im menschlichen Leben verrichten muss, um das Himmelreich zu gewinnen?

      Weißt du nichts davon?"

      Und schon gab die hohe Schwester zur Antwort:

      ''Doch, er weiß es wohl, aber er hat damit gerechnet, dass ihm noch Zeit dafür bliebe, dass er das Versäumte noch nachholen könnte, er hat nicht mit dem plötzlichen Tod gerechnet. Erst mit der Reife kommt der Mensch zur Erkenntnis, was man für den Himmel tun muss. So war es auch bei meinem Bruder, und deshalb, liebe Geschwister, bitte ich euch, nachsichtig zu sein und Rücksicht zu nehmen auf ihn, denn er ist unerwartet frühzeitig und unverhofft von seiner Welt geschieden."

      Auf diese Worte nickten sich die drei Engel Gottes wohlwollend lächelnd zu. Sie wussten, dass diese Schwester noch so viele gute Worte zur Verteidigung ihres leiblichen Bruders vorzubringen hätte, und sie sprachen mit einander übereinstimmend:

      "Du sprichst schön und gut über deinen Bruder, aber du weißt doch:

      Was im Erdenleben vernachlässigt worden ist, muss, soweit es möglich ist, in der Gotteswelt nachgeholt werden. Wie stellst du dir das vor, wie könnten wir einen solchen Bruder in unsere Reihen aufnehmen, der nichts von guten Werken weiß?"

      Doch die hohe Schwester fiel ihnen gleich wieder ins Wort:

      "Ich werde es ihm beibringen, was gute Werke sind, ich werde ihn durch solche führen. Ich versichere euch, dass er sie tun wird, dass er, was er im menschlichen Leben versäumt hat, hier mit seinem guten Willen nachholen wird."

      So wurde lange hin und her geredet, und der Bruder wurde allmählich doch etwas ruhiger. Er hatte nicht mehr solche Angst und hörte auf zu zittern. Denn jetzt spürte er die einflussreiche Stellung seiner Schwester, und er sah auch, wie diese drei gestrengen Engel liebenswürdig wurden und sich zulächelten, als wollten sie sagen:

      "Wir können doch gegen die Einwände dieser Schwester nichts vorbringen." Dann sagte einer:

      "Ist es nicht besser, wir setzen uns gleich alle zusammen, um über seine Zukunft und seinen guten Willen zu reden?"

      Der Bruder und die gute Schwester waren schnell dabei. Jetzt brauchte sie ihre Hände nicht mehr schützend auf seine Schultern zu legen, jetzt konnte man erleichtert über seine Zukunft sprechen. Die hohe Schwester hatte dann von der Zukunft gesprochen, dass sie bereit sei, ihren Bruder zu unterrichten, ihn durch die Läuterung zu führen und zu dem zu machen, was eigentlich von ihm verlangt würde. Sie wollte also die Führung ihres Bruders übernehmen. Doch einer der drei Richterengel wandte ein:

      "Liebe Schwester, deine Aufgaben sind schon so vielseitig, und wir glauben, dass

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