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fertig und dann schau ich mal nach dem Rechten … Mir schmeckt das ganz und gar nicht, ihn so lange unbeaufsichtigt zu lassen … Schließlich werden wir dafür auch nicht bezahlt, dass wir den Boss allein …«

      »Verdammt«, unterbrach Gilyard ihn. »Du bist wirklich viel zu gewissenhaft. Was sollte denn schon passieren?«

      »Dennoch.« Nach sechs weiteren Zügen hatte er genug von seinem Glimmstängel. Er klemmte ihn zwischen Daumen und Mittelfinger und schnippte ihn dann bis zur Hauswand. »Komm, Clarence! Wir lüften mal ein bisschen unseren Hintern aus!«, meinte er auffordernd und verließ den weißen Rolls Royce.

      *

      Sie erreichten die offenstehende Wohnungstür.

      Ironside warf Gilyard einen erschrockenen Blick zu. »Na, was sagst du jetzt?«

      »Was soll ich sagen?«

      »Gefällt dir das?«

      »Die offene Tür?«

      »Ja.«

      »Ist das denn so 'ne Sensation? Er hat halt vergessen sie zuzuziehen.«

      Ironside winkte ärgerlich ab. Seine Hand fuhr instinktiv ins Jackett. Er zog seine fünfzehnschüssige ›Striker APX‹ von ›Beretta‹, entsicherte sie und betrat gleich darauf mit zusammengekniffenen Augen die Wohnung. »Ich habe 'ne Nase für Sachen, die stinken, sag' ich dir, Clarence. Und hier drinnen stinkt es ganz gewaltig!«

      »Mr. Buchanan!«, rief Gilyard, nun selbst unsicher.

      »Rufen hat keinen Zweck!«, zischte Lance Ironside und stürmte los.

      *

      Augenblicke später stand er im Wohnzimmer. Geräuschvoll entwich die Luft durch seine weit geblähten Nasenlöcher. Mit eingefrorenen Gesichtszügen starrte er auf Zachary Buchanan, der zu seinen Füßen lag, und dann ließ er seinen Blick zu dessen Freundin Ye-Jin Lyang weitergleiten.

      Gilyard stöhnte hinter ihm laut auf. »Ach, du Scheiße!«, entfuhr es ihm ungeschönt.

      »Was habe ich dir gesagt«, murmelte Ironside.

      »Wir müssen sofort Scotland Yard verständigen!«, stieß Gilyard aufgeregt hervor.

      Sein Kollege nickte. »Nimm am besten dein Smartphone. Wir sollten keine möglichen Fingerabdrücke verwischen.«

      ***

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      Kapitel 4

      Clairé Beauvais stand mit einem Drink an der Panoramascheibe ihres ›Penthouses‹ im Stadtteil ›Bromley‹, in der ›Shire Lane‹, und schaute auf den ›High Elms Country Park‹ hinunter. Die Eiswürfel in ihrem Glas schmolzen allmählich dahin. Warten, dachte sie. Es gibt nichts Schlimmeres als das. Die berauschend schöne Frau leerte ihr Glas und verließ ihren Platz am Fenster. Ihre unergründlichen kohlefarbenen Augen fielen auf ihr Smartphone. Nur wenige kannten ihre spezielle Rufnummer, um die sich ein kleines Geheimnis rankte, was sie als Escort kostbar und teuer werden ließ. Schon von Anfang an hatte sie darauf geachtet sorgfältig auszuwählen und darauf zu achten, wem sie die Nummer gab. Männer wie Min-Ho Choung waren gewöhnlich nicht darunter. Zumeist waren es Industriemanager, denen sie mit allen erlaubten und unerlaubten Tricks jene Würmer aus der Nase zu ziehen hatte, die Leonard Edwards interessierten. Wie hätte sie das besser bewerkstelligt können als in diesem unauffälligen Rahmen. Sie stellte ihr Glas weg.

      Obwohl die Klimaanlage für eine konstante Temperatur im Raum sorgte, kam es Clairé ziemlich schwül vor. Sie schälte sich hastig aus ihren Kleidern und lief mit nackten Füßen ins Bad, um zu duschen. Bevor sie ihre prächtige Haarfülle unter die Badehaube schob, betrachtete sie sich wohlgefällig im Spiegel.

      Sie hatte einen makellosen Körper – jung, geschmeidig, schlank, mit einem herrlichen Busen, einer aufregend engen Taille, schwellenden Hüften und vollendet geformten Beinen.

      Rasch drehte sie an den Hähnen. Dann genoss sie die nadelfeinen Strahlen der Brause, die wohltuend auf ihre weiche, samtene Haut trafen. Hinterher fühlte Clairé sich wie neu geboren. Nackt wie sie war verließ sie das Bad, um ins Schlafzimmer zu huschen, als ihr Smartphone im Salon anschlug. Im Vorbeigehen fischte sie ein Badehandtuch vom Haken, und während sie das Gespräch annahm, begann sie die glitzernden Wasserperlen von ihrer nahtlos braunen Haut zu frottieren.

      Leonard Edwards war der Anrufer. »Choung ist da!« sagte er bitter.

      Clairé spürte sofort, dass etwas Schreckliches passiert war. Sie hatte eine ausgezeichnete Antenne für Unausgesprochenes im Subtext.

      »Er hat bereits einen ersten Mord verübt«, fügte ›Fatso‹ wütend hinzu.

      »Wen?«

      »Eine junge Landsmännin … Ye-Jin Lyang … eine hochqualifizierte Genossin ... Parteischule ... wurde zur Agentin ausgebildet, bei uns eingeschleust und auf einen Mann namens Zachary Buchanan angesetzt ...«

      »Buchanan … Militärtechnik, nicht wahr?!«, fiel Clairé Edwards ins Wort.

      »Sehr richtig, Miss Beauvais. Ye-Jin Lyang hatte den Auftrag, sich an den jungen Buchanan heranzumachen und ihn laufend zu bespitzeln. Aber gegen die Liebe haben auch die in Ostasien auch noch kein Kraut gewachsen.«

      »Ye-Jin hat sich in Buchanan verliebt?«, fragte Clairé erstaunt nach.

      »Ja. Und Buchanan hat an dem hübschen Mädchen ebenfalls Feuer gefangen. Die beiden wurden zu einem unzertrennlichen Paar. Buchanan wollte Lyang im nächsten Monat einen Heiratsantrag machen. Soviel wir herausbekamen, ließ Ye-Jin ihre Auftraggeber wissen, dass sie das schmutzige Spiel mit ihm nicht mehr weiterspielen wollte. Sie sagte, sie würde aussteigen.« Edwards seufzte. »Aussteigen, … als ob das bei denen so leicht ginge.«

      »Das geht nirgendwo leicht.«

      »Jedenfalls ein armes Ding. Sie hätte sich an uns wenden sollen. Vielleicht hätten wir ihr dieses Schicksal ersparen können.«

      »Wie kommen Sie darauf, dass es dieser Choung getan hat?«, wollte Clairé wissen.

      »Buchanans Leibwächter haben Choung aus dem Haus kommen gesehen, in dem Ye-Jin Lyang ermordet wurde.« Edwards schilderte ihr nun in allen Einzelheiten, was er von der zuständigen Polizeidienststelle erfahren hatte. »Sieht so aus, als hätte Zachary Buchanan einen schweren Schock erlitten«, fuhr ›Fatso‹ dann fort. »Der Junge ist an Leib und Seele gebrochen. Er soll kaum ansprechbar sein, döst vor sich hin, redet wirres Zeug, brüllt und tobt zeitweilig. Kann sein, dass er eine Menge Dummheiten anstellt, wenn er wieder einigermaßen klarsieht. Er soll ein gefährlicher Hitzkopf sein, heißt es. Solche Menschen sind unberechenbar, wenn sie vom Schicksal einen ordentlichen Tritt unter die Gürtellinie bekommen haben. Manchmal macht die eiskalte Wut sie blind, und sie laufen Amok. Dann werden sie sogar für sich selbst zur Gefahr.«

      »Wer bearbeitet den Mord an Ye-Jin Lyang?« fragte Clairé. Sie war inzwischen trocken und warf das Handtuch über ihre wohlgerundeten nackten Schultern.

      »Chief Inspector Judd von der zuständigen Mordkommission im Yard«, antwortete Edwards.

      »Ein fähiger Mann?«

      »Einer, der sich so richtig in einen Fall verbeißt. Zäh wie Leder und hart wie ›Sheffield‹-Stahl. Er hat sofort eine Großfahndung angekurbelt. Ich wollte ihm in seine Arbeit nicht dreinreden, aber mit einer Großfahndung wird er Min-Ho Choung ganz sicher nicht erwischen.«

      »Apropos Choung«, hakte Clairé nach. »Sie wollten ihm meine Telefonnummer zuspielen.«

      »Die Sache läuft, Miss Beauvais. Die Angeln sind bereits ausgeworfen. Jetzt heißt es, darauf zu warten, bis Choung nach dem Köder schnappt.«

      »Wie schätzen Sie die Chancen ein?«

      »Das weiß kein Mensch. Sollte er sich in den nächsten vierundzwanzig

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