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aber hat gut recherchiert und vermittelt dennoch allgemeinverständlich und unpathetisch, was alles passieren kann, wenn einen das Geschick im Fall des Falles in einen atombombensicheren Schutzbunker der Bundeswehr entkommen läßt. Diese (noch) fiktiven Erlebnisse werden aus der Sicht des fünfzehnjährigen Frank geschildert, denn die anderen sehen es ja nicht. Frank kann die Erwachsenen zwar hören, aber nicht verstehen. Zum Beispiel seine Eltern, die mögen sich doch, warum streiten die nur immer? Oder die Soldaten im Bunker, warum können die nicht wenigstens jetzt vernünftig miteinander reden, wo doch oben vermutlich alles unter Schutt und Asche liegt? Immerhin – Frank ist wach genug, Gefühle zu zeigen, nach Gefühlen zu fragen, überhaupt zu fragen. Eine Geschichte, die ich erst nach der letzten gelesenen Seite weglegen konnte, ein Buch, das gerade nach Tschernobyl nicht einfach verdrängt werden sollte. Hermann Ermer: Null-Lösung. KKZR Verlag, Berlin 1985. Vorwort: Prof. Dr. Helmut Erlinghagen. 132 Seiten. 21,80 DM. ISBN: 3-924261-12-1 Vö.: zitty 2/1986; taz vom 2.8.1986

      Meinicke, Michael: Revolution der Einsamkeit

      Bill Wyman Nr. 2, der Nachnamen und Nummer je nach Situation wechselt, versäuft seine Liebe zu einer Frau, die so zielbewußt scheint, wie Bill entschlußlos ist. Bill, in seinen Wachträumen ständig zwischen Kreuzberg und Samothraki on the road, hält sich am Ende des Buches vom Alkohol geschlagen am Schreibtisch fest, während „sie“ als mutmaßliche Terroristin auf der Autobahn gestellt und in „Notwehr“ erschossen wird.

      Eine Collage vieler Wahrnehmungen, die präzise beobachtet. und, bei aller Tristesse des Themas, oft schnoddrig-witzig geschildert sind. Mir wurde hierbei das Gefühl vermittelt, etwas von der Gleichzeitigkeit des Erlebens nachlesen zu können. Eine Hand hält das leere Glas, die Augen sehen zur Tür, der Mund spricht eine Bestellung, der Kopf ... ja der träumt oder denkt gerade an „sie“ oder Kreuzberg oder Samothraki. Sie, d.i. die Summe eines Frauenbildes, kommt persönlich zu Wort. Er könne nicht wie eine Frau fühlen und denken, also setzte Michael Meinicke mit Erlaubnis ihm befreundeter Frauen Briefe oder Zitate von diesen nahezu wörtlich in den Text um.

      Dieses Buch ist nicht für lange, graue Novemberabende geschrieben, zuoft mußte ich innehalten, es zur Seite legen, es bedenken. Absätze grenzen oft nur 3, 2 oder halbe Seiten ein, und jeder Abschnitt ist durchgearbeitet, auf das Wesentliche verdichtet. Aber für Michael Meinicke zielt das Wesentliche auf den Sieg der Einsamkeit, was der heutige Zeitgeist mit „no future“ zu fassen sucht.

      Dennoch, die gut gesetzten Zitate (der Frauen, aber auch von Fichte, Aristoteles, Berlins Innensenator Lummer u.a.) geben dem Leser genügend Hinweise, auch auf ganz andere Gedanken zu kommen. Die Illustrationen von Helmut Zielke nehmen das Widersprüchliche und Collagenhafte des Textes gekonnt auf und geben auch Markierungspunkte für die fehlenden Kapitelzeichen oder Überschriften, die das Lesen etwas leichter gemacht hätten.

      Für Leute mit Geduld und Lust an Szene-Beschreibungen ist das handlich, gut verarbeitete Buch aber durchaus tragbar.

      Michael Meinicke: Revolution der Einsamkeit. Roman. KKZR Verlag, Berlin 1985. 175 Seiten. ISBN: 3-924261-11-3

      Vö.: zitty 22/1985; taz vom 30.7.1986

      1985 – SACHBUCH

      Name, Vorname | Titel | JahrHansen, Hartwig: U-Bahn. Ein Lesebuch >1985 SB Ruppel, Helmut: Träumen – Klagen >1985 SB

      Hansen, Hartwig (Hrsg.): U-Bahn - Ein Lesebuch

      Zwei Verlage haben eine Idee. Gerade noch rechtzeitig erfahren sie voneinander und tun sich daraufhin zusammen. Das hat mehrere Vorteile. „U-Bahn – Ein Lesebuch“ ist ohne herausragende Beiträge, da erzählerische und dokumentarische Texte sowie illustrierende und sich selbst beschreibende Fotos, Graphiken und Cartoons von gleichbleibend guter Qualität ausgewählt worden sind. Zitate von W.S. Burroughs und Peter Paul Zahl fügen sich in die Impressionen jüngerer AutorInnen ein und untersuchen von allen möglichen Seiten dieses Verkehrsmittel, das seit über 100 Jahren schon Millionen über Millionen von Menschen bewegt hat und in heutiger Zeit als eine der Alternativen zum Auto gepriesen wird.

      Jeder kommt zu Wort (oder zu Bild), ob sachlich berichtend, subjektiv schildernd (Kontrolleure im Beruf vs. Schwarzfahrer aus Berufung), still leidend (Klaustrophoben) oder art-ige „Kunstblicke aus New York“ genießend, und, und, und ...

      Da wechselt sich Trostloses mit Tröstlichem und Tragisches mit ausgesprochen Witzigem ab. Das liest sich sehr kurzweilig, da jeder Text gut verdichtet ist, ohne ins Unverständliche abstrahiert zu sein und die Bilder pointiert gesetzt sind. Die Artikel sind mit dicken Überschriften gegliedert und ohne Längen, so daß auch Kurzstreckenfahrer der U-Bahn wenigstens einen zu Ende lesen können.

      Das U-Bahn-Lesebuch der Verlage STATTBUCH und GERALD LEUE, beide in Berlin ansässig, ist also die Alternative zu dem großen Blatt mit dem Blutfleck in der linken Ecke und außerdem um mehr als die Hälfte billiger als eine Schwarzfahrt.

      Hartwig Hansen (Hrsg.): U-Bahn - Ein Lesebuch. Jeweils 143 Seiten, 16,80 DM.

      Stattbuch Verlag, Berlin 1985. ISBN: 3-922778-09-7

      Gerald Leue Verlag, Berlin 1985. ISBN: 3-923421-40-0

Vö.: zitty 26/1985; taz vom 15.5.1986

      Ruppel, Helmut: Träumen - Klagen

      Leute, die ihn Berlin früher zwischen 5.55h und 9.55h SFB 2 hörten, werden seine Stimme kennen. Ob sie allerdings um diese Zeit die Muße hatten, seinen Ausführungen zu folgen, ist eine andere Frage. Dazu kommt, daß Helmut Ruppel in einer Sprache spricht, die alternativen Trendsettern Bauchschmerzen bereiten muß, denn Helmut Ruppel ist Kirchenmann, ein „Evangele“ oder besser, ein Protestant. Seine Sprache entspricht dieser Herkunft, und er ist selbstbewußt genug, sich nicht im momentanen Jargon Jugendlicher anbiedern zu wollen. Er spricht eine deutliche Sprache ohne drastisch sein zu müssen. Dennoch (oder gerade deswegen) werden auch manche „christliche Mitbrüder und -schwestern“ zwar die Form billigen, aber sich über die Inhalte mokieren. Helmut Ruppel sitzt also zwischen allen Stühlen, wenn auch weniger spektakulär, als mancher Fernsehredakteur – allerdings auch (noch) mit geringerem Risiko als seine Vorbilder aus dem Alten und Neuen Testament. „Träumen und Klagen“ heißt für ihn, auf das Versagen von uns, insbesondere der christlichen Kirche, im sogenannten „III. Reich“ damals oder in der genauso gnadenlosen Bürokratie heute (z.B. Asylpraxis) hinzuweisen. Aber keines der 64 „Worte zum Tage“, das nicht auch noch ein Träumen offenließe. Märchen und Parabeln, Briefe und Predigten, Psalmen und rabbinischer Witz machen nachdenklich, ohne einen je ins Sentimentale abgleiten zu lassen. „Darf ich Sie einladen, einige Schritte mit mir zu gehen? Es ist nicht weit ...Einige Schritte in dieser Stadt, einige Schritte in die Vergangenheit, vielleicht sogar einige Schritte in die Zukunft ...“ Ein Langzeitlesebuch ... für so manchen mal was ganz Anderes. Helmut Ruppel: Träumen – Klagen. Worte zum Tage. Neukirchener Verlag, Neukirch-Fluyn 1985. 189 Seiten. ISBN 3-7887-0763-1 Vö.: Berliner Sonntagsblatt vom 3.3.1986; zitty 7/1986

      1985 – SCIENCE-FICTION

      Name, Vorname | Titel | JahrAldiss, Brian W.: Helliconia 1-3 >1985 SF

      Aldiss, Brian W.: Helliconia: Frühling - Sommer - Winter

      „Was wäre, wenn ...“

      Der Heyne Verlag gibt der Literaturgattung, die dieser Fragestellung nachgeht, schon seit 5 Jahren ein gediegenes Gewand. Die „BIBLIOTHEK DER SCIENCE FICTION LITERATUR“ versammelt in sich einen repräsentativen Querschnitt, und mag manchen, der diesem Genre bis dahin skeptisch und spöttisch gegenüberstand, zu einem glühenden Liebhaber utopischer Romane werden lassen. Die Bände 50 bis 52 sind Brian W. Aldiss gewidmet.

      Die

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