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uns erklärte, ist es seit kurzem ‚out‘, das Melkzeug zu beschweren, da dadurch das Euter gestresst wird, man es zu trocken melkt und die Kuh leicht mit einer Euterentzündung reagiert. Also verzichteten wir auf diese ‚Zusatzmilch‘ und zogen die Gesundheit der Kühe vor.

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      Doch merkten wir bald, dass die Maschine nicht immer regelmäßig lief. Irgendwie lief sie bisweilen langsamer, tat sich schwer. Ich sprach mit Jacques darüber, der Elektriker ist. Bisweilen kamen nur knappe 180 Volt bei uns an! Als die vom E-Werk kamen, um den Zähler abzulesen, sprach ich davon. Diese schickten jemanden, der zum Transformator fuhr, der im nächsten Tal stand. Sie meinten, die Entfernung zum Trafo sei zu weit, der müsste näher beim Haus stehen, da die Leitung für 220 Volt zu lang ist. Doch hatten sie bemerkt, dass alle Häuser unseres Weilers auf den zwei gleichen Strippen hingen. Sie setzten also auch die anderen Leitungen unter Strom und schlossen uns so an, dass wir alleine auf einer Zuleitung hingen und das, was die Nachbarn verbrauchten, über einen anderen Draht ging. Auch schickten sie eine Mannschaft vorbei, um die Linie frei zu schneiden, denn bei Sturm berührten oft Äste die Drähte, und der Strom ging kurzzeitig weg oder fiel bald ganz aus.

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      Durch unsere Arbeit auf einem Bio-Hof und unsere späteren Erfahrungen hatten wir gedacht, schon einiges zu wissen. Doch langsam wurde uns bewusst, dass Landwirtschaft ein Lehrbuch mit endloser Seitenzahl ist! Eigentlich ist jeder Tag ein neues Kapitel, das sowohl Repetition als auch Neulernen beinhaltet. Das ist wie mit einem Teleskop in das Weltall schauen: Je weiter man blickt, umso mehr eröffnen sich einem unbekannte Gebiete! Sokrates soll gesagt haben, „Ich weiß, dass ich nichts weiß!“, wir änderten seinen Spruch etwas ab: „Ich weiß, dass ich vieles noch nicht weiß!“ Und vielleicht ist es eben das Immer-neu-Hinzulernen, welches das Leben so interessant macht und welches unser „Heureka!“ hinausschiebt, wahrscheinlich bis zum letzten Atemzug…

      Vielleicht ist es die Nähe der Natur, oder die dauernde Berührung von Leben und Tod, die den Bauern zu einem Philosophen machen. Vielleicht auch das große Maß an Arbeit, welches bedingt, dass man die kurzen Augenblicke der Offenbarung voll bewusst nutzt. Denn vieles sind sich tagtäglich wiederholende Arbeiten, Routine, wie man sagt. Doch diese ‚Galeeren-Arbeiten‘ sind genauso kostbar im Leben, wie die kurzen ‚Highs‘. Oft stellte ich mir bei diesen Arbeiten vor, wie es wäre, wenn ich sie nicht mehr machen dürfte oder könnte. Dann überkam mich eine gewisse Wehmut und ich merkte, dass es gerade diese Arbeiten sind, die einem bewusstwerden lassen, dass man ist! Je mehr man sich quält, umso besser spürt man seine eigene Existenz!

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      Waren früher die großen Ereignisse im Jahr der Bauern das Fest der Wintersonnenwende, der Sommersonnenwende und die zwei Tag-und-Nacht-Gleichen, so kam bei uns zwei weitere Tage hinzu: Der 10. November und der 1. Februar. Ab dem zehnten November versteckte sich die Sonne hinter unserem Hausberg und ging erst 1 ½ Stunden später, um 11 Uhr rechts vom Gipfel auf, am ersten Februar erschien sie wieder links vom Berg und gab uns 1 ½ Stunden mehr Sonnenlicht. Ich sprach davon zu Jean de Serenne, als ich die freitägliche Käseverkaufstour machte. „Das trifft auf ‚Chandeleur‘ (Lichtmess) oder Chandelours‘, wie man früher sagte, den 2. Februar! Früher machte man nachts Prozessionen mit Fackeln über die Felder, um die Göttin der Fruchtbarkeit wohlwollend zu stimmen. Ab jetzt konnte man mit manchen Aussaaten beginnen, da die Erde warm genug war. Auch kam um diese Zeit der Bär aus seiner Überwinterung! Die Kinder verkleideten sich als Bären und tanzten bei diesen Fackelprozessionen.

      Ab diesem Tag kann man die Schafe auch bei Regen austreiben, da die Sonne stark genug ist, um sie wieder zu trocknen! Ich komme ja ursprünglich aus deinem Tal. Ich habe hierher geheiratet. Als Kinder liefen wir an diesem Tag von Haus zu Haus und erbettelten Eier, aus denen wir mit Mehl vermischt ‚Crêpes‘, die runden, hauchdünnen Pfannenkuchen, buken. Tè, komm doch rein, meine Frau hat gerade welche gebacken!“ Ich folgte ihm in das dämmerige Haus, berochen und leicht beknurrt von den Labrits, seinen Hüte-Hunden. Drinnen roch es nach Gebackenem. Am Herd stand seine Frau, bestimmt schon weit über siebzig, während, wie ich erst entdeckte, als meine Augen sich an das Halbdunkel gewöhnt hatten, in einem Sessel in der Ecke seine Schwiegermutter saß, im hundertsten Jahr, wie sie mir mit ihrer etwas heiseren Stimme mitteilte.

      Ich musste mich setzen und bekam bald auf einem Teller einen Crêpe vorgesetzt und dazu einen Topf mit Marmelade und einen anderen mit Zucker. „Die runde Form des Crêpe symbolisiert die Sonne. Wenn du das ganze Jahr Geld im Haus haben willst, musst du beim Backen des ersten Crêpe in die linke Hand ein Goldstück nehmen während du mit der rechten den Pfannenkuchen in die Luft wirfst, um ihn umzudrehen. Dann wickelst du das Goldstück darin ein und legst ihn auf den Schrank bis zum nächsten Jahr. Früher, bei mir zu Hause, hat der Vater den ersten Crêpe genommen und ist damit, begleitet von uns allen, durch alle Zimmer und den Stall gelaufen, um den Segen der Sonne auf uns herabzurufen. Das durfte der Curé, Pfarrer natürlich nicht wissen!“ Ich streute etwas Zucker auf den Crêpe, rollte ihn ein und aß ihn langsam, während die Alten von früher redeten.

      Jean de Serenne war einer der wenigen Alten des Nachbar-Tales, der offen Partei für die Langhaarigen einnahm. Er war auch im Gemeinderat des Dorfes und erreichte, dass die Straße nach Ebocal wieder gerichtet wurde, da sich auch dort oben, auf fast 1000 Metern Höhe, mehrere junge Familien niedergelassen hatten. Er verkaufte sogar etwas Land und Scheunen, damit diese einen Garten machen konnten. Fand irgendwo eine Fete statt, wurde er deshalb immer eingeladen. Ansonsten hütete er alle Tage die Schafe, die auf seinen Sohn übergeschrieben waren, der im Dorf noch fast zwei Dutzend Milchkühe hielt, deren Milch er an den Käser nach St. Lary verkaufte. Bisweilen trafen wir uns beim Schafehüten, setzten uns auf den Boden, die zwei Herden im Auge, und sprachen über die Welt. Er über das schöne lange Tal, ich über das, was dahinter lag.

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      DER ZIEGENKAUF

      Letztes Jahr, als wir unsere Ziegenherde verbessern wollten, hatten wir verschiedene Leute besucht, die Ziegen verkauften. Die einen wohnten im Biros-Tal. Als wir hinkamen, meinte der Besitzer, ein ehemaliger Fremdenlegionär, der dort seit ein paar Jahren mit seiner Familie lebte, er wolle sie nicht mehr verkaufen. Ich meinte, dann hätte er doch besser nicht die Annonce aufgegeben, und wir wären nicht die vielen Kilometer gefahren. Ich bestand trotzdem darauf, die Herde zu sehen. Dabei kamen wir etwas vertrauter ins Gespräch. Er erzählte mir, dass er die Tiere nicht mehr verkaufen dürfe, weil mindestens ein Tier Bruzellose hätte, und dass die ganze Herde wahrscheinlich abgeschlachtet werden müsse. Letzten Herbst hatte sich eine verwahrloste Ziege ihrer Herde angeschlossen, und sie hatten sie aus Mitleid mit den ihrigen eingesperrt, in der Erwartung, den Eigentümer zu finden und sie zurückzugeben. Doch niemand meldete sich. Somit blieb die Ziege bei ihnen. So wie bei uns, spielten auch ihre Kinder mit den Tieren und sie machten von der Milch etwas Käse für sich. Dann wurde ihr Jüngster krank. Fieber und Müdigkeit. Sie dachten an eine Grippe. Doch als trotz Behandlung sich nichts verbesserte, ließ der Arzt Blutanalysen machen. Und da stellte sich heraus, dass es Malta-Fieber war. Der Arzt riet ihnen, die Tiere untersuchen zu lassen. Ich fand es korrekt, dass er mir das alles sagte und vor allem, dass er die Tiere nicht verkaufte, um sie loszuwerden, wie es so manch einer gemacht hätte… Vor allem würde er keine Entschädigung vom Amt bekommen, da er nicht als Bauer eingeschrieben war!

      Roger, der Gendarm im Ruhestand, hatte während der warmen Zeit bei uns im Tal zwei Pferde, die seinem Sohn gehörten. Durch Erbschaft hatte er in Oust noch ein Haus und etliche Hektar Land, worauf er Ziegen hielt. Zu gerne wäre auch er Bauer geworden, wie seine Eltern, aber damals war der Hof zu klein gewesen für all die Leute. Also war er Gendarm geworden und hatte sich nach dem Krieg und Gefangenschaft in Indochina wiedergefunden, wohin er geschickt worden war, weil in Frankreich die Gendarmen dem Militär unterstehen. Jetzt, in Rente konnte er endlich Bauer sein! Als er mal vorbeikam, schwärmte er von einer weiteren Herde Ziegen, die er gekauft hatte. Ich erzählte ihm die Geschichte vom Legionär und riet ihm, Blutproben machen zu lassen. Das brachte ihn zum Nachdenken, und er fragte den Tierarzt. Dieser sagte ihm, da er nicht Bauer ist, müsste er die Tests selber zahlen, rund

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