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rührte, ging bald die Tür auf und herein kam sein Großvater, Roger, um ihn zum Abendessen zu holen. „Was raucht ihr da für ein stinkiges Zeug, man sieht ja gar nichts mehr vor lauter Qualm! Und wenn ihr fertig seid, komm zum Essen, deine Großmutter wartet!“ Und er ging, die Tür offenlassend, damit wir nicht erstickten. Kalt strömte die Winterluft in das kleine Zimmer, worin nur der Kamin brannte. Mit einem gezielten Fußtritt war die Tür wieder zu und die Fete ging weiter. Oder Patrick ging zwischendrin zum Essen und kam bald zurück.

      Bei seinen Großeltern sahen wir auch manchmal fern, wenn was Interessantes kam, wie ‚Le Retour de Martin Guerre‘, ein Film mit Gerard Depardieu, gedreht zu einem Teil ganz in der Nähe, in Balagueres, mit vielen Bekannten und Freunden als Statisten. Ein andermal hörten wir nachts Schüsse oben an der Forststraße, sahen Scheinwerfer, ein Teil des Waldes brannte. Waren da oben zwei verschiedene Jägergruppen aufeinandergestoßen oder hatten die Förster Wilderer aufgespürt? Ein paar Tage später erfuhren wir, dass da ein weiterer Film gedreht wurde, ‚La Femme de la Forêt‘. Wir lasen die gleichen Bücher, schwärmten vom Himalaya, verbrachten Nächte zusammen um ein Lagerfeuer auf dem Col de la Croix.

      Dieses Mal ging ich mit ihm zu seinen Großeltern, denn ich wollte mit Roger wegen Schweinen für uns sprechen. Jeden Donnerstag machte der noch den Markt in Tarbes. Auf dem Rückweg könnte er sie mir mitnehmen, meinte er. Er war bald 85, ließ es sich aber nicht nehmen, noch die Märkte zu besuchen! Das war wohl hauptsächlich, um seine alten Kumpel zu treffen, das Geschäft überließ er seinem Sohn. Er war bekannt für seinen manchmal makabren Humor. Es kam vor, dass er erzählte, er sei letztens auf der Beerdigung von einem Viehhändler gewesen, der an diesem Tag nicht anwesend war. Wie war dieser erstaunt, wenn die Leute ihn später trafen und fragten, ob er von den Toten auferstanden sei… Oder er ließ im Vorbeigehen ein rohes Ei in die Tasche eines der schwarz Bemäntelten gleiten. Dann rempelte er ihn an und fragte ihn, was er denn da für Zeug in den Taschen habe…

      Während Patrick aß, schenkte mir seine Oma von ihrem angesetzten Himbeerlikör ein. Der war ein Gedicht! Sie erklärte Doris genau, wie man vorzugehen hat, um einen guten Likör zu bereiten! Sie setzte die Früchte in 65 prozentigen Pflaumenschnaps an, seihte sie durch und gab etwas Zuckersirup dazu, um den Geschmack zu verbessern. Eine regelrechte ‚harte Droge‘ waren die Pflaumen oder Kirschen, die sie direkt in Schnaps angesetzt hatte, ähnlich einem Rumtopf! Anfangs erschienen sie sanft, wie ein Kompott. Nach mehreren Früchten nahm man plötzlich die Drehung der Erde wahr!

      Einmal führte mich Patrick auf ihren Dachboden. Alles war ausgefüllt von Korbflaschen und Kanistern voll Pflaumenschnaps! Da seine Großeltern alt waren, besaßen sie noch das Brennrecht und nutzten es auch voll aus, einschließlich der ‚Namen‘ anderer Verwandter. Fuhr ich mal im Sommer beim Morgengrauen durch das Dorf, traf ich auf Helène, seine Großmutter, klein und grau wie sie war, bemerkte man sie kaum. Noch im Morgenmantel sammelte sie schnell alle Pflaumen auf, die im Rinnstein lagen, bevor das Dorf aufwachte. „Wenn mal der Blitz in deren Dachboden einschlägt, wird es eine solche Explosion geben, dass das ganze Dorf abbrennen wird!“, witzelte Patrick. „Da ist mehr Sprit gelagert als in einer Tankstelle!“

      Am nächsten Nachmittag ruft Roger mich an. Er hat unsere zwei Ferkel im Kofferraum, ich soll gleich runterkommen. Fünf Minuten später bin ich unten. Er steht noch auf der Straße, das halbe Dorf um die geöffnete Heckklappe versammelt. Seit wieviel Jahren das erste Mal, dass wieder Schweine im Dorf sind? Ich parke gleich neben seinem Auto. Da sind sie! So niedlich sie auch aussehen, so erbärmlich stinken sie! Sie haben natürlich die Plane, mit der sein Golf ausgelegt war, zerknäult und auch die Bodenmatte angehoben. Schweine sind nun mal neugierig. Ich stehe da und weiß nicht, wie sie anfassen. Doch schon hat er eines an einem Ohr geschnappt und mit der anderen Hand am Schwanz und in meinen R 4 befördert! Das andere wird unruhig. Er krabbelt es ein bisschen zwischen den Ohren, und schwupp, ist es bei seinem Kollegen. Ich mache schnell die Klappe zu. „Attends, ich werde noch deinen Kofferraum saubermachen!“, sage ich. „Das ist nichts! Das macht meine Frau, die kann das viel besser! Du würdest es ihr gar nicht richtig genug machen! “, meint er. „Vielleicht, aber der Mief wird eine Weile anhalten!“, sage ich und denke an das Ferkel, dass ich vor genau 13 Jahren für meine Abiturfete gekauft hatte, und welches während einer Nacht das Innere meines VW Busses mit einem Abort verwechselt hatte…

      Ich will nach alter Manier den Preis hinunterhandeln. „Das ist der Preis, den ich gezahlt habe. Da geht nichts zu handeln!“, meint er lachend, nimmt aber gerne ein Stück Käse fürs Benzin. So, jetzt haben wir zwei Familienmitglieder mehr! Da es Schulende ist, kommt auch bald die Lehrerin, um mir die Kinder zu überlassen. Diese sind ganz begeistert von den schnuckeligen Dingern, trotz des Aromas, das sie ausströmen. Oben fahre ich rückwärts bis vor den Schweinchenstall, damit sie nicht noch im letzten Moment abhauen können, öffne die Klappe und grapsche das erste, so wie es Patricks Opa gemacht hatte. Es lässt ein so ohrenzerreißendes Quieken ertönen, dass ich schier erschrecke. Doch dann ist es im Heu. Die Kinder versuchen das andere zurückzuhalten, welches dem Kollegen folgen will, und schwupps!, landet es auch im Heu. Da fühlen sie sich wohl! Als Willkommenstrunk etwas warme Molke! Die Kinder wollen ihnen noch eine Weile zuschauen.

      *

       Als der Käseschrank in der Küche gerammelt voll ist, ist der Keller endlich benutzbar. Ich habe aus Winkeleisen Regale geschweißt, sie zweimal mit Rostschutz gestrichen, dreimal mit Lackfarbe. Da müssten sie dem Salz widerstehen können! Darauf kommen Fichtenbretter, gehobelt, 2 Meter lang, 25 Zentimeter breit und 3 dick. Darauf passen genau 9 Käse. Die Bretter sind herausnehmbar zum abwaschen, und wegen ihrer einheitlichen Masse austauschbar. Da an der Rückwand des Kellers der Felsen schräg nach oben geht und das Regal auch, sind unten nur einzelne Bretter, weiter oben zwei hintereinander, dann drei. Links neben der Tür, an der Abtrennungswand zur Käserei hin, baue ich ein Doppelregal. Der Höhen-Abstand zwischen den Brettern ist 25 Zentimeter, so dass man in den Doppelregalen die Käse im Regal drehen kann und sie nicht herausnehmen muss, sei es zum Wenden oder zum Waschen. Bald merke ich, dass, wenn ich nur 8 Käse auf ein Brett lege, ich diese im Regal liegend waschen kann. Das erspart mir eine Menge Knochenarbeit. Erst drehe ich sie alle, dann wische ich sie ab. Oder an einem Tag drehen, am nächsten waschen. Sind die Bretter schimmelig, zu nass, oder voller anklebender Käserinde, weichen wir sie im Brunnentrog ein und waschen sie mit einer Bürste blank. Anschließend stellen wir sie in die Sonne zum Trocknen.

       Doch bald kaufe ich einen kleinen Hochdruckreiniger. Damit geht das Waschen viel besser! Auf den Boden lege ich eine Gummimatte, damit die Bretter nicht mit der Betonplatte des Hofes in Berührung kommen und stelle die zu waschenden Keller-Bretter hochkant darauf, an den Zaun gelehnt. Erst mal alle mit einem Strahl einweichen und anschließend eines von einer Seite waschen, dann das erste drehen und von hinten waschen, dann die nächsten… Anschließend lasse ich sie in der Sonne trocknen. Das UV-Licht der Sonne wirkt desinfizierend. Beim Einräumen ist darauf zu achten, dass man nicht die Schmalseiten berührt, die mit dem Boden in Berührung waren, und auch, dass später die Käse nicht mit diesen Stellen in Berührung kommen. Die Hauptgefahr für die Käse sind Listeria-Bakterien, die im Boden leben und auch mit den Schuhsohlen in den Keller transportiert werden können. Deshalb auch nie einen Käse, der runtergefallen ist, wieder in ein Regal legen! Unterm Wasserhahn abwaschen und anderweitig lagern und später selber verwenden! Ebenfalls unverkaufte Käse vom Markt nicht wieder in den Keller legen, sondern besonders lagern!

       Auch in der Käserei wirkt der Hochdruckstrahler Wunder, nur dürfen keine Käse herumliegen, sonst riskiert man, diese durch aufgewirbelten Schmutz zu infizieren! Meist erweist sich der Keller, vor allem, wenn er gefliest ist wie unserer, besonders im Winter als zu trocken. Die Rinden der Käse reißen ein und in den Rissen setzt sich ein Blauschimmel an. Wir sind nicht in der Bresse! Hier ist er nicht erwünscht. Nach mehreren Versuchen mit Säcken und feuchten Tüchern, finde ich die einfachste und vielleicht auch genialste Lösung: Ich nehme einen vier Meter langen Strang Kupferrohr von 12 Millimetern Durchmesser und bohre ihn alle 20 Zentimeter in einer Linie an. Eine Seite löte ich zu, an die andere kommt ein Wasseranschluss mit Hahn. Das Rohr hänge ich unter der Decke mit drei Rohrschellen auf, die Löcher nach oben und hänge zwei ausrangiertes Bettlaken darüber. Dann öffne ich leicht den Hahn. Das Wasser dringt langsam in das Tuch ein und befeuchtet es abwärtssickernd

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