Скачать книгу

kam herangerannt, dann drehte er den Soldaten auf den Rücken und öffnete seine Jacke. Gleich darauf wuchtete er ihn wieder auf den Bauch und zog ihm geschickt die Jacke aus.

      „Keine Austrittswunde“ sagte er und drehte den Mann erneut um.

      „Steckschuss, vermutlich in der Lunge. Kannst du deine Beine bewegen“ fragte er den Verwundeten ruhig.

      „Ja“ stöhnte dieser.

      „Zwei Leute mit einer Trage her, bringt ihn in einen Wagen, er muss schnell ins Lazarett“ rief der Sani, dann ging er mit Weber zu der am Flussufer auf dem Rücken liegenden Gestalt.

      Der Sani kniete sich nieder und sah dem Soldaten ins Gesicht, dann stand er schwerfällig auf und sagte tonlos zu Weber:

      „Ihr könnt ihn begraben. Muss ein Scharfschütze gewesen sein. Direkt in die Herzgegend.“

      Günther Weber stand eine Weile neben der Leiche seines Kameraden. Ihn kannte er schon aus der Ausbildungskompanie und war mit ihm in Polen und Frankreich gewesen. Walther Bergmann war ein ruhiger Mann gewesen der sich nie durch große Sprüche hervorgetan hatte sondern lieber schwieg. Wenn er aber von der Zeit nach dem Krieg sprach konnte er viel Phantasie entwickeln und er hatte auch ganz klar gesagt, dass er sich an der Kolonialisierung Russlands gern beteiligen würde und sich vorstellen könnte, später dort zu leben. Jetzt würde er hier sein Grab finden, fern seiner schwäbischen Heimat. Wir müssen die Russen schlagen dachte sich Weber verbittert, so viele Männer sind schon gefallen, das darf nicht umsonst gewesen sein. Er schaute Walther noch einmal an, dann gab er seinen Leuten den Befehl ihn zu beerdigen. Mit hängenden Schultern ging er zurück zum Erdbunker und rauchte vor dem Eingang noch eine Zigarette.

      Er hatte die Vermutung, dass sich die Hoffnung auf eine richtige Ruhephase an diesem Ort wohl nicht erfüllen würde.

      Es hatte zwei Tage gedauert bis die Werkstattkompanie das Dorf erreicht hatte. Die Männer hatten ihre Fahrzeuge und die Technik in einem Waldstück unter Nadelbäumen geparkt. Fred Beyer und seine Männer hatten ihren Panzer III neben dem Häuschen abgestellt, in dem sie sich einquartiert hatten. Es war schnell klar gewesen, dass der durch den Beschuss eingetretene Schaden von ihnen nicht repariert werden konnte und so waren sie zum Warten auf Hilfe gezwungen gewesen. Beyer hatte sich die Stelle des Treffers angesehen. Die Granate des T 34 war auf der Walzenblende aufgetroffen, hatte dort einen Krater in den Panzerstahl gegraben und war dann anscheinend abgerutscht. Hätte das 76 mm Geschoss ein Stück weiter links daneben getroffen wäre es wahrscheinlich direkt durch die nur 15 Millimeter starke Panzerung der Turmfront durchgegangen. Beyer sah vor sich, wie sich die Granate durch den Stahl gebrannt hätte. Zuerst würde sie Splitter aus dem Panzerstahl schlagen, und dann im Inneren des Panzers explodieren. In ihrem unmittelbaren Wirkungsbereich befänden sich Müller der Fahrer, Lahmann der Richtschütze und er selbst. Der rechts im Turm stehende Ladeschütze und der vorn sitzende Funker könnten mit ganz viel Glück schwer verletzt davon kommen, aber die links sitzenden Männer würden ohne jegliche Chance bleiben. Wenn dann noch die Bereitschaftsmunition explodieren sollte wären alle sofort tot gewesen. Er schob diese Gedanken von sich.

      Während der Wartezeit hatten die Männer ihre Kleidung etwas auf Vordermann gebracht und sich ansonsten ausgeruht. Natürlich waren immer wieder Gespräche über ihren Panzer aufgekommen.

      „Ich habe das schon lange gesagt“ hatte Beyer erklärt „der Panzer III ist zuverlässig aber zu schwach. Unsere Kiste hat viele Kilometer ohne Probleme abgespult aber wir haben gesehen, dass wir gegen die T34 gar nichts ausrichten können. Das ist doch wie mit Erbsen auf eine Stahlwand zu schießen.“

      „Du hast Recht“ war Lahmanns Meinung gewesen „ich habe etliche Treffer erzielt, nur der eine ist durchgegangen. Und nur durch die relativ schwach gepanzerte Heckseite. Von vorn ist der T34 für uns unverwundbar und auch von der Seite haben wir nur minimale Chancen. Mit dieser Kanone einen T34 bekämpfen zu wollen ist doch Selbstmord!“

      „Aber was willst du machen“ hatte Bergner, der Funker, gefragt „wir haben nun mal im Moment nichts besseres zur Verfügung.“

      „Dann erkläre mir, warum unsere Mühle nicht längst auf die 5cm Kanone umgerüstet worden ist und wir noch keine Zusatzpanzerung bekommen haben“ forderte Lahmann.

      „Das kann ich dir sagen“ erwiderte Müller „weil genau wie unsere Einheit alle anderen auch nur noch 30 Prozent Normbestand an Fahrzeugen haben. Mich wundert das überhaupt nicht. Wie viele Kilometer haben wir seit Juni zurückgelegt? Hunderte! Warum gab es keinen Transport mit der Eisenbahn? Kann mir das einer erklären?“

      „Du hast wohl noch nie davon gehört, dass die russische Bahn eine andere Spurweite hat als die deutsche“ antwortete Bergner „hast du eine Ahnung wie aufwendig das ist, die Schienen umzunageln? Erst dann können die Spezialwaggons für den Transport genutzt werden.“

      „Ach, hört doch jetzt auf damit“ meinte Beyer „wenn die Pfeifen in den zuständigen Ministerien und Entwicklungsabteilungen ihre Arbeit nicht machen, werden wir es eben ausbaden müssen. Jammern bringt uns auch nicht weiter. Wenn es uns gelingt, Moskau zu nehmen, wird sich der Iwan fluchtartig nach Osten zurückziehen und wir werden eine Atempause haben. Vielleicht laufen dann endlich mehr Panzer von den Bändern. Und hoffentlich sind die dann hoffentlich nicht mehr so akkurat zusammengebaut wie jetzt, wo jedes Fahrzeug in die Nacharbeit kommt, wenn es ein paar Schönheitsfehler hat. Interessiert das einen von euch, ob die Werkzeugkästen genau im rechten Winkel auf der Kettenabdeckung montiert sind? Oder ob alles schön lackiert ist? Ich hab mir mal n abgeschossenen T 34 angesehen. Schweißnähte, als ob die ein Dorfschmied gezogen hätte. Na und? Spielt das eine Rolle?“

      „Fred, bitte reg dich jetzt nicht mehr so“ bat Müller „wir werden die momentane Lage nicht ändern können. Aber du könntest mal mit den Werkstattfritzen reden, ob die uns nicht ne Transportkiste basteln und hinten am Turm anbringen können. Das wär doch ne feine Sache wenn wir unsere Klamotten darin unterbringen könnten.“

      „Die Jungs werden andere Dinge zu tun haben. Aber ich werde es probieren. Haben wir was anzubieten?“

      „Nur ein paar Zigaretten und 3 Flaschen Schnaps.“

      „Na dann wird das wohl nichts werden.“

      „Mir müssn den Durm abnehmn“ erklärte der Oberfeldwebel der Reparatureinheit im breiten sächsischen Dialekt den Männern des Panzers „dazu ham mir unsern Gran offgebaud. Der hebd 3 Donnen und damit ist das keen Broblem. Ham wir ruckzuck erledigd. Dann sehn wir uns n Durmantrieb an und späder gönnd ihr dann gemidlich Richdung Mosgau weiderzuggln.“

      „Sag mal“ sprach ihn Müller an „wo kommst du denn her? Ich erkenne einen Chemnitzer Tonfall.“

      „Schdimmd genau.“

      „Mann! Ich bin aus Hartmannsdorf, da sind wir ja sozusagen Nachbarn.“

      „Zwei Sachsen im tiefsten finsteren Russland“ feixte Beyer „ich hab gehört, dass euer Stamm ja ziemlich findig sein soll.“

      „Das is so“ sagte der Oberfeldwebel geschmeichelt „Sachsen is das Härz des deudschen Maschinenbaus. Mir gönn alles baun. Wergzeugmaschin, Audos, Lasder, Uhrn.“

      „Dann wäre doch die Anfertigung einer Staukiste für unsere Mühle für dich und deine Leute ein Klacks, oder“ fragte Müller.

      „N ganz einfaches Modell würde doch reichen. Paar Seitenwände und n Deckel mit Scharnieren drauf, das war’s. Dann das Ding hinten am Turm angeschweißt und fertig ist der Lack.“

      „Das is ni erlaubd. Dazu bräuchde ich ne Sondergenähmigung vom Herschdeller. Un der sitzd in Deudschland. Sone Gebäckgiste is beim „F“ serienmäßig angebrachd. Bei euerm „E“ is das wie gesagd ni erlaubd.“

      „Du bist gut“ erwiderte Lahmann „es ist auch nicht erlaubt, zusammen mit seinem Panzer in die Luft zu fliegen. Das haben meine Hersteller, Mutter und Vater nämlich, auch verboten. Hab‘ dich nicht so. Bist du

Скачать книгу