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Auf dem Umschlag steht lediglich:

      Bitte diesen Brief und das Paket an Josie Jezabel Smith aushändigen. Persönlich!

      »Das wird ja immer unheimlicher. Ich habe keine Ahnung, wer mir schreiben sollte. Alle Menschen, die ich kenne, befinden sich auf diesem Campus.«

      Fragend sieht sie zur Direktorin.

      »Ich finde das seltsam. Ich habe noch nie Post, geschweige denn ein Paket bekommen!«, sagt sie irritiert.

      Zoé, die die gesamte Zeit in der Tür gewartet hat, dauert das alles viel zu lange. Sie geht schnurstracks zum Paket und versucht es anzuheben. Wie ein Gewichtheber zieht sie, bis sie vor Anstrengung einen puterroten Kopf hat.

      »Vielleicht ist das ja ein Scherz. Das Ding wiegt bestimmt zwei Zentner!«, japst sie, bevor sie erneut daran zerrt, jedoch das Paket lediglich ein paar Zentimeter in die Höhe hieven kann. J.J. steckt den Brief in ihre Hosentasche und fasst mit beiden Händen unter den Paketboden. Als sie es mit einem kräftigen Ruck nach oben zieht, verliert sie das Gleichgewicht und stolpert rückwärts.

      »Sehr witzig, Zoé! Das Paket ist total leicht. Na ja, danke, Mrs. Rogan, dass Sie mich angerufen haben.«

      Die Direktorin lächelt und hält ihnen die Tür auf.

      »Vielleicht lässt du mich ja wissen, was sich darin verborgen hat. Natürlich nur, wenn es kein Geheimnis ist!«, ruft sie J.J. hinterher, die nur schnell zurücknickt.

      Sie ist viel zu gespannt, was sich darin befinden könnte, als das sie auch nur noch eine weitere Minute mit Small Talk verschwenden will. Zoé läuft aufgeregt neben ihr her und spekuliert ohne Pause, welchen Schatz sie gleich entdecken werden. Als sie in ihrem Zimmer ankommen, stellt es J.J. mitten in den Raum und geht ein Stück zurück. Immer wieder umkreist sie das seltsame Paket, während Zoé wie Rumpelstilzchen von einem Bein auf das andere springt und sie ununterbrochen anspornt, es endlich zu öffnen. Aber J.J. ist zu angespannt. Sie steht nur stocksteif da und starrt auf das mysteriöse Objekt.

      Zoé rauft sich die Haare.

      »Bist du denn gar nicht neugierig? Also ich platze gleich! Komm schon, mach es endlich auf!«, fordert sie ungeduldig.

      J.J. lässt das Jammern ihrer Freundin kalt.

      »Es ist und bleibt merkwürdig! Ich habe noch nie einen Brief bekommen und gerade jetzt, wo mir ständig diese Dinge passieren, bekomme ich auch noch ein sonderbares Paket. Es ist sehr altertümlich und schäbig verpackt. Und zusätzlich mit einem Strick verschnürt, was heutzutage niemand mehr tut! Ich bin gespannt, was darin ist! Gleichzeitig habe ich aber auch Angst! Vielleicht ist es doch nur ein Scherz von Britany. Ein stinkender Hundehaufen oder Ähnliches. Aber das hätte sie doch niemals vor die Tür der Direktorin gestellt!«, kombiniert sie in Gedanken.

      Nun reißt Zoé endgültig der Geduldsfaden.

      »Hallo! Erde an J.J. Biiiiiiiiittttte, mach dieses Paket jetzt auf!«, bettelt sie, während sie wie eine Besessene im Kreis herumhopst und vor Anspannung Gift und Galle spuckt.

      J.J. begutachtet es aber nur weiterhin kritisch und schüttelt stur den Kopf.

      »Findest du es nicht seltsam? Was ist, wenn sich etwas Ekliges oder Gruseliges darin befindet? Immerhin kenne ich niemanden, der mir etwas schicken könnte«, erwidert sie leise.

      Zoé stoppt mit dem fröhlichen Herumgehopse, da sie bemerkt, dass J.J. wirklich sehr angespannt ist. Sie presst die Lippen zusammen und stellt sich still neben J.J., die sich nun vor das Paket setzt. Dabei knistert der Brief in ihrer Hosentasche. Sie mustert ihn sorgfältig und stellt fest, dass die Schrift ebenso altertümlich wirkt. Nach kurzer Bedenkzeit nimmt sie allen Mut zusammen und reißt den Umschlag mit einem Ruck auf. Mit zittrigen Händen liest sie.

      Meine liebe Jezabel!

      Ich weiß, dass du dich nicht mehr an mich erinnern kannst. Aber ich bin deine Großmutter Ophelia. Du hast mich jedoch immer nur Großmutter oder Oma Vettel genannt.

      Vor acht Jahren haben wir dieses Paket schon einmal gemeinsam geöffnet.

      Das war an deinem sechsten Geburtstag.

      Bevor du jetzt zweifelst und den Brief zur Seite legst, möchte ich dich bitten, ihn zu Ende zu lesen. Das ist sehr wichtig!

      Ich weiß, dass du dich weder an diesen Geburtstag noch an irgendetwas vor dem Internat erinnerst. Aber ich kann dir das alles noch nicht erklären. Ich habe dich damals weggeschickt, um dich zu schützen. Nun bist du erneut in Gefahr!

      Ich möchte deshalb, dass du diese Weihnachtsferien zu Hause bei mir in Havelock verbringst, damit ich dir alles in Ruhe erklären kann.

      Bitte vertrau mir!

      Ich hole dich am Freitag nach der Abschlussfeier ab.

      Ich umarme Dich, kleine Jezabel.

      Deine Oma Vettel

      PS: Öffne das Paket und erinnere dich!

      J.J. liest sich den Brief wieder und wieder durch. In ihrem Kopf ist alles vollkommen durcheinander. Sie versucht krampfhaft, sich an die Zeit vor dem Internat zu erinnern, aber es gelingt ihr nicht. Ein paar Eindrücke, Gefühle, Wörter und Gerüche holen sie kurz ein, zerplatzen jedoch wie zarte Seifenblasen, sobald sie sich darauf konzentriert. Entsetzt dreht sie sich zu Zoé.

      »Ich habe eine Großmutter!«, ist das Einzige, was sie sagt.

      Dann holt sie eine Schere und versucht den Strick, der das Paket zusammenzurrt, durchzuschneiden. Es dauert eine Weile, bis er endlich nachgibt und sich lösen lässt. Zoé sitzt daneben und hält vor lauter Spannung den Atem an. Als J.J. das braune Papier abgerissen und den Karton geöffnet hat, starren beide auf eine alte Holzkiste.

      Diese sieht wertvoll aus und ist mit einem schweren Riegel verschlossen. So als würde sie einen kostbaren Schatz bewahren. Einen Augenblick ist J.J. sicher, dass sie den Inhalt kennt, bis der flüchtige Gedanke wie eine Seifenblase zerplatzt. Ein kalter Schauer zieht ihr über den Nacken. Sie schiebt den Riegel zur Seite und öffnet erwartungsvoll den Kistendeckel. Vorsichtig lugt sie hinein und klappt den Deckel mit einem Ruck zurück. Sichtlich enttäuscht steht sie auf.

      Zoé, die gespannt danebensitzt, sieht sie verwirrt an. Nun gibt es für sie kein Halten mehr und sie starrt eine Weile fassungslos in die Kiste.

      »Ein Stein? Wer schickt dir denn einen Stein? Kein Wunder, dass das Paket so schwer war!«

      J.J. stellt sich neben sie und zuckt ahnungslos mit den Schultern. Zoé hievt den Stein heraus, was ihr einiges an Mühe abverlangt, da er trotz seiner unscheinbaren Größe recht schwer ist. Übermütig wirft sie ihn zu J.J., deren Hände reflexartig nach vorn schnellen und ihn mühelos auffangen. Da passiert das Unfassbare.

      In dem Moment, als sie den Stein berührt, befindet sie sich nicht mehr in ihrem Zimmer, sondern in dem seltsamen Garten aus ihrem Traum. Geschockt sieht sie sich um.

      »Was? Was ist hier los? Wo bin ich? Zoé?«, flüstert sie ängstlich und versucht wegzulaufen. Aber ihre Beine bewegen sich nicht und auch der Rest des Körpers scheint sich nicht aus der Angststarre lösen zu wollen. Nur ihre Knie sinken leicht nach vorn, sodass sie Mühe hat, die Balance zu halten. Entsetzt starrt sie auf den Stein und schmeißt ihn panisch zu Boden. Sie startet einen erneuten Versuch und rennt los. Doch da steht sie bereits wieder in ihrem Zimmer! Fassungslos versucht sie zu begreifen, was hier vor sich geht. In ihrem Kopf beginnt sich alles zu drehen und sie hat plötzlich Schwierigkeiten zu atmen. Da hört sie ein leises Schluchzen. Erschrocken sieht sie zu Zoé, die am Boden kauert und vor Schmerzen wimmert.

      »Zoé!? Was ist denn passiert?«, fragt sie verstört und versucht ihrer Freundin aufzuhelfen. Aber die drückt sie grob zur Seite und blitzt sie mit verweinten Augen an.

      »Du hast mir gerade den Stein auf die Füße geworfen. Ich glaube, ich habe mir den kleinen Zeh gebrochen«, antwortet sie mit tränenerstickter Stimme, während sie ihre Hand fest auf den Fuß presst.

      J.J. wir übel. Sie versteht überhaupt

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