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Will fasste sich ans Kinn.

      »Abergläubisch?«, fragte Grenholm und lächelte.

      »Man muss es ja nicht gerade beschwören«, meinte Will kleinlaut.

      »Ist ja auch nur unsere Alternativstrecke«, sagte Grenholm.

      Alex war wieder zu ihnen gekommen. »Momentan sind es vierzehn Stopps.« Er hielt sein Mobile hoch. »Zwischen Fürth und Nürnberg ist die Strecke weiterhin blockiert.«

      »Wie lange soll das noch dauern?«, fragte Grenholm.

      »18:00 Uhr, vielleicht 19:00 Uhr. So genau können die es nicht sagen.« Alex schlug das Kursbuch auf. »Morgen früh ist es aber bestimmt erledigt.«

      »Und wenn nicht?«

      »Busse, momentan setzen sie Busse nach Nürnberg ein. Es gibt aber mindestens neunzig Minuten Verspätung gegenüber dem regulären Fahrplan.«

      »Das ist nicht akzeptabel«, sagte Grenholm nachdenklich. »Wir brauchen hier gar nicht weitermachen, das ist mir zu riskant.«

      »Also ist München gestorben?«, fragte Will.

      »Unter diesen Umständen kommt München ganz bestimmt nicht infrage.« Grenholm nickte Alex zu, der im Kursbuch blätterte. »Lies noch einmal die andere Strecke vor.«

      Will und er beugten sich über die Straßenkarte, während Alex vorlas. »Teltow, Lutherstadt Wittenberg, Leipzig, Erfurt, Eisenach, Fulda und Frankfurt. Wir können in Frankfurt zusteigen, oder wir holen ihn aus dem Zug und fliegen den Rest oder wir können auch einen Wagen nehmen. Das könnten wir noch organisieren.«

      »Dann steigen wir schon in Fulda zu, das ist doch der letzte Stopp vor Frankfurt, nicht wahr?«

      Alex nickte.

      »Wie weit ist es von hier bis Fulda?«, fragte Grenholm.

      »Zwei, drei Stunden«, antwortete Will, der sich wieder über die Karte gebeugt hatte.

      Grenholm sah auf seine Armbanduhr. »Wir haben mehr als genug Zeit. Für Fulda brauchen wir noch einen Nofallplan, falls wir ihn dort tatsächlich aus dem Zug holen müssen.«

      »Warum sollten wir das?«, fragte Will. »Es ist besser in Frankfurt mit ihm auszusteigen ...«

      Grenholm schüttelte den Kopf, ignorierte Wills Einwand und drehte sich zu Alex um. »Du informierst die anderen beiden Teams, dass wir uns entschieden haben. Wichtig ist, dass sie in Berlin in den richtigen Zug einsteigen.«

      *

      Das Mobile gab einen kurzen Piepton von sich. John Boold griff nach dem Gerät und zog es aus der Halterung in der Mittelkonsole. Er öffnete die Nachricht. Sein Blick wanderte immer wieder auf die Straße. An der nächsten Ampel musste er halten, dann wurde es aber sofort wieder Grün. Jemand hinter ihm hupte. Boold fuhr über die Kreuzung, blinkte und parkte dann auf dem Seitenstreifen. Er widmete sich wieder seinem Telefon. Laut der Recherche war Louk Bourey nur unter der Adresse in Zehlendorf registriert, es gab keine separate Firmenanschrift. Boold blätterte die Nachricht weiter durch. Es gab ein Dossier über den Fußballverein. Anschrift, Daten, Termine. Zum Schluss las Boold seinen Auftrag. Er steckte das Mobile in die Halterung zurück, sah in den Rückspiegel und reihte sich blinkend in den Verkehr ein.

      Das Loft in Charlottenburg verfügte über einen separaten Fahrstuhl, der direkt von der Tiefgarage hinaufführte. Boold zog seinen Schlüssel ab, bevor er die Räumlichkeiten betrat. Er blickte kurz zu der Überwachungskamera, die in dem quadratischen Vorraum oben rechts an der Decke hing. Er wurde bereits erwartet. Der Summer öffnete ihm die schwere Stahltür. Miller stand im Korridor. Boold hatte seine Leute informiert. Sie warteten im abhörsicheren Besprechungsraum. Miller hielt die Tür geöffnet. Boold trat vor ihm ein, nickte Burton und Stinman zu. Er ging sofort zum Tisch, klappte das iBook auf, das dort lag, und verkabelte sein Mobile. Miller, Burton und Stinman zogen sich Stühle heran, setzten sich um Boold herum. Eine Fotografie erschien auf dem Monitor.

      »Die Zielperson heißt Mura, Vorname Rin«, begann Boold. »Offizielle Nationalität Koreaner. Reale Nationalität Kambodschaner. Ursprünglicher Standort Olofstorp, bei Göteborg in Schweden. Seit dem 26. August 2001 ca. 0:00 Uhr als flüchtig eingestuft. Primäres Fluchtziel ist Berlin. Fluchtrouten sind nicht eindeutig spezifiziert. Wir konzentrieren uns auf Berlin.«

      »Welchen Status hat die Zielperson?«, fragte Miller.

      »Politisch-militärisch noch mit Stufe vier.« Boold ließ die Fotografie in die linke obere Monitorecke wandern, als er das Dossier öffnete.

      »Warum noch Stufe vier?« Miller beugte sich vor, um besser auf dem iBook sehen zu können.

      »Weil wir ihn erst einmal lokalisieren sollen. Ich habe allerdings bereits den Hinweis, dass wir ihn uns greifen müssen. Darum kann es im Verlaufe der Operation noch auf Stufe drei gehen.«

      »In Gewahrsam nehmen!«, stellte Burton fest.

      Boold nickte. »Die Operation ist also nicht ganz ohne.«

      Im folgenden informierte Boold seine Leute über Louk Bourey und die versuchte Täuschung am Landvetter Airport von Göteborg.

      »Was hat das zu bedeuten?«, fragte Miller.

      Boold zuckte mit den Schultern. »Vielleicht war dieser Bourey Geheimnisträger. Rin Mura muss darüber hinaus einen ganzen Stab von Helfern haben. Einen Sicherheitsdienst, Leibwächter. Wir haben noch keinen Hinweis, was das für Leute sind, ob legal oder illegal. Und wir wissen nicht, wie viele es sind. Vielleicht gibt es auch mehrere Teams.«

      »Warum sollen es mehrere Teams sein, wozu?«, fragte Stinman.

      Boold sah ihn an. »Erstens: Bourey ist wahrscheinlich nicht alleine zum Flughafen gefahren. Er wollte nach London reisen. Jemand muss ihn begleitet haben. Zweitens: am bisherigen Wohnsitz von Rin Mura haben unsere Leute einen Wagen verfolgt, der Richtung Stockholm unterwegs war. Mittlerweile glauben wir aber nicht, dass es Rin Mura war. Der Flughafen Stockholm wurde überwacht, Rin Mura ist dort nicht aufgetaucht, um etwa nach Berlin zu fliegen. Drittens: Rin Mura muss ja irgendwo geblieben sein. Es sind also mindestens drei Teams an der Operation beteiligt, die aufseiten der Zielperson arbeiten.«

      »Der Status ist also hier in Berlin, aber wo?«, fragte Miller.

      »Da gibt es zwei Möglichkeiten. Sekundäres Ziel ist eine Adresse in Zehlendorf, Boureys Wohnung. Ich komme gerade von dort. Es sieht nicht danach aus, dass die Wohnung als Quartier genutzt werden soll, denn sie wissen natürlich inzwischen, dass Bourey aufgeflogen ist und wir die Lokation kennen.«

      »Und was ist das primäre Ziel?«, fragte Miller.

      Boold holte den Umschlag aus seiner Jacketttasche und ließ den Inhalt auf den Tisch gleiten. Miller griff danach und sah sich die beiden Eintrittskarten an.

      »Fußball?«, sagte er fragend.

      Stinman nahm ihm eine der Karten ab. »Oh, Block E auf der Haupttribüne, nicht schlecht. SV Babelsberg 03 gegen Hertha BSC, Regionalliga gegen Erste Bundesliga. Das war gestern, im DFB-Pokal, die Hertha hat mit zwei zu eins gewonnen. Babelsberg ist durch Röver ganz früh in Führung gegangen. Hertha hat dann in der zweiten Halbzeit durch Marcelinho den Ausgleich erzielt. Sah erst nach Verlängerung aus, aber dann hat Alves doch noch für die Hertha getroffen. Aus und vorbei für Babelsberg.«

      »Warst du bei dem Spiel?«, fragte Boold.

      »Zeitung, aber ich lese nur den Sportteil. Der Rest frustriet mich immer. Es gibt so viel Schlechtes auf der Welt.«

      Miller lachte auf. Boold nahm ihm die Karte ab. »Vielleicht wollte Rin Mura zu dem Spiel, dann hat sich aber seine Abreise verzögert ...«

      »Mit den Eintrittskarten kann man heute Abend auch zu dem Grillfest gehen«, unterbrach Stinman ihn.

      »Grillfest?«, fragte Boold.

      »Ja, eigentlich sollte das schon gestern stattfinden, gleich nach dem Spiel, aber die Polizei hatte etwas dagegen. Hertha und Babelsberg sind

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