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gelegt. Gunnar erschien und stellte sich einige Meter entfernt an die Reling. Er gab Hanna ein Zeichen. Sie griff Rin Mura unter den Arm und gemeinsam schlenderten sie noch ein Stück die Reling entlang, nahmen die Treppe zum Deck darunter und strebten der zweiflügligen Tür zu, die ins große Restaurant führte.

      Gunnar blieb oben. Das Schiff glitt an den Kreuzfahrtterminals vorbei. Er ging schließlich zur Backbordseite. Hier war die weite Wasserfläche des Breitling mit dem Pagenwerder zu sehen. Auf der flachen, grasbewachsenen Insel hatten sich Scharen von Wasservögeln versammelt. Gunnar verließ das Deck, als sich das Schiff dem Fähranleger näherte. Er ging über einen Treppenschacht direkt nach unten zum Parkdeck. In den Reihen der warteten Fahrzeuge strebte er direkt dem schwarzen Volvo zu und stieg auf der Beifahrerseite neben Erik ein. Rin Mura und Hanna saßen bereits hinten auf der Rückbank.

      Zehn Minuten später hatten sie die Fähre verlassen, folgten dem Autobahnzubringer, der aus dem Hafengebiet herausführte. Auf der A19 verteilte sich der Verkehr. Sie verließen die Autobahn an der zweiten Abfahrt und fuhren Richtung Stadtmitte. Kurz bevor die Straße über die Unterwarnow führte, bogen sie in ein Wohngebiet ein. Reihenhäuser und Mietskasernen wechselten sich ab. In einer Geschäftsstraße gab es eine Ladenzeile. Erik hielt den Wagen vor einer Telecom-Filiale. Hanna sprang heraus und betrat das Geschäft. Der Volvo fuhr sofort weiter. Erik machte einen großen Bogen um das Wohngebiet, erreichte fast wieder die Stadtgrenze, bog dann abermals ab und kehrte nach gut zwanzig Minuten in die Ladenstraße zurück. Hanna wartete bereits. Sie hatte ein Päckchen und zwei Papiertüten in der Hand. Sie öffnete die Fondtür, stieg in den Wagen. Erik reihte sich sofort in den Verkehr ein und gab Gas.

      Hanna saß wieder neben Rin Mura. Sie begann das Päckchen aufzureißen. »Der Akku soll aufgeladen sein«, erklärte sie. »Aber ich habe zur Sicherheit noch ein Kabel für den Zigarettenanzünder gekauft.«

      Sie holte das blaue Mobiltelefon aus dem Karton und reichte es Rin Mura. Während er es schon in der Hand hielt, zeigte sie ihm, wie er das Gerät anschalten musste. Das Display begann zu flackern, ein Piepton erklang.

      »Was ist mit der SIM-Karte?«, fragte Rin Mura.

      »Ist schon drin«, erklärte Hanna. »Auf meinen Namen registriert. Der Pin lautet 1-7-2-8.«

      Sie drückte die Zahlen auf dem Telefon. Das Gerät brauchte einige Sekunden, dann war es betriebsbereit. Sie drückte noch auf die Menütaste und blätterte.

      »Hier steht ihre neue Telefonnummer. Wenn Sie jemanden anrufen, wird die Nummer mit übertragen. Das kann man aber auch abschalten.«

      Rin Mura schüttelte den Kopf. »Nein, das muss bleiben.«

      »Was hast du in den Tüten?«, fragte Erik, ohne sich nach hinten umzudrehen.

      »Ich war noch beim Bäcker«, erklärte Hanna und reichte eine der Papiertüten nach vorne. Gunnar legte sie aufs Armaturenbrett und studierte weiter in der Autokarte, die er auf seinen Oberschenkeln ausgebreitet hatte.

      »Wo müssen wir hin?«, fragte Erik, der auf die Brötchentüte schielte.

      »Die SMS von eben«, erklärte Gunnar. »Wir sollen das Fahrzeug wechseln.«

      »Dann steht das andere Team bereit?«, fragte Erik.

      Gunnar nickte.

      »Und, werden wir ihn übergeben?« Erik hatte die Stimme etwas gesenkt.

      »Ich weiß es nicht, diese Info hat das andere Team.« Gunnar deutete auf die Straßenkarte. »Ich sag dir, wie du fahren musst, sind etwa fünf Kilometer.« Jetzt zeigte er zur nächsten Kreuzung. »Dort solltest du wenden und wieder zur Hauptstraße zurück.« Gunnar wandte sich nach hinten. »Wir haben eine Order, Herr Mura?«

      Rin Mura schaute kurz zu Gunnar auf und nickte. Dann wählte er auf seinem neuen Telefon eine Nummer, ließ es zweimal klingeln und legte wieder auf. Erik hatte die Kreuzung bei Grün erreicht und machte ein Überkopfwende.

      *

      »Was machen sie?«, fragte Nhean.

      Sie hatten kurz hinter einem Schuttcontainer gehalten. Arun musste sich aus dem Seitenfenster lehnen, um den schwarzen Volvo zu sehen. »Die Frau ist wieder eingestiegen, Sie hat irgendetwas bei sich. Jetzt fahren sie wieder los.«

      Nhean gab Gas. Dann beobachteten sie, wie der Volvo an der nächsten Kreuzung wendete und ihnen plötzlich entgegenkam. Arun duckte sich instinktiv. Nhean wartete, bis der schwarze Wagen einen größeren Abstand hatte. Dann wendete er noch vor der Kreuzung mitten auf der Straße.

      Sie überquerten den Fluss, fuhren durch die Rostocker Innenstadt. Hinter den Wallanlagen bogen sie auf den Südring ab. Nhean ließ immer einige Fahrzeuge zwischen ihnen und dem Volvo. Arun holte den Schlangenkopfhammer hervor, klappte das Schlangenmaul auf und betrachtete die Injektionsnadeln. Nhean blickte kurz zu ihm.

      »Du kannst doch jetzt nicht zuschlagen. Wir sollten warten, bis sie im Hotel sind.«

      »Woher willst du wissen, dass sie hier übernachten?«, fragte Arun. Er ließ das Schlangenmaul zuschnappen.

      »Das weiß ich natürlich nicht. Im Hotel oder wenn sie eine Pause machen. Wir müssen ihn alleine erwischen.«

      »Die Leibwächter interessieren mich nicht«, sagte Arun. »Wir holen ihn uns einfach und fahren dann mit ihm fort. Wir müssen seinen Leibwächtern nur entkommen, dann haben wir alle Zeit der Welt.«

      Nhean sah wieder zu Arun. »Sie sind zu dritt, wusstest du, dass es drei sind, hat er dir das erzählt, hat er dich gewarnt?«

      »Ja, nein, er hat gesagt, dass der Angka mit der Trelleborgfähre kommt und er hat mir drei Auto-Kennzeichen genannt und das es eine schwarze Limousine, ein Volvo, sein wird. Und es hat alles gestimmt, eines der Kennzeichen hat gestimmt und es ist ein schwarzer Volvo.« Arun machte eine Pause. »Und ich habe den Angka sofort erkannt, er ist es, nach so vielen Jahren.«

      »Was hat er dir noch gesagt?«, fragte Nhean. »Du hast doch länger mit ihm gesprochen. Ich habe doch gesehen, dass etwas nicht stimmt.«

      Arun nickte bedächtig. »Der Angka will nach Berlin und wir sollen den Wagen nur verfolgen, an ihm dranbleiben, ohne aufzufallen. Wir sollen noch warten.« Arun sah Nhean jetzt direkt an. »Er will bestimmen, wann wir uns den Angka holen dürfen.«

      »Und du vertraust ihm?«

      »Ich weiß nicht.« Arun schüttelte den Kopf. »Es ist merkwürdig. So war es noch nie, bei den anderen haben wir immer sofort zugeschlagen, nachdem er mit uns Kontakt aufgenommen hatte.«

      »Aber du willst dich nicht an seinen Befehl halten?«, fragte Nhean.

      »Befehl?«, sagte Arun spöttisch. »Ich nehme von niemandem Befehle an, und am Ende entscheiden wir selbst, was wir zu tun oder zu lassen haben.«

      Sie schwiegen einige Sekunden.

      »Und was ist nun mit den Leibwächtern?«, wiederholte Nhean.

      »Die Frau zählt nicht«, sagte Arun schnell.

      »Glaubst du, sie gehört zu ihm?«

      »Ich weiß nicht und es ist mir auch egal«, entgegnete Arun. Er beugte sich vor, um den Schlangenkopfhammer ins Futteral zurückzustecken.

      »Die Frau könnte zu den Männern gehören«, meinte Nhean. »Sie könnte uns Probleme machen. Alle könnten uns Probleme machen.

      »Was willst du, wir haben es doch bisher immer geschafft.« Arun holte jetzt eine der beiden Pistolen aus dem Handschuhfach, zog sie aus dem Holster.

      »Die anderen hatten keine Leibwächter«, warf Nhean ein.

      »Er hatte auch damals Leibwächter und wir werden ihn auch diesmal von seinen Leibwächtern trennen oder wir werden sie alle töten.« Arun klang entschlossen.

      Nhean konzentrierte sich wieder auf den Verkehr. Sie folgten dem Volvo weiter Richtung Südstadt. Sie fuhren von der Hauptstraße. Sie hatten plötzlich nur noch einen kleinen Kastenwagen zwischen sich und der Limousine.

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