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Schattenkind. Mo. Moser
Читать онлайн.Название Schattenkind
Год выпуска 0
isbn 9783737539432
Автор произведения Mo. Moser
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
145145145145145145145145145145145145Nach einem quälend langen Mittagessen, bei dem Jim die Hälfte seiner Nudeln ausprustete, weil seine Mutter meinte, Henry sehe heute so chic aus, machten sie sich auf den Weg. Jims gute Laune kam mit Sicherheit nicht nur vom Wetter. Er hatte Gold Nuggets in den Augen und Diamanten unter den Schuhsolen. Jim berichtete ihm unterwegs von seiner Vorsichtsmaßnahme und seinem Test mit dem Stein, und Henry`s Endeckergeist wuchs mit jedem Meter, dem sie sich dem Hügel näherten. Als sie davor standen durchschlug Jims Skala den roten Bereich. Endlich war es so weit und nichts und niemand konnte sie mehr aufhalten. Der Aufstieg fiel Henry diesmal wesentlich leichter, weil die Felsblöcke trocken waren und er auch besser sehen konnte. Dennoch nahm er Jims Hilfe dankend an. Oben angekommen entfernten sie als erstes den Ast vom Eingang und leuchteten mit der Taschenlampe in das schräg abfallende Loch. Der Kontrast der äußeren Helligkeit, zur Dunkelheit des Eingangs, ließ Henrys Taschenlampe wirken, wie ein Glühwürmchen, das bei gleißenden Scheinwerferlicht versucht die dunkle Ecke einer Halle zu erhellen. Es brachte so gut wie gar nichts. Schließlich banden sie das Seil einfach am Baumstamm fest und ließen den Rest in die Höhle hinabfallen. Jim erklärte sich bereit hinabzuklettern und Henry sollte zur Sicherheit oben warten, um Hilfe holen zu können, falls irgendetwas Unvorhergesehenes passiert. Für den Fall, dass er etwas Wertvolles finden würde, schnallte er sich seinen Rucksack um. Ganz davon abgesehen, dass Jim wesentlich sportlicher war wie er, war Henry auch froh, sich gewissen Ängsten nicht stellen zu müssen. (Schlangen, Spinnen oder Riesenwürmer, die einen aufsaugen und in die Erde ziehen.) Jim krabbelte bäuchlings mit den Füßen voraus, in das schmale, schräg abfallende Loch und hielt sich dabei so gut es ging am Seil fest. Nach nicht ganz zwei Meter, merkte er wie seine Füße frei in der Luft schwebten und noch ein Stück weiter, baumelten seine Beine frei in die Höhle hinab. Jims Herz klopfte vor Aufregung und seine Gefühle schienen mit ihm Achterbahn zu fahren, doch er wusste, er musste sich jetzt konzentrieren. Dennoch war der Erfolg eher mäßig. Jim dachte an Mumien, die über den sandigen Boden schlurfen und nur darauf warten, das seine herabhängenden Beine noch etwas näher kommen, um sie zu packen und ihn zu sich herabzuziehen, um sich dann über ihn herzumachen und ihn mit ihrem fauligen Atem lebendig zu verspeisen. Als seine Beine eine heraustreibende Wurzel des Baumes berührten, konnte er nur noch mit Gewalt einen Schrei unterdrücken. Vorsichtig spähte er nach unten. An Henrys Taschenlampe, die er sich in seine Gesäßtasche gesteckt hatte, wäre er jetzt nur mit großer Mühe herangekommen, doch das einfallende Licht reichte aus, um die groben Umrisse der Höhle zu erkennen, auch wenn er den Boden noch nicht sehen konnte. Sie war kaum größer als sein eigenes Zimmer, hatte eine unebene runde Form und die Luft roch trocken und staubig. Er umfasste das Seil mit seinen Füßen und Beinen, auch wenn ihm das nicht besonders viel halt gab und ließ sich weiter hinabsinken, bis er gänzlich am Seil hing. Bei einem zweiten Blick Richtung Boden erkannte er, dass er höchstens zwei Meter entfernt war. Das Licht verlor sich in einem diffusen schwarzgrau, doch er konnte im groben erkennen, dass der Boden ziemlich eben war, bis auf ein paar vereinzelte Steine oder Äste die am Boden lagen und kaum mehr als ein Schatten zu erkennen waren. Mumien sah er zum Glück keine. Da er seine ganze Kraft in seine Arme legen musste, verzichtete er auch beim weiteren Abstieg auf die erhellende Wirkung seiner Lampe. Erst als er sicher am Boden stand, zog er sie aus seiner Tasche und schaltete sie ein. „Ich bin unten!“ Rief er nach oben. „Und was siehst du?“ „Also ich glaube Schätze sind hier keine, da liegen nur…“ Als der Lichtkegel seiner Lampe die angeblichen Steine und Äste erfasste, versagte ihm die Sprache. „Was ist denn?“ Rief Henry. Jim konnte einfach nicht glauben was er da sah. Sein Mund war schlagartig so trocken wie Sandpapier. Er konnte noch nicht mal erfassen was er fühlte, denn seine Gefühle wirbelten so schnell durcheinander, dass es nicht mehr zu definieren war. Das vor ihm waren keine Steine und es waren auch keine Äste. Vor ihm lag das Skelett eines Kindes.
Jim hatte schon mal ein Gummiskelett beim Arzt gesehen und auch mal eines im Fernsehen, doch dieses hier war zweifels ohne echt. Hätte sich das Skelett jetzt auch nur einen Millimeter bewegt, sei es durch einen Luftzug, oder irgendetwas anderes, - Jim hätte sich wahrscheinlich schreiend umgedreht und wäre gegen die Wand gelaufen, aber das tat es nicht. Nachdem er erst einmal seinen ersten Schock überwunden hatte, sah er es sich genauer an. Ein Arm war vorne angewinkelt und der andere, soweit man das noch erkennen konnte, seltsam nach hinten verdreht. Der Kopf lag auf der Seite und die Beine lagen wie Streichhölzer nebeneinander. „Jim!“ Jim hörte zwar wie Henry seinen Namen rief, doch es dauerte lange, bis er zu ihm durchdrang. „Alles in Ordnung, ich dachte nur ich hätte was gesehen!“ Rief er zurück. Jim wusste nicht warum er das tat, was er jetzt tat, aber der innere Impuls war so stark, das er nicht widerstehen konnte. Er nahm sich den Totenkopf und packte ihn in seinen Rucksack. Jim hatte weiß Gott keine abartigen Neigungen, aber ein echter Totenkopf, kam in seiner Seltenheit durchaus einem Schatz gleich. Zumindest für ihn. „Ich komm jetzt wieder nach oben!“ Rief er Henry erneut zu und hoffte inständig, er hätte keinen Verdacht geschöpft. Der Aufstieg war nicht gerade einfach, aber machbar und mit staubigen Haaren und verschmutzter Kleidung, robbte er sich wieder nach draußen. „Tut mir leid“, sagte er keuchend und leicht verschwitzt, nachdem er sich neben Henry auf den Boden gesetzt hatte, „aber außer ein paar fetten Spinnen ist da nicht viel.“ „Na ich hab dir ja gesagt, du sollst dir keine zu großen Hoffnungen machen“, und nach einer kurzen Pause fügte Henry hinzu, „wirkliche Schätze findet man selten.“ Wie Recht er doch hatte. Er hatte seinen Schatz gefunden. Einen echten Totenkopf, und wenn er Henry davon erzählen würde, wäre er weg. Er würde in Panik geraten, wie seine Mutter wenn sie eine kleine Maus sieht. Würde die Polizei verständigen wollen, damit alles schön seine Ordnung hätte, bis seine Welt wieder geordnet wäre, wie die Gartenzwerge vor seinem Haus, und schwups wäre das aufregendste was er je gefunden hatte verschwunden, in einer Plastiktüte mit einer Nummer darauf. Man würde sie ermahnen, dass Kinder in so einer Höhle nichts zu suchen hätten, und ihnen erklären, was ihnen alles dabei zustoßen könnte. Sein Vater würde missbilligend mit dem Kopf schütteln, und seine Mutter würde ihre zehn Gebote runter rattern und anschließend seufzen, dass er ja eh nicht auf sie hört. Ein kurzer Artikel würde in der Zeitung erscheinen, das die Polizei auf spektakulärer Weise, den außergewöhnlichen Fund eines Skelettes in einer Höhle gemacht hätte und wenn überhaupt, würden sie als die zwei anonymen Jungen in Erscheinung treten, die es fanden. Am nächsten Tag, würde man über einen Unfall