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nach Elis.“

      Diese Worte brachten Antinoos und Eurymachos schnell auf die Beine, und auch die anderen Freier eilten herbei. Sie wollten auf der Stelle wissen, wann und mit wem Telemach in See gestochen sei und ob er dem Noemon sein Schiff etwa unter Zwang abgenommen habe.

      Das hätte Telemach bei ihm gar nicht nötig, stellte Noemon gleich richtig, und es seien die Besten der Stadt, die sich ihm angeschlossen hätten. Als Schiffsführer wäre Mentor an Bord gegangen, aber vielleicht wäre das in Wahrheit ein Gott, denn erst gestern hätte er Mentor wieder hier am Ort gesehen. Und damit verabschiedete sich Noemon von den Freiern.

      „Das darf doch wohl nicht wahr sein!“, empörte sich Antinoos. „Verschwindet der Kleine einfach gegen unseren Willen mit dem besten Schiff! Wir müssen uns vorsehen! Besorgt mir ebenfalls ein schnelles Schiff und zwanzig Mann, dann soll Telemachs Seefahrerei ein jähes Ende finden.“

      Das fand bei allen Umstehenden Beifall und sie begaben sich anschließend eilig in das Haus des Odysseus.

      Der getreue Ausrufer Medon aber hatte Wind von diesem Anschlag bekommen und sprach deswegen sogleich bei Penelope vor.

      „Wie kommt mein Sohn nur auf eine solche Idee? Weshalb muss der Junge nun auch noch über's Meer fahren? Will er denn genauso umkommen wie sein Vater?“, entfuhr es Penelope unter Tränen.

      Der Ausrufer antwortete so gut er konnte, nämlich, dass Telemach von sich aus, oder von einem Gott beraten, nach Pylos wollte, um sich dort nach dem Schicksal seines Vaters zu erkundigen. Als sich Medon wieder zurückgezogen hatte, schimpfte Penelope die jammernden Mägde aus: „Warum hat mir keine von euch Bescheid gesagt? Ihr wusstet doch bestimmt von dem Vorhaben meines Sohnes. Hätte ich nur etwas geahnt, ich hätte ihn schon davon abzuhalten vermocht. Aber los, eine ruft mir jetzt den alten Diener Dolios. Er soll geschwind zum alten Laërtes und ihm alles berichten. Vielleicht weiß er ja einen Rat!“

      Dazu kam es aber nicht, denn nun warf sich die alte Eurykleia vor ihre Füße und bat um Vergebung. Der junge Herr habe ihr einen schrecklichen Eid abverlangt, so dass sie erst zu Beginn des zwölften Tages von seiner Fahrt etwas hätte sagen dürfen, und Penelope solle doch lieber zu Athene beten, als den alten Laërtes noch tiefer in seinen Kummer zu stürzen.

      Da beruhigte sich Penelope wieder ein wenig. Sie betete zu Athene, wie von Eurykleia geraten, und Athene erhörte ihr Gebet.

      „Unsere geliebte Penelope wird bald Hochzeit feiern und hat keine Ahnung, dass ihr Söhnchen daran wohl nicht teilnehmen wird!“

      So oder ähnlich tönten unterdessen die Übermütigsten der Freier, die aber sogleich von Antinoos zurechtgewiesen wurden: „Seid ihr verrückt? Was fällt euch ein, so laut herumzuschreien!“, und er fuhr selber leiser fort: „Ich werde mir jetzt zwanzig der Besten von uns aussuchen und mit ihnen heimlich verschwinden, so wie es abgemacht war!“

      Noch am selben Abend wollte Antinoos den Posten seines Hinterhaltes beziehen.

      Penelope aber hatte sich nach dem Gebet auf ihr Lager gelegt. Sie konnte nichts essen und nichts trinken. Ständig kreisten ihre Gedanken um Telemach: Wird er den Freiern entrinnen? Oder wird er den Tod durch sie finden?

      Erschöpft fiel sie schließlich in einen leichten Schlaf. Athene sah das Leid der geplagten Frau, und sie schickte ihr ein Schattenbild an das Bett, das Iphtime glich, der Schwester Penelopes: „Arme Penelope, die Sorgen um deinen Sohn bringen dich noch um. Dabei hast du keinen Grund dazu. Telemach wird wieder heimkehren, hat er sich doch vor den Göttern kein Unrecht zu Schulden kommen lassen.“

      „Ach Iphtime, was führt dich zu mir? Du kommst so selten, hast ja auch einen weiten Weg hierher – du meinst, ich brauche mir keine Sorgen zu machen, und das, nachdem ich meinen geliebten Mann wohl schon verloren habe und ich nun weiß, dass diese Schurken meinen Sohn hinterrücks ermorden wollen?“

      „Vertraue mir Penelope! Keine Geringere als Pallas Athene hat mich in deine Träume geschickt, und Athene ist es auch, die Telemach unter ihren Schutz gestellt hat.“

      „Wenn du von einer Göttin gesandt worden bist, dann sage mir doch auch etwas über meinen Mann! Lebt er noch? Bitte sprich!“

      „Dazu kann ich dir leider nichts Genaues sagen, und Vermutungen von mir nützen dir nichts.“

      Damit verschwand der Schatten, wie er gekommen war, und Penelope öffnete erleichtert die Augen. Sie spürte, dass dies kein leerer Traum war, und sie fasste neuen Lebensmut.

      Die Freier aber bestiegen ihr Schiff und hielten schon bald Kurs auf eine kleine Felseninsel mit Namen Asteris. Diese Insel lag in der Meerenge zwischen Ithaka und dem gebirgigen Same. Verborgen in einer ihrer zahlreichen Buchten wollten sie dann Telemach auflauern.

      5 Abschied von Kalypso

      Die Nymphe Kalypso hauste in einer großen Höhle, ihren Herd befeuerte sie mit weit duftendem Zedernholz und Lebensbaum.

      Erst nach einer neuerlichen Mahnung Athenes hatte der Götterbote Hermes von Zeus den Auftrag erhalten, die Nymphe nun endlich aufzusuchen. Hermes war erstaunt, in welch reizvoller Umgebung sie lebte.

      Ein immergrüner Wald aus Erlen, Pappeln und Zypressen umschloss die Höhle. In den Bäumen nisteten viele Vögel, auch große, wie Eulen, Habichte und Krähen. An der Felsenwand der Höhle hatte sich ein kräftiger Weinstock festgekrallt, der voller Trauben hing. Gleich vier Quellen sprudelten von hier aus in die verschiedenen Teile des Umlandes. Dazwischen gediehen Wiesen mit Veilchen und Eppich.

      Kalypso erkannte Hermes sofort als einen der ihren, auch wenn sie ihm zuvor noch nie begegnet war. Sie unterbrach ihr Singen und Arbeiten am Webstuhl, um ihm einen Platz anzubieten.

      Während sie Ambrosia reichte und roten Nektar mischte, fragte sie Hermes, was es mit seinem Besuch auf sich hätte. Aber Hermes genoss erst die Speise und den Trank der Götter, ehe er seine für Kalypso unangenehme Botschaft verkündete: „Es ist Zeus, der mich zu dir gesandt hat. Von mir aus wäre ich bestimmt nicht gekommen. Zwischen deiner Insel und der nächsten Stadt wogt meilenweit nur salziges Wasser, und freiwillig lebt hier kein einziger Mensch, der einem Opfer spenden würde. Doch Befehl ist Befehl!

      Zeus sagt, bei dir lebt ein Mann, der wohl der unglücklichste aller ehemaligen Kämpfer vor Troja ist. Du sollst ihn nun endlich freigeben, denn es ist ihm nicht bestimmt, dass er hier zugrunde geht.“

      „So seid ihr eifersüchtigen Götter!“, entrüstete sich Kalypso. „Immer neidet ihr es uns Göttinnen, wenn wir unser Lager mit einem Sterblichen in Liebe teilen. Ob bei Eos und ihrem Orion oder bei Demeters Jasion, immer habt ihr euch eingemischt: Den einen traf ein Pfeil der Artemis, den anderen ein Blitz des Zeus. Mir und meinem Odysseus soll es wohl nun auch so ergehen. Dabei habe ich ihn aus den Fluten gerettet, als schon alle seine Gefährten im Meer versunken waren. Ich nahm ihn freundlich auf, gab ihm zu essen und schenkte ihm meine Liebe, ja, ich wollte ihn sogar unsterblich machen und ihm ewige Jugend verleihen.

      Aber bitte – wenn Zeus es so will, dann lasse ich ihn eben wieder auf das Meer hinaus. Ein Geleit kann ich ihm jedoch nicht geben. Ich verfüge weder über ein Schiff noch über Ruderer. Aber ich will ihm gerne die nötigen Ratschläge erteilen, damit er unversehrt sein Land erreicht.“

      „Du hast die Botschaft vernommen!“, bekundete Hermes. „Denke nur stets an den Zorn des Zeus, damit du es dir nicht wieder anders überlegst!“

      Mit dieser Warnung entschwand der Götterbote den Blicken der Kalypso, und sie machte sich unverzüglich auf den Weg zum Strand.

      Dort kauerte Odysseus mit tränenverschmiertem Gesicht, die Augen starr über die Wogen des Meeres gerichtet.

      „Du hast keinen Grund mehr zur Klage!“, sprach ihn Kalypso unvermittelt an. „Ich lasse dich frei. Fälle dir einige Bäume, dann gebe ich dir Eisenklammern, damit du die geschälten Stämme aneinander fügen und dir auf das Floß ein Verdeck bauen kannst. Du erhältst von mir auch Proviant und Kleidung und was du sonst noch für deine Fahrt auf dem Meer benötigst. Zudem will ich dir einen günstigen Wind schicken,

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