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ist ... «, sagte Julia. »Es ist nichts. Überhaupt nichts.«

      Der Vater forderte: »Die Wahrheit, Tochter! Soll ich es erst von der Schule erfahren? Hast du einen Jungen verprügelt? Oder dem Lehrer die Kreide geklaut?«

      Julia schwieg. Sie hätte gern mit den Eltern über Herrn Rohnke, über die Klasse, über Pit gesprochen. Aber sie hatte sich fest vorgenommen, die Angelegenheit morgen mit Liebscher zu regeln.

      »Es ist wirklich nichts. Alles ist in bester Ordnung«, sagte Julia.

      Die Eltern schauten sie nachdenklich an, ließen es aber dabei bewenden.

      Julia war froh, als sie den letzten Teller in den Schrank stellte. Dann ging sie schnell in ihr Zimmer, um die Hausaufgaben zu erledigen.

      5.

      Der Spätsommer behauptete sich noch immer gegen den Herbst. Ein Tag war schöner als der andere. Im Heuweg fackelte das Bunt der Blumen und Blätter.

      Die Mathestunde hatte begonnen. Ellen flüsterte Julia zu: »Juli, ich habe einen tollen knallroten Bikini gesehen. Im Sportgeschäft auf der Schumannstraße. Nun rate mal, was die dafür haben wollen?«

      »Kannst du nicht mal einen Moment still sein.«

      »Warum bist du nur so nervös«, antwortete Ellen spitz. »Du hast doch bestimmt wieder eine Eins oder eine Zwei. Also, was regst du dich auf?«

      Julia winkte ab. Sie sah wie gebannt auf Herrn Rohnke, der die Mathearbeiten zurückgab. Sie hörte ihren Namen. Herr Rohnke lächelte. »Julia - eine fabelhafte Eins!«, sagte er. Der Lehrer war guter Stimmung. Die Klasse hatte in dieser Arbeit ausgezeichnete Ergebnisse erreicht.

      Die Spannung in Julia nahm nicht ab. In den letzten Tagen hatte sie versucht, mit Pit Mathe zu üben. Aber Pit begriff schlecht. Nicht, dass er nicht begreifen wollte. Es ging einfach nicht in seinen Kopf hinein. Julia hatte oft das Gefühl, dass der Junge mit seinen Gedanken weit weg war.

      Sie sah jetzt zu Liebscher hinüber, der ihr zunickte und sagte: »Gratuliere.«

      Julia lächelte schwach zurück. Gleich am nächsten Tag nach ihrem Streit hatte sie mit Liebscher gesprochen. Er hatte es ihr leicht gemacht. Hatte so getan, als wäre alles längst vergessen. Auch in der Klasse sprach man nicht mehr darüber.

      »Pit Janko!«

      Herr Rohnke knöpfte sich den Hemdkragen auf. »Kann nicht mal jemand das Fenster öffnen? Ist doch wieder verdammt warm heute.«

      Julia zuckte zusammen, sah, wie auch Pit erschrak.

      Herrn Rohnkes Stimme hatte gestockt, war bei Pits Namen von ihrem Höhenflug abgestürzt. Der Lehrer hielt das Blatt Papier, als getraute er sich nicht, es aus den Händen zu geben. Seine Lippen bewegten sich. Die Augenbrauen waren eng zusammengezogen. Es sah so aus, als rechnete er noch einmal Pits Arbeit durch.

      Pit war aufgestanden. Es hielt ihn einfach nicht mehr auf seinem Stuhl. Er spürte aller Augen auf sich. Unruhig rieben seine Fäuste am Hemd.

      Herr Rohnke sagte etwas. Niemand hatte ihn verstanden. Nun wiederholte er lauter: »Eine - eine Fünf.«

      Julia saß wie benommen. Eine Fünf hatte sie nicht erwartet. So hatte ihr gemeinsames Üben also überhaupt nichts geholfen. Im Gegenteil: Pits Leistung hatte sich noch verschlechtert.

      Der Lehrer und Pit standen sich gegenüber. Beide hielten eine Hand an der Mathearbeit.

      Herr Rohnke suchte Pits Augen. Er wollte etwas sagen. Etwas wie: Na, Kopf hoch. Wird schon werden. Aber er bekam es nicht über die Lippen.

      Pit sah an Rohnke vorbei aus dem Fenster. Er fühlte Julias enttäuschte Blicke, vermutete Gleichgültigkeit in der Klasse.

      Der Lehrer empfand sekundenlang Hilflosigkeit Pit gegenüber. Mit diesem Jungen kam er nicht zurecht. Der konnte oder wollte nicht. Es waren also nicht alle Schüler zu guten Leistungen zu führen. Dieser hier nicht. Rohnke war Sportler. Ein Kämpfer. Überall im Leben. Er fühlte sich von Pits Abwehrhaltung, von seiner Verschlossenheit und Sturheit besiegt.

      Herrn Rohnkes Haltung straffte sich. Er zog Pits Arbeit zurück. Sagte: »Hör mal, Pit. Du könntest wieder jeden Freitag zu mir kommen. Wir sind wohl in letzter Zeit beide etwas außer Tritt gekommen.« Er hielt Pits Arbeit hoch. »Junge, das ist doch Spielerei hier. Menschenskind, das wäre doch gelacht, wenn wir es nicht schaffen würden!«

      Für einen Moment sah Pit Herrn Rohnke an. Julia glaubte so etwas wie Dankbarkeit und Hoffnung in Pits Blick gesehen zu haben, als er sich kurz nach ihr umschaute.

      »Übrigens«, sagte Herr Rohnke, jetzt zur Klasse gewandt, »ich habe eine Exkursion geplant. In zirka drei Wochen. In der Köhraer Genossenschaft.«

      Die Klasse trommelte Beifall auf die Tische.

      Nach der Schule zog Ellen Julia mit zu dem Sportgeschäft, wo sie den knallroten Bikini entdeckt hatte. Julia ließ es willig geschehen, obwohl sie sich vorgenommen hatte, zu Hause aufzuräumen. Aber sie war in guter Stimmung. Sie hätte heute jeden Blödsinn mitgemacht.

      Immer wieder fragte sie Ellen: »Ist Herr Rohnke nicht großartig? Also ich finde ihn einfach phantastisch! Es ist überhaupt nicht daran zu zweifeln, dass er aus Pit noch einen Rechenkünstler macht!«

      »Das stimmt, Juli.« Ellen war ganz aufgeregt. Ihr Gesicht glühte. Am liebsten wäre sie zum Sportgeschäft gerannt. »Genauso ist Werner. Mit ihm könnte ich - könnte ich die Sterne vom Himmel holen.«

      »Liebscher.« Julia winkte ab. »Der ist doch gegen Herrn Rohnke nur ein kleiner Fisch.«

      Ellen wollte etwas entgegnen. Aber sie stand sprachlos vor dem Schaufenster des Sportgeschäfts.

      »Hier hat er gelegen«, sagte sie verzweifelt. »Siehst du, genau hier.«

      »Der hier ist blau«, sagte Julia gelangweilt. Sie hatte einen Bikini. Ihr war es gleichgültig, ob der blau, rot oder grün war. Sie forderte: »Na beeile dich doch, Ellen. In einem blauen Bikini schwimmt es sich auch nicht schlechter.«

      Ellen schluckte. Sie sagte leise: »Es geht doch nicht ums Schwimmen. Weißt du ja genau, dass ich nicht schwimmen kann. Aber Werner mag rot. Es ist seine Lieblingsfarbe.«

      »Und was ist deine Lieblingsfarbe?«, wollte Julia wissen.

      »Grün - nein, warte - blau. Blau ist meine Lieblingsfarbe.«

      »Komm!« Julia schob Ellen in den Laden. Es roch nach Leder und Parfüm.

      »Na, meine Damen, was soll's denn sein?«, fragte die Verkäuferin.

      Sie hatte sich gerade mit Parfüm die Schläfen eingerieben. Sie schimpfte: »In diesem Loch hier kann man kaum noch Luft holen. Dann der Gestank von der Brauerei. Man kann nicht einmal die Tür offenstehen lassen!«

      »Zeigen Sie uns den blauen Bikini«, sagte Julia. Sie stand an der Tür, sah den Rauch der Brauereischornsteine durch die Straße ziehen. Vater hatte zu Hause erzählt, das würde sich bald ändern, wenn die neue Heizanlage stehen würde. Aber das war vor einem Vierteljahr gewesen.

      Julia hielt den Bikini hoch. »Na, gefällt er dir?«, fragte sie ungeduldig.

      »Wenn ich ihn kaufe, bin ich völlig blank«, sagte Ellen unsicher.

      Julia griff sich an die Stirn. »Das ist zum Verrücktwerden! Mit dem roten Bikini hättest du auch keine Mark gespart!«

      »Der rote Bikini ist leider verkauft«, sagte die Verkäuferin.

      »Dachten wir uns«, bemerkte Julia. Sie war wütend auf Ellen. Beide gingen schließlich ohne den Bikini aus dem Laden. Die Hitze glühte von den Pflastersteinen die Beine hoch.

      »Entschuldige, Julia ... « Ellen drehte verlegen in ihrem funkelnden Haar.

      Julia fuhr auf. »Entschuldige, entschuldige! Ich will dir mal was sagen, du Unschuldsengel! Seitdem du in Liebscher verknallt

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