Скачать книгу

wissen doch, wer in welche Gehaltsgruppe eingestuft ist und seit wann.“

      Ich weiß nicht, ob die die Informationen einfach so weiter geben dürfen.“, überlegte Ursula Koch.

      „Fragen kostet ja nichts.“, entgegnete Siegfried Wischmeier.

      „Na gut. Ich kann mich ja mal erkundigen.“, lenkte Frau Koch ein.

      „Das beantwortet aber nicht die Frage nach unserer weiteren Strategie.“, insistierte Jens Carstensen.

      „Im Prinzip müssten wir eine Mitarbeiterversammlung einberufen und vor der Lohndumping-Praxis warnen.“, schlug Siegfried Wischmeier vor.

      „Das dürfen wir nicht.“, erwiderte Jens Carstensen. „Dazu müssten wir vertrauliche Informationen ausplaudern. Da muss nur ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin auf der Versammlung sitzen, der oder die das an den falschen Stellen 'rum erzählt und dann sind wir geliefert. Ich denke, wir müssen zweigleisig fahren: einerseits die Mitarbeiter wappnen, indem wir sie in vier-Augen-Gesprächen impfen, mit dem deutlichen Hinweis, dass die Informationen absolut vertraulich sind, und andererseits müssen wir dafür sorgen, dass diese Praxis von höherer Stelle unterbunden wird. Ich könnte mich an den landeskirchlichen Beauftragten für die Mitarbeitenden in Verkündigung und Seelsorge wenden, der kennt auch bestimmt die richtigen Ansprechpartner für den Bereich Kindertageseinrichtungen.“

      „Dann tu das doch.“, unterstützte Regina Heuer den Vorschlag. „Und ich knöpfe mir die Einrichtungsleiterinnen und meine Mitarbeiterinnen alle einzeln vor. Ich kann nicht mit jeder einzelnen Erzieherin sprechen, aber die leitenden Kolleginnen sind absolut loyal und keine ist so blöd sich zu verplappern.“

      „Dein Wort in Gottes Ohr.“, sagte Friedrich Ortmann.

      „Und was tun wir, wenn sie als nächstes auf die Verwaltungskräfte los gehen?“, fragte Ursula Koch.

      „Ich glaube die Verwaltung hat Gehalts-technisch eine ganz gute Lobby.“, beruhigte sie Siegfried Wischmeier. „Die sitzen auch in der Leitungsebene und haben den Überblick über die Finanzen. Euer Problem ist eher, dass sie euch mit dem Effektivierungswahn immer mehr mit Arbeit zuschaufeln, damit sie bloß sozial verträglich Personal abbauen können, genau wie bei uns Küstern.“

      „Na ja und die Kirchenmusik bekommt schon immer Dumping-Löhne.“, mischte sich Friedrich Ortmann ein. „Abgesehen von uns A-Musikern. Aber die Stellen werden ja auch immer mehr zusammengestrichen. Überall nebenberufliche C-Musiker mit 10-13-Stunden-Verträgen, die in Wirklichkeit aus Idealismus 20-30 Stunden arbeiten. Die einzigen, die sich zurücklehnen und in den Vier-Sterne-Urlaub jetten können, sind die Pfarrer.“

      „Naja, Pfarrstellen werden ja auch gestrichen.“, beschwichtigte ihn Regina Heuer. „Bei denen gibt es auch massive Arbeitsverdichtung, gestrichenes Weihnachtsgeld, aber die klagen bei ihren anderen Voraussetzungen natürlich auf hohem Niveau. Wem es als Pastor zu stressig ist, könnte ja auch auf halbe Stelle reduzieren. Davon kann man immer noch gut leben, besser als eine Vollzeitkraft im Kindergarten. Aber sie haben natürlich auch eine anspruchsvolle und langjährige Ausbildung. Wenn wir auch Pfarrer wären, würden wir auch so viel verdienen.“

      „Ja, aber wer zum Teufel braucht so viele Pfarrer?“, unkte Ursula Koch.

      Die gesamte Runde lachte herzlich.

      „Sind wir dann soweit klar?“, fragte Jens Carstensen. „Ich hab' heute noch Einiges im Jugendreferat zu erledigen und wäre nicht böse, wenn wir hier Schluss machen könnten.“

      „Und der Kaffee?“, fragte Ursula Koch.

      „Ja, den müssen wir natürlich noch zusammen trinken.“, grinste Jens Carstensen und machte sich auf den Weg in die Teeküche.

      7. Arche-Noah-Kita – Minden

      Frau Schlatter hat Cindy schon wieder mit Fieber vorbei gebracht.“ Sabine Krönke goss kochendes Wasser in die Früchteteekanne.

      „Na dann ruf' ich da doch gleich mal an.“, erwiderte Regina Heuer. „Wird's wieder nix mit in Ruhe Window Colours malen. Die Ärmste. Seit sie Mutter ist, hat sie kaum noch Zeit für sich.“

      „Immerhin holt sie ihre Tochter nicht auf Inlineskatern ab wie damals Frau Ludwig.“

      „Das würde ihr auch erhebliche Probleme bereiten, im Hinblick auf ihren Körperschwerpunkt.“

      „Ihr Körper ist ein einziger Schwerpunkt.“

      „Sabine! Wie gemein!“, tadelte Regina Heuer sie grinsend und verschwand im Leitungszimmer. Sie konnte verstehen, wenn erwerbstätige Mütter mit gnadenlosen Vorgesetzten ihre Kinder nur im äußersten Notfall zu Hause behielten; insbesondere, wenn sie alleinerziehend waren. Da konnte es schon mal zu einer Fehleinschätzung kommen. Aber Frau Schlatter hatte nur einen Mini-Job in den Abendstunden, einen anständig verdienenden Gatten, und sie schob ihr Kind ab, wo sie nur konnte, damit sie Zeit für ihre infantilen Hobbys hatte. Cindy wurde wie ein Accessoire präsentiert, wenn sie damit punkten konnte, ansonsten interessierte sie sich nur für sich selbst. Zum sicherlich zehnten Mal in diesem Jahr wählte sie die bekannte Nummer, die sie – wenn auch unfreiwillig – auswendig wusste: „Frau Schlatter, hier ist Frau Heuer von der Kita. Sie müssen Cindy sofort abholen, sie hat Fieber.“

      Nach einem kurzen betretenen Schweigen folgte am anderen Ende der Leitung der gewohnte Redeschwall: „Oh je! Das ist ja ganz ungünstig. Dann muss ich das heute Nachmittag ja absagen und einen neuen Termin machen. Die werden aber gar nicht begeistert sein. Wir müssen doch heute Nachmittag noch zum Leukopäden.“

      „Zum was?“ Regina Heuer dachte, sie hätte sich verhört.

      „Zum Leukopäden. Cindy spricht doch so schlecht. Ich kann aber nicht jetzt gleich kommen. Ich muss erst noch die Konturen zuende malen, dann kann die Konturenpaste fest werden, wenn ich Cindy hole, und wenn sie dann schläft, kann ich mit ausmalen anfangen.“

      Regina Heuer war fassungslos: „Frau Schlatter, Sie kommen jetzt sofort und holen Ihr Kind! Cindy geht es schlecht. Sie muss so schnell wie möglich ins Bett. Sie hätten sie gar nicht erst bringen dürfen. Sie kann die anderen Kinder und die Erzieherinnen anstecken. Wenn Sie in zehn Minuten nicht hier sind, lasse ich Cindy von der Polizei abholen und schalte das Jugendamt ein.“

      Regina Heuer knallte den Hörer auf die Gabel. Sie sah auf die Uhr: 7.41 Uhr. „Okay Schnecke“, dachte sie, „bis 51 hast du Zeit, sonst knallt's.“

      Es war erst 7.46 Uhr, als Frau Schlatter flammend rot vor Zorn ins Leitungszimmer stürmte. Sie machte sofort den Mund auf: „Sie! So reden Sie mit mir nicht! Das wird ein Nachspiel haben! Ich beschwere mich bei ihrem Superintendanten.“

      „Falls Sie den Superintendenten meinen“, erwiderte Regina Heuer gelassen, „das dürfte schwierig werden. Der ist gestern Morgen ermordet worden.“

      „Er-mordet?“, stammelte Frau Schlatter und bekam den Mund vor Entsetzten nicht wieder zu. Reglos starrte sie die Kita-Leiterin an.

      „Keine Angst, ich war's nicht.“, beruhigte Regina Heuer sie. „Cindy liegt im Krankenzimmer. Und ich bin schon dabei, den Meldebogen fürs Jugendamt wegen Kindeswohlgefährdung auszufüllen. Noch so ein Vorfall und ich schicke ihn ab; seien Sie versichert. Dann machen die Kollegen aus der Erziehungshilfe Ihnen Dampf.“

      Wortlos drehte Frau Schlatter sich um und warf die Bürotür ins Schloss. Wenig später sah Regina Heuer sie Cindy hinter sich her schleifen. „Jetzt mach schon!“, zischte sie. „Wegen dir konnte ich meine Konturenpaste nicht zuende auftragen.“

      Sabine Krönke kam mit einer Tasse Tee herein. „Hier, zur Beruhigung.“, sagte sie und stellte die Tasse auf den Schreibtisch.

      „Cindy muss zum Leukopäden.“, sagte Regina mit todernster Miene.

      „Zum was?“, fragte Sabine irritiert.

      Regina prustete los: „So hab ich auch reagiert und dann erklärte Frau Schlatter: 'Cindy spricht

Скачать книгу