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weiter. Nach einigen Wochen bringen ihr die ein bis zwei Weingläser nicht mehr die wohlverdiente Ruhe. Wohl schläft Jastine schnell ein, nach einer Stunde ist sie hellwach und findet nicht in den Schlaf zurück. Sie läuft durchs Haus, wandert von einem Zimmer ins andere. Legt sich zurück ins Bett und schläft dann irgendwann für wenige Minuten ein. Am nächsten Morgen ist sie kaputt und fühlt sich antriebsarm. Jetzt kommt der Kaffee ins Spiel. Vielleicht macht er sie für einige Minuten munter, länger auf keinen Fall und…. Jastine fühlt sich wieder antriebsarm, müde und zerschlagen. Sie isst kaum, hat enorm abgenommen. Ihr fehlt der Appetit. Jastine erwischt sich immer häufiger dabei, das sie ungerecht wird und vor allem sehr laut. Sie ist mit sich selbst unzufrieden und erkennt sich kaum wieder. Sich einen Rat beim Hausarzt holen, fällt der Powerfrau nicht ein. Stattdessen kauft sie sich im Reformhaus Vitaminpräparate, welche ungemein helfen sollen. Nun Glaube versetzt Berge, aber nicht bei Jastine. Dann kommt der erste Tag, an dem sie Angst im Fahrstuhl verspürt. Angst die aus dem Bauch kommt und sie lähmt, normal zudenken. Und das wiederum erhöht den Pegel des Angstzustandes. Der Hals wird ihr enger und sie vermeint, keine Luft zu bekommen. Sekunden werden zu Stunden, bevor der Fahrstuhl auf Ebene Null sein Ziel erreicht hat. Schweißgebadet verlässt sie panikartig den Lift und kommt erst auf der Straße wieder zu sich. „ Was war das denn eben?“ Jastine schüttelt sich und vergisst den Vorfall. Eines Abends, sie ist mit ihrem Mann auf einem Bankett der Anwälte, spürt sie, wie die Angst ohne ersichtlichen Grund sich aus ihrem Bauch heraus im ganzen Körper manifestiert. Das Sektglas fällt aus ihrer Hand und die Kehle ist wie zu geschnürt. Jastine bekommt wieder keine Luft mehr und hat das Gefühl, nur noch raus hier. Sie stürzt sich in ihren Mantel und verlässt im Eiltempo das Gebäude. Unten vor dem Haus wird sie ruhiger. Ihr ist wieder nicht klar, was mit ihr geschehen ist. Sie verspürt das Gefühl, neben sich zu stehen. Sie kann nicht beschreiben, wie ihr ist. Das Herz pocht wie wild. Einer Ohnmacht ähnlich fesselt sie die Angst und immer häufiger packt sie dieser Zustand, völlig unvorbereitet. Ging Jastine früher gern über die Fußgängerbrücke am kleinen Fluss, meidet sie diese apathisch. Plötzlich ziehen sie die Gedanken in den Fluss, wie angenagelt, steht sie da und kann keinen Fuß vor den anderen setzen. Ein Zustand, den sie nicht versteht. Dafür muss sie nun den längeren Weg zum Einkaufen wählen. Samstag war dies bislang ihr Morgenspaziergang seit Jahr und Tag. Sie holte die Frühstücksbrötchen für die ganze Familie. Man konnte natürlich auch mit dem Auto, der Weg war der längere, die Brötchen holen. An eben so einen Samstag, Jastine befindet sich auf dem Rückweg, die Brötchen im Netz, trifft sie diese ihr bange machende Angst mit solcher Wucht, dass die Beine von allein laufen und erst im Park, aus reiner Atemnot, bleibt sie stehen. Die Brücke schwankt unter ihren Füßen und sie vermeint in den Fluss zufallen. Wie angenagelt steht und steht sie da. Vorbei gehende Leute schütteln zwar den Kopf und einer zeigt ihr einen „Vogel“. Aber helfen? Keiner der vorbeigehenden Passanten kümmert sich um die vermeintliche Verrückte. Des denken wieder mächtig, noch nach Luft ringend, erinnert sie sich in ihrer misslichen Lage des Handys. Das Handy, welches in der Manteltasche steckt, hilft ihr letztendlich, sich von ihrer nicht gewollten und eben so unangenehmen Position zu befreien. Sie ruft ihren Ehemann an. Klaus schwingt sich in seine Sportsachen und läuft flugs zu seiner Frau. Wortlos nimmt er Jastine an die Hand bringt sie heim. Damals verstanden beide nicht, was geschehen ist. Seit diesem Vorfall meidet Jastine alle Brücken, Balkone, Fahrstühle. Ihre Gefühle behält sie für sich, sie schämt sich dessen. Diese Art von Zuständen nimmt drastisch zu. Jastine mag nicht mit ihrem Mann darüber reden. Zumal sie nicht weiß, warum sie, die starke Frau, plötzlich Angstgefühle bekommt. Im Gegenteil, Angst kannte sie nie und verstand andere nicht, die vor gewissen Dingen oder Situationen Furcht zeigten. Der Wein hilft ihr beim Einschlafen kaum noch. Ihr Wille ist jedoch so stark, dass sie bei maximal zwei Gläsern bleibt. Lieber läuft sie die halbe Nacht durchs Haus. Alkoholiker will sie nie werden. Schlecht geschlafen oder kaum, quält Jastine beim aufstehen der Gedanke, die Angst könne heut wieder zuschlagen. Sie hasst diese Zustände, es lähmt sie, lässt keinen vernünftigen Gedanken zu und macht sie willenlos. Wie sie sich aus diesen, für sie nicht erklärbaren Zustand befreien kann, weiß sie nicht. Es ist ihr ein unbekannter Zustand. Montagmorgen, tapfer geht Jastine zum Auto mit dem festen Vorsatz: „ heut fahre ich selbst zur Arbeit“. Mutig tritt sie ans Fahrzeug. Das Herz beginnt zu rasen, die Angst umklammert sie und der ihr unliebsame Zustand hat sie fest im Griff. Zittrig, mit schweißnassen Händen versucht sie den Schlüssel des Autos ins Schlüsselloch zu manövrieren. Vergeblich. Also tut Jastine gemäß der Macht, welche die Angst über sie ausübt nicht das, was sie eigentlich vorhatte. Lässt das Fahrzeug stehen und geht zur Bahn. Seit einigen Tagen ergeht es ihr in der Straßenbahn eben so schlecht, wie beim Autofahren. Plötzlich, völlig unerwartet, wird ihr heiß, die Luft knapp und das Gefühl, nur raus hier, quält sie. Das Herz rast, der Blutdruck steigt. Ständig denkt sie, verrückt werden zu müssen. Um in der Bahn nicht aufzufallen, steigt sie an der nächsten Haltestelle aus und geht den Rest zur Kanzlei zu Fuß. Bis dahin hat sich ihr Zustand normalisiert und in der Kanzlei bemerkt niemand von Jastins Qualen. Sie kann sich neuerdings nicht allein im Haus aufhalten. Auch dann pocht das Herz rast, es droht zu kollabieren. Jastine rennt von einem Raum zum anderen. Denken? Was ist das? Es will ihr nicht gelingen. Jastine entwickelt sich zum Hypochonder. Sie bildet sich Krankheiten ein, dass wäre ihr früher nicht in den Sinn gekommen. Aber verstehen tut Jastine diese enorme Veränderung nicht, nein sie schämt sich. Und so begibt sie sich in einen Teufelskreis, den sie ohne fremde Hilfe nicht mehr verlassen wird. Mit Macht schleppt sie sich zur Arbeit. Sie kann kaum den Ablauf einer Verhandlung Folge leisten, da helfen die vielen Tassen Kaffee auch nicht. Das empfohlene Johanniskraut aus der Apotheke macht sie unendlich müde, mehr nicht. Man vergaß wohl in der Apotheke ihr mitzuteilen, dass viel Kaffee die Wirkung des Johanneskrautes aufhebt. Jastine ist verzweifelt und hat niemanden in ihre Sorgen eingeweiht. Über kurz oder lang ist sie nicht mehr in der Lage, arbeiten zu gehen. Sie hat Angst vor dem Autofahren, sie hat Angst auf der Straße. Sie hat Angst mit dem Fahrstuhl zufahren. Sie hat vor „Allem“ Angst. Ihre Selbstständigkeit erspart ihren zunächst unangenehmen Fragen in der Kanzlei. Ole ihr Chef wünscht ihr alles Gute. Er denkt, dass seine Mitarbeiterin eine Grippe hat. Daheim täuscht sie eine Erkältung vor. Ihre Jungen kümmern sich nach Schulschluss rührend um die Mama. Immer wieder weint sie. Nach zwei Tagen Pause erscheint Jastine in der Kanzlei. „Bin wieder da.“ Mehr vermag sie nicht zusagen, da sonst die Tränen aufsteigen. Zu ihrem Übel haben sich die Tränen gesellt. Sie weint, ohne zu wissen, warum. Das alles ist für Jastine peinlich. Monate quält sie sich. Keiner ihrer Mitmenschen bemerkt die Veränderung an Jastine. Hat die Angst sie wieder einmal gepackt, schreit sie um Hilfe. Doch kein Mensch bemerkt ihre wortlosen Hilfeschreie. Bis Jastine eines Morgens nicht aus dem Bett kommt. Ihr versagen die Beine, ein Weinkrampf bringt sie fast um den Verstand. Zum ersten Mal bemerkt ihr Mann, wie dünn seine Frau und blass ausschaut. Er versteht absolut nicht, warum Jastine so herzzerreißend weint. „ Jastine, was ist mit dir? Warum weinst du? Hast du Ärger auf Arbeit, gehorchen die Kinder nicht. Hast du Schmerzen? Oder bist du schwanger?“ Doch Jastine antwortet nicht, sie kann nicht aufhören mit dem Weinen. Ihr fehlt die Kraft zum aufstehen. „Lass mich in Ruhe, ich bleib heut zu Haus, ich fühle mich nicht gut.“ Jastine dreht sich im Bett um, zieht die Decke über den Kopf und weint leise ins Kissen. Aus lauter Verzweiflung ruft Klaus den Hausarzt an. Doktor Adam ist nicht nur der Hausarzt von ganz Familie Pool, er ist auch der beste Freund von Klaus. Jastine bleibt im Bett, nur hier fühlt sie sich einigermaßen sicher. Warum nur, ist mir so komisch im Kopf, dass Gefühl nicht klar denken zu können, verunsichert sie. Was mit ihr geschieht, realisiert sie nicht. Es macht ihr noch mehr Angst. Sie versteht diese unbekannte Macht nicht, die ihrem sonst gewohnten Leben ein jähes Ende setzt. Hoffentlich kommt Adam bald, mit diesen Gedanken schläft Jastine letztendlich ein. Klaus empfängt den Hausarzt. Bevor er ihn zu Jastine lässt, setzen sie sich in die Küche. „ Was ist mit deiner Frau, Klaus? Du schaust recht besorgt aus. Erzähl!“ „ Wenn ich ehrlich sein soll, gefällt mir Jastine ganz und gar nicht. Sie hat abgenommen, fast finde ich sie mager. Und blass schaut sie aus. Sie hat mir nie gesagt, ob sie krank ist. Sie klagt nicht, sie weint nur. Hat keine Kraft zum Aufstehen, spricht von Angst. Ich begreife das nicht. Sie hat doch alles.“ Adam lächelt. „Nun alles haben ist nicht alles im Leben, mein lieber Freund. Ich gehe jetzt zu ihr, danach reden wir weiter.“ Der Doktor kann sich denken, was Jastine hat, das sie, so ungewöhnlich für diese ansonsten so starke Frau, ans Bett fesselt. Das Schlafzimmer wird von Rollos verdunkelt. Als erstes zieht der Doktor

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