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Sie kommen nachts. Jay Baldwyn
Читать онлайн.Название Sie kommen nachts
Год выпуска 0
isbn 9783738070521
Автор произведения Jay Baldwyn
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Daljit Jaspals Ehefrau nickte. »Man hat nicht einmal vor den Geschlechtsteilen Halt gemacht. Noch heute wache ich schweißgebadet auf. Seltsamer Weise konnten mein Mann und ich uns kurz danach nicht daran erinnern. Auch wussten wir nicht, wie wir zurückgekommen sind. Erst in der Hypnose …«
»Das veranlasst Kritiker dieser Berichte zu behaupten, es handle sich um psychische Illusionen ähnlich den optischen Täuschungen«, sagte Suman Passang. »Halten Sie es für möglich, dass es sich nur um eine Vision oder Halluzination gehandelt haben könnte?«
»Nein, ich habe noch nie davon gehört, dass zwei Menschen gleichzeitig dieselbe Vision hatten. Und dass wir uns im Wachzustand nicht erinnern konnten, ist für mich der Beweis, dass man uns eine Art Vergessenszauber auferlegt hat. Ähnlich dem Umfeld von Ananda Tsomo.«
»Wie sahen die Wesen aus, die Ihnen das angetan haben?«, hakte Suman Passang nach.
»Sie waren kleiner als wir, stark behaart, hatten spitze Ohren und Augen wie Insekten. Dann gab es noch Wesen, die viel größer als wir waren, bestimmt über zwei Meter. Und einer, der als eine Art Aufpasser fungierte, ähnelte uns Menschen und trug eine Atemmaske. Nur seine Augen waren riesig und sehr dunkel.«
»Seltsamer Weise wird immer von diesen schwarzen, mandelförmigen Augen ohne Pupille berichtet. Für die Gestalten in Science-Fiction-Filmen hat man diese Darstellung zum Teil übernommen«, hörte Suman Passang nicht auf zu bohren. »Und die angebliche Alienleiche in der Area 51, die eindeutig eine Puppe war, musste dann auch diese Augen haben.«
»Eine Gegenfrage: Warum sind Sie eigentlich hier? Ein Betroffener sind Sie doch wohl nicht.« Camaka Lanees Armreifen klingelten noch mehr und ihre Haltung nahm etwas Bedrohliches an. »Sind Sie ein Reporter, der ein bisschen spionieren will?«
Suman Passang lachte. »Nein, ich sagte doch, dass ich meine Eltern besuche und zufällig auf diese Veranstaltung aufmerksam geworden bin. Ich interessiere mich seit Jahren für das Ufo-Phänomen und gehöre sogar einem Interessiertenkreis in Paris an. Bei aller Euphorie haben wir uns eine gewisse Skepsis bewahrt. Schließlich hat sich die Vorhersage, dass die Außerirdischen 2012 landen werden mal wieder nicht bewahrheitet.«
»Wir wollen doch nicht alles durcheinander werfen«, ereiferte sich Daljit Jaspal, »uns geht es nicht darum, ob irgendwelche Raumschiffe auf der Erde landen, um womöglich die Weltherrschaft zu übernehmen, sondern dass wir auch ohne Landung gequält und für Experimente missbraucht werden. Ganz zu schweigen von den Unglücklichen unter uns, die ihre Kinder vermissen. Denen ist es herzlich egal, ob die Außerirdischen landen. Dadurch bekommen sie ihre Kinder auch nicht zurück. So sieht es aus.«
»Damit wir uns wieder etwas beruhigen, schlage ich eine Teepause vor«, rief Dhiren Tinle in die Runde. Tee und Gebäck stehen für Sie bereit. In einer halben Stunde sehen wir uns wieder.«
Paigam sah, dass Ananda die Pause nutzte, um hinauszugehen, und hoffte, sie würde nur die Toilette aufsuchen und sich nicht in ihr Zimmer zurückziehen. Sie kam dann tatsächlich wieder. Wenn sie also überlegt hatte, der restlichen Veranstaltung fernzubleiben, musste sie sich dagegen entschieden haben.
Nach der Pause sprach Dhiren Tinle Savera Namgang direkt an. »Sie sagten, Ihr Kind sei auch entführt worden. Möchten Sie uns Näheres dazu erzählen?«
Die junge Frau räusperte sich und schien nach Worten zu suchen.
»Mein kleiner Vinod ist 2004 mitten in der Nacht aus dem Haus seiner Großeltern verschwunden. Niemand will etwas bemerkt haben. Eine großangelegte Suchaktion blieb erfolglos. Zwei Monate zuvor war er nur für eine Stunde unauffindbar gewesen, um dann plötzlich wieder im Haus aufzutauchen. An die vergangene Zeit hatte er keinerlei Erinnerung. Aber von den Erscheinungen, von denen hier berichtet wird, habe ich nichts bemerkt.«
»Aber Sie haben doch sicher die Meldungen über die Ereignisse rund um Tarai verfolgt, die sich in jenem Jahr häuften? Es war eindeutig von UFO-Sichtungen die Rede«, sagte Dhiren Tinle.
»Nein, ich interessiere mich für diese Thematik weniger.«
»Ich habe darüber gelesen«, sagte Ranjan Nolo, »ich komme ja auch aus dieser Gegend. Jugendliche berichteten von senkrecht aufsteigenden Flugobjekten, die gänzlich ohne Geräusch über ihnen schwebten, um anschließend wieder zu verschwinden.«
»Eigentlich ist es allgemein bekannt, dass die Sichtungen von UFOs in unserer Gegend seit 1998 zugenommen haben«, gab ihm Samudra Sanjay zunächst Recht. »Aber ich habe diese Angelegenheit nicht mit dem Verschwinden meines Jungen in Verbindung gebracht. Es hieß ja auch in der Bevölkerung, die Sichtungen hingen mit den indischen nuklearen Tests zusammen. Wissenschaftler des indischen Geo-Instituts meinten, die UFOs kontrollierten schon eine Weile die Provinz Himachal Pradish.«
»Ja, man behauptete, dass eine außerirdische Macht unterirdische Landeplätze im Himalaja baut«, stimmte ihm Camaka Lanee zu. »Ich fand das anfangs lächerlich, doch dann wurden militärische Aktionen im Norden an der Grenze zu China beobachtet. In China hingegen, dicht an der Grenze zu Indien, legte man einen großen künstlichen See an, der über Nacht plötzlich verschwand. Und jeder fragte sich, wo wohl das Wasser geblieben sei.«
»Aber was hat das mit den Entführungen zu tun?«, fragte Daljit Jaspal.
»Also für mich ist das kein Widerspruch«, meinte Ranjan Nolo. »Das beweist doch nur, dass sie da waren. Es kann doch kein Zufall sein, dass sich vor zehn Jahren die Vorfälle häuften.«
»Sie machen mir Angst«, rief Savera Namgang aus. »Bisher war es schlimm genug für mich, zu glauben, mein Kind sei von fremden Menschen entführt worden. Ich bin auch nur gekommen, um Erfahrungen auszutauschen oder eventuell Hilfe zu bekommen. Der Gedanke, dass es Aliens gewesen sein könnten, die mein Kind in ihre Gewalt gebracht haben, ist für mich unerträglich.«
»Ich kann Sie gut verstehen«, sagte Ananda Tsomo. »Mir geht es ebenso. Ich hatte auch keine Ahnung, worum es hier bei dieser Zusammenkunft geht, doch ehrlich gesagt, bin ich inzwischen nachdenklich geworden.«
Paigam Kalzang fiel eine Zentnerlast von der Brust, aber er freute sich zu früh, denn Ananda machte ihm beim Abendessen heftige Vorwürfe.
»Jetzt verstehe ich, warum Sie mich das alles gefragt haben. Finden Sie es richtig, mich unter falschen Voraussetzungen hierher zu locken?«
»Verzeihen Sie, ich dachte, es wäre leichter für Sie, inmitten von Betroffenen die Wahrheit zu erfahren. Mir hätten Sie vielleicht nicht geglaubt.«
»Ob Ihre Wahrheit die meine ist, wird sich bald herausstellen, wenn Irshalu, den man jetzt Diyo nennt, wieder in meiner Obhut ist. Wenn diese Leute ihn entführt haben, hat sein Verschwinden ganz irdische Ursachen.«
»Überlegen Sie doch mal. Warum wurde wohl ihr Sohn an einem Highway gefunden, fern ab von menschlicher Zivilisation? Weil man ihn dort abgesetzt hat. Er wäre nicht der Erste, den man an einen ganz anderen Ort gebracht hat.«
»Noch steht ja nicht fest, ob er am Highway gefunden wurde. Wenn ich auch zugeben muss, dass es plausibel klingt. Denn diese Leute, die sich als seine Eltern ausgeben, waren bestimmt nicht in meinem Haus, und es kann kein Zufall sein, dass man ihren Bungalow nur über den Highway erreichen kann.«
»Richtig, und von Entführern, die extra helles Licht und starke Energiequellen bei ihrer Schandtat einsetzen, habe ich auch noch nichts gehört. Es sei denn, es handelt sich um Außerirdische. Ich kann ja verstehen, dass der Gedanke für Sie neu und befremdlich ist.«
»Ach, ich bin hin und hergerissen«, seufzte Ananda. »Ja, ich gebe zu, dass es ein Erlebnis ist, all diese Leute hier kennengelernt zu haben. Aber im Moment würde mich ein tüchtiger Anwalt wahrscheinlich weiterbringen.«
»Für den Fall, dass es sich bei Diyo wirklich um Irshalu handelt, was ich sehr für Sie hoffe.«
»Danke. Wäre es sehr vermessen von mir, zu fragen, ob Sie mich nach unserer Rückkehr ein weiteres Mal nach Kargil begleiten? Ich muss schließlich DNA-Material besorgen.«
»Nein,