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Spinnen-Feind. Michael H. Schenk
Читать онлайн.Название Spinnen-Feind
Год выпуска 0
isbn 9783847611585
Автор произведения Michael H. Schenk
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Tim stand in jener leicht verkrampften Haltung da, welche bei Militärs als bequemes Stehen bezeichnet wurde. Er war kein verdammter Marine oder Soldat, der Stundenlanges stehen gewohnt war. Diese Lamettaträger hätten ihm ruhig eine Sitzgelegenheit anbieten können. Tim sah sich unbewusst um. Nun, man konnte hier wohl wirklich keinen Stuhl mehr hineinquetschen. Es war ein kleiner und absolut abhörsicherer Nebenraum. Aber Tim wäre gerne bereit gewesen, sich auf General Olnarewas Stuhl zu setzen, und die attraktive Frau zu sich auf den Schoß zu nehmen.
Der Major rief sich innerlich zur Ordnung. “Noch etwas, Sir. Bei einem längeren Feuerstoß dringen die Geschosse schließlich doch durch diesen Energieschirm oder was immer das ist. Aber die Vollgeschosse haben den Rumpf der nicht durchschlagen.”
“Wir arbeiten daran und haben auch schon eine Lösung”, warf Tanja Olnarewa ein.
“Ma´am?” Tim legte die Stirn in fragende Falten.
Der panamerikanische General Howard lächelte knapp. “Quetschkopfgeschosse. Wir werden die Schnellfeuerkanonen künftig mit Q-Geschossen versehen. Weiche Bleihülle, die auf den Rumpf auftrifft, sich verformt und einen Stift aus urangehärtetem Wolfram freigibt. Die kinetische Energie des Aufpralls der Bleihülle, beschleunigt den Stift nochmals, so dass er auch starke Panzerungen durchschlägt. Wir kennen das von der Panzerbekämpfung.”
Okay, Tim kannte das Zeug. Aber seine Verwendung im Weltraum war ihm neu. War bislang ja nicht erforderlich gewesen.
“Schön. Danke, Major. Sie können gehen.” Jean Prenauld erwiderte den Gruß des abtretenden Piloten und wartete, bis sich die schalldichte Tür wieder geschlossen hatte. “Im Prinzip sind die Jäger durchaus effektiv. Mit Q-Geschossen und mehr Raketen, da könnten sie sich als effektive Waffe gegen die Todessterne erweisen.”
Howard räusperte sich kurz. “Das Problem ist nur, dass die derzeitigen Raumjäger eine sehr begrenzte Zuladungskapazität haben.
“Richtig”, warf General Olnarewa ein. “Was uns zu zwei Fragen bringt. Welcher Schiffstyp soll mit Priorität gebaut werden und wie sieht es mit Neukonstruktionen aus? Es wäre peinlich, wenn wir Docks für 100-Meter-Schiffe errichten und die Konstrukteure wesentlich größere Typen planen.”
“Nun, dahingehend brauchen wir uns keine Sorgen zu machen. Die Koordination zwischen den Stäben für die Planung und die Konstruktion funktioniert, Ausnahmsweise, reibungslos. Die Frage ist nur, brauchen wir mehr Träger oder mehr Kreuzer?”
“Träger sind wahrscheinlich sehr effektiv, aber auch verwundbar. Die Jäger selbst haben nur kurze Reichweiten. Auch wenn ich den Schwerpunkt im Bau von Trägern sehe, müssen wir einen ausreichenden Geleitschutz dieser “dicken” Schiffe durch kampfkräftige Einheiten, also Kreuzer, gewährleisten.”
“Das sehe ich ebenso”, bekräftigte Admiral Han. “Und wir sollten zusätzliches Augenmerk auf die Erkennung der Feindschiffe werfen. Scheinbar werden sie von unserem Radar nur spät oder überhaupt nicht erkannt. Die Piloten der Träger waren bei ihrem Gefecht auf den Sichtkontakt angewiesen. Die wärmesuchenden Raketen haben den Feind erkannt, waren jedoch häufig zu langsam und schwerfällig, um ihn bekämpfen zu können. Wir müssen unsere Feinderfassung schnellstens verbessern, damit wir den Gegner erkennen, bevor er über unsere Einheiten herfallen kann.“
“Ja”, knurrte Howard. “Das ist eines unserer verdammten Probleme.”
Es gab eine Menge Probleme.
Der zunehmende Engpass an Energum führte zu stärkeren Rationierungen. und die regionalen Regierungen bemühten sich um eine verzweifelte Gratwanderung. Sie mussten auf der einen Seite genügend Vorräte, zu Überbrückung der Krise, sicherstellen und alternative Energieproduktionen gewährleisten, aber auf der anderen Seite die Rationierung großzügig genug handhaben, um die Bevölkerung nicht zu beunruhigen.
Zugleich wurde der schwindende Energum-Vorrat jedoch durch die militärischen Erfordernisse extrem geschmälert.
Die nationalen Weltraumbehörden und Firmen, die sich mit Weltraumfahrt befassten, warfen ihre Ressourcen zusammen. Was Flügel und Triebwerke besaß, wurde für Transporte und Versorgungsflüge eingesetzt. Selbst die alte Atlantis, ein früherer Orbiter, der von der NASA liebevoll in einem Museum gepflegt worden war, wurde einer Inspektion unterzogen, provisorisch modernisiert und ins All geschickt. Zum Erstaunen, und zur Begeisterung, der Männer und Frauen vom Kennedy-Space-Center, flog das alte Shuttle in den folgenden Monaten fehlerfrei seine Missionen. Tag und Nacht wurde gearbeitet, um Shuttles zu produzieren und ihre Zuladung fertig zu stellen. Die Luftwaffen der nationalen Streitkräfte wurden nach Piloten durchforstet, zivile Fluggesellschaften ausgedünnt.
Raumfahrt war ein Luxusartikel gewesen, nur halbwegs finanziell tragbar, da das Energiemineral Energum Gewinne brachte. Jetzt wurde Raumfahrt zur Notwendigkeit.
Alte Satelliten, die früher den Großmächten als Atomwaffenträger gedient hatten, wurden reaktiviert. Die größtenteils verschrotteten Atomwaffen durch moderne Waffensysteme ersetzt. Techniker und Arbeiter aus der freien Wirtschaft wurden in Schnellkursen zu “Fachkräften für Weltraumarbeit”. Die Zeit drängte. Der Zwang, eine aktionsfähige Flotte zu erbauen, verschlang Unsummen an Geldern und forderte immer neue Arbeitskräfte.
Es ging nicht ohne Verluste ab. Verluste an Material und an Menschenleben. Manchmal wussten die Verantwortlichen nicht, was davon schwerer wog.
Zwei der siebzehn, vorhandenen oder neu gebauten, Shuttles gingen verloren. Eines stürzte über menschenleerem Gebiet ab, das andere explodierte auf seiner Startrampe, auf dem Hermann-Oberth-Startgelände in der Nähe von München. Die Besatzung, sieben ausgebildete Astronauten, starb, und die Startrampe wurde vollständig zerstört. Ihr Wiederaufbau würde Monate an kostbarer Zeit in Anspruch nehmen.
An der ISS und der Nikolajew-Station dockten die wenigen vorhandenen Kriegsschiffe, die nun unter der Flagge der UNO fuhren, wurden repariert, modernisiert und ausgerüstet. Die Schiffe quollen vor Arbeitskräften und Personal über, denn jede Schiffsbesatzung wurde mit dem dreifachen an unausgebildetem Personal zusammengepfercht, um Besatzungen für die künftigen Schiffe heranzubilden.
Die internationale Mondstation Star-City, nahe dem Krater Ziolkovski auf der Mondvorderseite, platzte schier aus den Nähten. Die zwölf Forscher der Station wurden förmlich überrannt. Shuttles entluden unentwegt ihre Fracht. Quartiere, Versorgungseinrichtungen, Werkzeuge, Maschinen und unzählige andere Dinge, die erforderlich waren, um riesige Werftkomplexe aus dem Mondboden zu stampfen. Arbeitsplätze für 24.000 Arbeiter, Techniker und Ingenieure.
Jürgen Schröter war einer von ihnen. Er war harte Arbeit gewohnt, arbeitete seit über zwanzig Jahren als Montagearbeiter für seine Firma. Auch ihn hatte man in Crash-Kursen auf den Mondeinsatz vorbereitet, ihn mit Dutzenden von Kolleginnen und Kollegen in Shuttles verfrachtet, und auf dem Mond in provisorischen Unterkunftsblasen abgesetzt. Jetzt nietete er Stahlplastikträger aneinander, formte mit ihnen allmählich die äußere Hülle einer riesigen Blase, in der einmal Schiffe gebaut werden sollten. Neben ihm schweißte ein Kollege. Jürgen Schröter sah überall um sich herum die kleinen grünen Positionslampen von Raumanzügen. Er fühlte sich nicht besonders wohl. Er hatte auf dem Flug ins All Todesängste ausgestanden und sein Frühstück im Shuttle verteilt. Er hätte auf das Verbot hören sollen, vor dem Start zu essen. Aber er hatte einfach Hunger gehabt.
Jetzt war er seit vier Tagen hier, in Star-City, und die geringe Schwerkraft bereitete ihm Probleme. Okay, das schwere Nietenschussgerät war leicht zu handhaben und er konnte wie ein Affe in den Gerüsten herumklettern, aber ein falscher Tritt, etwas zu viel Schwung, und man segelte vom Boden fort, trieb eventuell ins All hinaus. Einer der Forscher der Station hatte ihm gestern, bei einem Bier, von einem Kollegen erzählt, der seit drei Jahren den Mond als Trabant umkreisen sollte. Jürgen Schröter hatte keine Ahnung, ob das auch stimmte, aber er wollte keinesfalls zu denen gehören, die das ausprobierten. So arbeitete er sorgfältig und war bemüht, die erforderliche Eile mit den erforderlichen Sicherungsmaßnahmen in Einklang zu bringen.
Es war nur einfach reichlich heiß in diesen Anzügen. Er kam sich vor, wie ein aufgeblasener Teddybär