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breit war.

      Schon verrückt, wie sich aus vier ganz unterschiedlichen Typen ein absolut eingeschworener Haufen formieren konnte. Wobei ich sagen muss, dass Ernie sehr häufig sein eigenes Ding durchgezogen hatte und wir an den Wochenenden oft nur zu dritt unterwegs waren. Es gab allerdings auch einige Mädchen aus unserer Klasse, mit denen wir öfters loszogen. Diese Abende gestalteten sich natürlich ganz anders, als unsere reinen Jungstreffen und hatten meistens nicht den erhofften Verlauf.

      Es gab zwei Mädchen in der Klasse, die ich beide unheimlich cool fand, obwohl sie total unterschiedlich waren. Die eine hieß Barbette. Sie hatte braun gelocktes, schulterlanges Haar, haselnussbraune Augen und einen besonders knackigen Hintern. Aufgrund ihres umwerfenden Aussehens und als gute Hockeyspielerin war sie äußerst selbstbewusst. Ihre Art sprach mich einerseits an, aber andererseits schüchterte sie mich auch unheimlich ein. Meine andere Favoritin war Friederike. Im Gegensatz zu Barbette hatte sie blonde lange Haare und blaue Augen. Friederike war sehr kommunikativ und offen. Sie hatte eine einnehmend freundliche Art im Umgang mit ihren Mitmenschen und ging vorbehaltlos auf jeden zu. Aufgrund der Tatsache, dass wir in der Schule ziemlich nahe beieinander saßen, kamen wir sowohl im Unterricht als auch in der Pause diverse Male ins Plaudern. Es entwickelte sich rasch ein freundschaftliches Verhältnis zwischen uns. Meine Wahl war getroffen.

      In der ersten Woche nach den Herbstferien saßen Andy, Friederike und ich auf dem Pausenhof zusammen und redeten darüber, am Wochenende mal gemeinsam auszugehen. Plötzlich tauchte Friederikes Sitznachbarin Marion aus dem Hintergrund auf und meinte mit einem vielsagenden Blick: „Na ihr, alles klar? Was für ein Thema habt ihr denn gerade am Wickel?“

      „Wir hatten uns überlegt, am Freitag mal gemeinsam ins Madhouse zum Tanzen zu gehen“, strahlte Friederike. „Da bin ich doch dabei!“, meinte Marion kurz entschlossen. Andy und ich warfen uns einen gequälten Blick zu. Marion war für uns natürlich nicht gerade die erste Wahl für einen netten Discoabend. Wir hatten eigentlich darauf spekuliert, dass Friederike eine Freundin von sich mitnimmt. „Klasse, das wird sicherlich ein schöner Abend“, freute sich Friederike. Andy meinte nur: „Okay! Dann wäre das geklärt. Wo wollen wir uns zum Vorglühen treffen?“

      „Kommt doch gegen acht bei mir vorbei, dann können wir noch ein schönes Sektchen köpfen“, lud Friederike uns ein.

      „Das hört sich ja hervorragend an“, sagte ich mit leicht ironischem Unterton und fügte flapsig hinzu: „Gibt es auch Bier bei dir, oder sollen Andy und ich noch etwas mitbringen?“

      „Nee, Bier hat mein Vater auch immer da!“

      Andy grinste: „Wunderbar!“

      Als die Mädchen außer Hörweite waren und sicherlich schon über ihre Outfits für Freitagabend redeten, meinte Andy zu mir: „Lass uns um halb sieben bei mir treffen, meine Eltern gehen Freitag mit Freunden essen, dann können wir schon mal vorlegen, falls es bei Friederike nichts Vernünftiges zu saufen gibt. Die knallen sich doch bestimmt das süße Kopfschmerzwasser von Aldi rein und wir dürfen das lauwarme Bier von ihrem Alten schlürfen. Du kannst dann auch bei mir pennen, damit du nicht zurück in dein Dorf musst!“

      „Super, das hört sich gut an. Für die beiden im Doppelpack brauchen wir auch echt ‘n Bier mehr“, wagte ich, zu prognostizieren.

      Marion war ein wirklich nettes und unkompliziertes Mädchen. Mit ihrer burschikosen Art, den etwas zu vielen Pickeln im Gesicht und ihren komisch geschminkten Augen stand sie nicht unbedingt im Verdacht, unsere Traumfrau zu sein. Wir mochten allerdings ihren Humor und ihre ungezwungene Art, daher versprach der Abend durchaus vergnüglich zu werden. Nur die von uns erträumte Knutscherei und Fummelei konnten wir uns in dieser Konstellation abschminken. Marion sendete zu wenig sexuelle Anziehungskraft aus und Friederike war eigentlich vergeben. Wir hatten uns eigentlich so schön ausgemalt, mit Friederike und ihrer Freundin Susi auszugehen. Die beiden wollten wir mit unserem unbändigen Charme und weltmännischer Coolness für uns begeistern, um anschließend ein wenig körperliche Zuwendung zu erhalten. So strichen wir diese Option - jedenfalls für den anstehenden Freitagabend -aus unseren Köpfen. Wir trösteten uns mit dem Gedanken, dass es im Madhouse sicherlich genügend brauchbares Material geben würde, wie Andy damals zu sagen pflegte.

      Um halb sieben erreichte ich das Haus von Andys Eltern.

      „Na, alles senkrecht?“, begrüßte er mich.

      „Auf jeden! Ich hab dir eine Kleinigkeit mitgebracht.“

      „Da bin ich mal gespannt. Hoffentlich keine elektrische Handmuschi von Beate Uhse, die sich anhört wie ein Rasierapparat aus den sechziger Jahren?!“

      „Nö, ich weiß ja, dass du so ein Teil schon dein Eigen nennst!“

      Ich kramte eine Musikkassette aus meiner Tasche hervor und gab sie Andy. „Hier bitte, als kleiner Opener für einen geilen Abend. Außerdem hast du damit endlich mal vernünftige Musik am Start. Mit dem Mixtape kannst du sogar bei Ernie und Mettel punkten!“

      „Das Ding hau ich gleich mal rein. Bier ist übrigens kaltgestellt.“

      „Na, dann lass uns mal keine Zeit verlieren, in knapp einer Stunde müssen wir los!“

      Andy machte uns zwei Bier auf und wir lauschten dem ersten Titel meines Tapes, es war „Panic“ von The Smiths.

      „Was für ein geiler Sound!“, posaunte ich heraus, als die Lautsprecher die ersten Klänge absonderten. Andy meinte nur ganz trocken: „Das sollte ich von einer Stereoanlage für zehn Riesen erwarten können.“

      Die Hifi-Komponenten von Andys Vater waren echt der pure Luxus und der Traum meiner schlaflosen Nächte. Ich hatte extra eine Leerkassette mit 120 Minuten Aufnahmekapazität verwendet, weil ich Andy ein ziemlich breites Spektrum meiner derzeitigen Lieblingsstücke näher bringen wollte. Er hatte wirklich null Ahnung von guter Musik, ließ sich aber sofort begeistern. Das Band war so aufgebaut, dass ich zum Einstieg einige softe und aktuelle Stücke aufgenommen hatte. Die meisten von ihnen klangen allerdings schon etwas gitarren- und basslastig. Im weiteren Verlauf kamen immer härtere Titel hinzu, ohne es allerdings auf die Spitze zu treiben. Ich wollte den guten Andy ja nicht gleich verschrecken und blieb bei zeitlosen Klassikern. Zum Ende der Kassette wählte ich etwas ruhigere Titel aus den Sixties und ein paar nette Blues-Stücke.

      „Spul mal bis Lied elf vor. Da kommt „Waterfront“ von Simple Minds! Der Titel hat ‘ne unheimlich geile Bass-Sequenz!“, rief ich begeistert.

      Das Tapedeck von Andys Vater hatte die Funktion von Titellücke zu Titellücke zu spulen, ohne dass das Band lange vor und zurücklaufen musste, um den Liedanfang zu erwischen. „Wow, das klingt super!“, begeisterte sich Andy. „Jetzt versteh ich auch, warum Ernie, Mettel und du so auf handgemachte Musik abfahrt. Der Bass knallt richtig rein!“ Zu diesem Zeitpunkt hätte ich nie gedacht, dass Andy so positiv darauf reagieren würde. In der Folge verbrachten wir zahlreiche Musikabende miteinander, tauschten Platten und Kassetten und besuchten gemeinsam einige Konzerte. Er entwickelte sich zu einem richtigen Freak und war ein Meister im Luftgitarrespielen.

       Mixtape für Andy Oktober 1986:

      Seite 1:

      1 Panic 2:22 - The Smiths

      2 Fight for Ourselves 4:24 - Spandau Ballet

      3 Shout 6:34 - Tears for Fears

      4 Shout To The Top 4:20 - The Style Council

      5 Don't leave me this way 4:32 - The Communards

      6 The Swing 3:52 - INXS

      7 Pride 3:50 - U2

      8 Wild Boys 4:17 - Duran Duran

      9 Money for nothing 3:31 - Dire Straits

      10 That Was Yesterday 3:46 - Foreigner

      11 Waterfront 4:50 - Simple Minds

      12 Town Called Malice 2:54 - The Jam

      13 Rebel Yell 4:48 - Billy Idol

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