Скачать книгу

hin.

      Der Halbling betrachtete die Knollenwurzeln. Dann zeigte er auf eine. »Wofür ist die da? Die Rote? Die sieht giftig aus.«

      Aldrars Brauen zogen sich zusammen. »Das da, das ist Hyosca, Wahnkrautwurz«, der Alte verzog den Mund, »Es ist eine gefährliche Wurzel. Du dürftest sie gar nicht besitzen, Rohar!«

      »Was ist damit?«, fiel Crows ein.

      Erneut antwortete Aldrar. »Es gibt einem Krieger für kurze Zeit enorme Kräfte - aber ein kleines bisschen zu viel davon und… dein Verstand stürzt für immer in Dunkelheit und Wahnsinn.«

      »Oder es tötet dich«, ergänzte Rohar.

      Aldrar zuckte mit den Schultern. »Oder das…«

      *

      Fünf

      Der Nachmittag war bereits angebrochen und immer noch strömte der Regen auf Rohars Kriegstrupp herab. Eisige Tropfen durchdrangen die Rüstung und fanden ihren Weg auf die Haut. Der Wind zerrte an Kleidung und Nerven. Durch den vollends in Schlamm und Matsch verwandelten Untergrund gebremst, kam der Trupp nur langsam voran. Aber nach den regelmäßigen Meldungen der Späher, die sich nun abwechselnden, ging es den Todesklingen, wie der Halbling Crows sie genannt hatte, nicht anders. Fast schien es, als wollten die Elfen den Abstand nicht größer werden lassen. Es sah beinahe so aus, als wären sie nicht auf ihr Entkommen bedacht.

      Andererseits ob sie entkommen konnten, wenn sie wollten, war fraglich. Und letztlich, sagte sich Rohar, war es einerlei. Es gab nur einen Weg.

       Wie immer. Ein Weg, keine Wahl.

      Die Greakar erreichten den Rand eines Waldes. Alte, hochgewachsene Bäume bogen sich knarrend im Wind. Rohar ließ die Greakar ihre Pferde zügeln. Offenbar gab es keinen Weg um den Wald herum. Nur unwegsames Gelände. Felsen, die, die Pferde nicht würden bewältigen können auf der einen Seite, auf der anderen unpassierbarer Morast und Sümpfe. Dort würden die Reittiere einsinken und untergehen. Der Trupp musste den Wald zumindest am Rand passieren. Die Spuren der Elfen führten ebenfalls dort entlang.

      Aldrar kaute Trockenfleisch, schluckte und spuckte dann aus. Der Alte wand sich in seinem Sattel und reckte den Hals.

      »Gefällt mir nicht…«, sagte er zu niemand bestimmten. »Das ist der schwarze Wald. Hier gibt es gefährliche Tiere und - ihr kennt die Geschichten, die man sich am Feuer erzählt - Geister und Dämonen hausen hier.«

      Rohar betrachtete den Alten ausdruckslos. Dann warf er einen Blick in das knarrende Geäst. »Ich mache mir eher Sorgen um den Sturm und herabfallende Äste oder umstürzende Bäume als um Geister oder ... Dämonen.« Schließlich wandte der Anführer sich an seinen Trupp. »Vorsicht! Haltet euch am Rand und achtet auf die Bäume!«

      In einer Schützenreihe - paarweise nebeneinander und langsamen Schrittes - bahnte sich der Trupp einen Weg durch den alten Wald. War es draußen in der Ebene schon recht dunkel, so war es hier, unter dem Blätterdach, regelrecht finster. Dafür war der Wind nicht mehr so schneidend. Nur sein Heulen in den Blättern war lauter geworden. Es war, als sängen die Geister des Waldes ein schauriges Lied, dachte sich Rohar. Ein Lied für die Toten...

      Aus dem Wald ertönte lautes Brüllen, gefolgt von ohrenbetäubender Stille. Und wieder ein Brüllen. Lautes Wiehern ließ Rohar herumfahren und er sah Tjagar, dessen Pferd gescheut hatte, direkt hinter sich. Der große Greakar bemühte sich, das Tier unter Kontrolle zu halten und zu beruhigen. Er tätschelte ihm etwas unbeholfen den schlanken, braunen Hals und beugte sich vor, als er in leisen Worten mit dem aufgeregten Tier sprach.

      »Waldpanther«, flüsterte Rohar seinem Freund zu.

      »Hmm«, brummte Tjagar mit seiner tiefen Bassstimme, »aber diese Tiere sind für gewöhnlich scheu und greifen keine berittenen Kriegertrupps an. Es sei denn, sie hätten Hunger ...« Tjagar grinste breit, was die Tätowierungen in seinem Gesicht zucken ließ. »Es sind ja keine Steinlöwen.«

      Rohar erlaubte sich ein schmales Lächeln. »Nein, sind sie nicht.«

       Möglicherweise...

      Steinlöwen galten im wilden Land als überaus gefährlich. Sie waren große und starke Raubtiere, die in Rudeln lebten und jagten und dabei - anders als Waldpanther - weder vor Kriegstrupps noch vor Dörfern oder Siedlungen haltmachten.

      Der Truppführer gab ein Zeichen und der Trupp setzte sich wieder in Marsch. Der Weg durch den knarrenden und knirschenden Wald zog sich hin. Immer wieder mussten die Krieger herabstürzenden Ästen ausweichen, die krachend zu Boden fielen.

      »Das ist seltsam.« Tjagars Brauen über den Kriegertätowierungen zogen sich zusammen.

      Rohar blickte ihn an, wobei sich deutlich eine Furche auf der Stirn des Truppführers abzeichnete.

      »Das Brüllen…«, Tjagar wies mit einer Hand unbestimmt in Richtung des tieferen Waldes, »es begleitet uns. Es ist fast als verfolgte es uns.«

      Rohar hob die rechte Faust. Der Trupp hielt daraufhin an. Der Anführer legte den Kopf schräg und lauschte. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen.

      »Und wird lauter«, sagte der Truppführer tonlos.

      Gerade als Tjagar etwas erwidern wollte, fuhr eine Sturmböe in die alten Bäume.

      »Vorsicht!«, brüllte einer hinten im Trupp.

      Einer der hohen alten Bäume begann, sich zu neigen. Die Wurzeln rissen die Erde auf, als der Baum kippte. Dann krachte er mit einem ohrenbetäubenden Knall mitten in den Trupp.

      »Verdammte Axt!«, brüllte Rohar über das Chaos aus Lärm, Schreien, Wiehern der Pferde und den Sturm hinweg.

      Telrars Schreie übertönten sogar den Lärm des Unwetters. Die Beine des jungen Kriegers lagen zerschmettert unter dem umgestürzten Baum, während der Trupp versuchte, ihn mit vereinten Kräften zu befreien. Es schien sinnlos.

      »Hier! Drauf beißen! Und kauen!« Rohar schob dem Jungen ein Stück Peinwell zwischen die Zähne.

      Währenddessen lugte Aldrar unter den Baum. Der alte Krieger versuchte irgendwie, an Telrars Beine zu gelangen. Dann warf der Veteran Rohar einen stummen, aber vielsagenden Blick zu. Der Alte schüttelte den Kopf.

      Rohar biss die Kiefer zusammen. »Holt ihn raus!«, die Stimme des Truppführers scholl durch den dunklen Wald.

      Aldrar nahm Rohar beiseite. »Seine Beine sind zerschmettert, wie ich es noch nie gesehen habe, Rohar. Er wird nie wieder laufen oder reiten können.«

      Rohar warf dem Alten einen grimmigen Blick zu.

      »Rohar, der Junge wird sterben«, sagte der Veteran.

      Eine tiefe Falte zeigte sich an der Stirn des Truppführers. »Was versuchst du mir zu sagen, Aldrar?«

      »Du musst eine Entscheidung treffen.«

      Die Augen des Truppführers blitzten, wie das Unwetter über ihnen. Rohar wusste, was der Alte sagen wollte.

       Verwundete binden Kräfte.

      Aldrar hob hilflos die Hände. »Er macht uns noch langsamer, Rohar. Und er kann nicht mehr kämpfen. Du weißt das… Truppführer!«

      Rohar mahlte unaufhörlich mit den Zähnen.

      Dann sprach Aldrar, der erfahrenste der Krieger, den Gedanken aus, den sein Truppführer sich nicht zu denken gestatten wollte. »Wir müssen Telrar zurücklassen!«

      Noch bevor Rohar eine Entscheidung treffen konnte, brach ein gewaltiges Brüllen in seine Gedanken. Düstere Schatten zerrissen die Reihen der Greakar. Pferde scheuten und stoben davon. Schreiende Krieger übertönten den Sturm.

      »Alarm! Waldpanther!«

      Mehrere der großen Tiere sprengten mitten durch den Trupp. Waffen

Скачать книгу