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Szene. Die junge, aber voll ausge­wach­sene Katze, die ihn sogleich umschnurrte, gefiel ihm auf Anhieb, und auch sie schnappte sofort nach dem Raben, der sich mal wieder viel jünger machte, als er war. Wie schön und wunder­ bar weib­lich geformt sie war, sah er noch mehr, als sie in Abgeschiedenheit ihr Fell ablegte und sich unüber­hörbar läufig dem munteren Ver­gnügen hingab. Da schien es solch eine Selbstverständ­lich­keit zu sein, sich bald wieder zusammen zu finden, dass der gänzlich gedankenverlorene Rabe rest­los vergaß, sie nach der Nummer ihrer Quatschige zu fragen. Aber er behielt genau, dass ihr Thai-Rufname drei Bedeu­tungen hatte: ein Kristall, ein Trinkgefäß und ein Papagei. Wie sehr alle drei stimmten, ahnte der ahnungslose Rabe in diesem Raum zu dieser Zeit noch nicht. Als er gleich am nächsten Tag wieder kam, war die Beautykatze entgegen aller Erwartung nicht da, am über­ nächsten genauso wenig und auch am dritten Tag danach nicht. War sie keine professionelle Pro­ Prostituierte? Die anderen im Halb­ dunkel lauernden Katzen behaupteten, weder sie noch ihren Namen zu kennen. Der Rabe wollte kein Kind von Traurigkeit sein und sprang, weil es ihm nicht gesund erschien, jeden Tag umsonst eine der besagten Pillen zu schlucken, jetzt einfach eine andere Katze an, die jedoch schnell wieder aus der Erinnerung gestrichen wurde.

      Man sagt, einmal sei kein Mal. Das Abenteuer begann erst, als er die Beautykatze nach fast einer Woche doch wieder antraf und sie gerne ins Rabennest unter dem Mangobaum mitkam. Das hatte kaum mit dem diesmal weniger munteren, aber saftigeren Sex zu tun, sondern mit ihrem Leben, von dem sie nun erzählte. Sie habe einen fünfjährigen Sohn, der sehr krank sei und operiert werden müsse. Sie selber habe am morgigen Tag ihren zwanzigsten Geburtstag, den sie gerne mit dem Raben verbringen wolle. Sie sei im Alter von vierzehn Jahren vergewaltigt worden und habe sich seitdem nicht mehr mit Männern einlassen können, bis sie jetzt vor zwei Monaten durch die erfor­derliche teure Operation gezwungen worden sei, sich auf diese Tätigkeit einzulassen. Sie habe keinerlei Erfahrung gehabt und der Anfang sei für sie schrecklich gewesen. Der Rabe schluckte schwer voller Mitgefühl.

      Unter den sozialen Bedingungen in Thailand gibt es dank dem Egoismus der dort feudal herrschen­den Oberschicht für den ärmeren Teil der Bevölkerung nur ein sehr beschränktes Ausbildungs­angebot und nur rudimentäre Ansätze von Sozial­versicherung. So erscheint es mehr als in Deutsch­land verständlich, dass diese Katzen sich selber anbieten, um an Mäuse zu kommen. Doch die Vor­stellungen, die ein selber in Europa domestizierter Rabe von Katzen hat, stammen fast aus­schließ­lich von Hauskatzen, welche eine möglicherweise von Intelligenz zeugende, mit der Zeit gewach­sene Anpassungsfähigkeit an Menschen zeigen und auf brutale Methoden zugunsten von kuscheln, schmusen und schnurren verzichten. Mäuse sind für sie also keine Tiere mehr, sondern Geld, welches nicht verschlungen, sondern sinnvoll verwendet werden sollte.

      Die Beautykatze hatte zwar keine große Neigung zu kuscheln und schmusen, aber schnurrte gerne. Weil sie so schön war, traute der Rabe seinen Augen mehr als seinen Ohren und achtete nicht sehr auf den Unterschied von schnurren und schnorren. Dass nur ein einziger Buchstabe zwischen den beiden Worten mutiert ist, sollte jedoch zeigen, wie wenig verändert das Verhalten einer Hauskatze gegen­über einer Raubkatze sein mag, deren deutsche Schreibweise sich immerhin um zwei Buch­staben unter­scheidet. Doch da sie nun über längere Zeit regelmäßig in seinen Raum kam, um zu schnurren oder schnorren, vertraute der Rabe, dass sie kein Raubtier sei und gab ihr reichlich Futter, weil sie völlig ausgehungert, wollte sagen: verschuldet, war. Sie sagte immer wieder, sie wolle so gern mit einem älteren Vogel zusammen sein, weil sie mit den jüngeren so schlechte Erfahrungen gemacht habe. Im Laufe der Zeit kam heraus, dass der Vater ihres Kindes im Gefängnis saß.

      Die Katzenwelt

      Ein an dieser Stelle von - seiner Ansicht nach - ungebührlicher Darstellung von vorwiegend sexuell erscheinenden Erlebnissen genervter Leser verliert vielleicht folgenden wichtig erscheinen­den Kontext aus den Augen. Diese “Abenteuer” sind keine Fiktion, sondern geschahen wirklich, eben in Zusammen­hang mit jener mög­licherweise abstrus erscheinenden Abenteuer-Philosophie, ein wenig à la Homer, im Rahmen eines nicht gerade durch­schnitt­lichen privaten und auch öffent­lichen Lebens. Bis auf die Unkenntlichmachung der Orte und Akteure des privaten Teils handelt es sich trotz animalischer Verfremdung, welche auch mögliche “sinnvolle Rückentwicklung” anreißen mag, um unverfälschte Reality-Show.

      In der Nachbarschaft der Raben-Bohème hatte sich zu jener Zeit ein neuer Hot Spot gebildet, ein Garten­lokal, in welchem sich zunehmend gerne schräge Vögel und im allgemeinen domestizierte Katzen trafen. In einer Nacht vom Samstag zum Sonntag blieb es in diesem Gehege erstaunlich ruhig. Aus dem Krächz­sprecher drangen hämmernde Töne, die wenig zur Läufigkeit der wohlange­passten Tierchen passten. Sie nagten an Knöchelchen, wie es sich gehört. Als die Starkatze Paulina schlachtreif herein geschli­chen kam, drehten sie sich nur kurz um und warfen der Konkurrenz einen verächtlichen Blick vor die Füße. Die Kater zogen ihre Schwänze ein und verzichteten auf jegliches Gejaule.

      Worüber sollten sie auch hässliche Laute ausstoßen? Sie fühlten in ihren verdunkelten Herzen, dass das weder Gefallen noch Erregung auslöste, schluckten einmal tief die angenehme Abendluft und dann ein zweites Mal das landesübliche Bier, welches als gutes Schmiermittel für stromlinien­förmige Unter­hal­tung hingenommen wurde. Die stark gekurvte Bedienung interessierte dieses lang­weilige Spektakel herzlich wenig und sie vergaß daraufhin den Rest aller nur möglichen Herz­lich­keit.

      Ihr faulen Hunde, wollt ihr nicht verstehen? Die anderen Tiere zogen die Schwänze ein, soweit das möglich war. Die Katzen schienen darin geübt zu sein. Manch eine von ihnen schlich sich davon. Anders die Vögel, die das Einziehen der Schwänze nur sehr begrenzt zustande bringen. Ein Angry Bird kennt das Problem zum Beispiel durch laufenden Kontakt mit der Steuerung durch program­mierte Medien. Ein Rabe tut sich damit schon viel schwerer, kann und will seinen Schwanz gar nicht ein­zie­hen, und wird daher leicht zum Ziel von Katzen, bei denen in solchen Situationen immer wieder Raub­tier-Tendenzen durchbrechen. Haben die Tiere keinerlei humane Ansätze, welche posi­tive Entwick­lung in Gang bringen könnten? Oh lasst uns mit dem dämlichen Positivismus in Ruhe, stöhnen sie und sind nur äußerst schwierig zu weiteren Gesprächen zu bewegen. Ist es denn unmög­lich, Tieren Kultur beizu­bringen? Sie kennen dieses Wort offensichtlich überhaupt nicht. Statt dessen klang es wie im Chor: Kommt euch mit eurem humanen Gequatsche doch nicht besser vor! Im Zweifelsfalle werden wir einfach entsorgt oder wie ihr das auch immer nennt, und an unsere Seelen denkt kein Mensch.

      Immer mehr realisierte der Rabe, wie grausam das Leben sein kann und mancherorts auch ist. Musste man sich nur abschotten, hinter eine sichere Wand oder ins eigene Nest zurückziehen? Nur kurz blitzte in seinem Hirn der Gedanke auf, dass das Nest gar nicht sein Eigentum war. Die Grau­sam­keit drang in sein Gefühlsleben ein. Er mochte die Katzen, zwar nicht alle gleichermaßen, aber eine von ihnen jetzt ganz besonders und vielleicht sogar mehrere. An dieser Stelle schaute er sich besorgt im Gehege um, wusste er doch schon, wie wenig geschätzt solch eine Einstellung war. Wie sehr mochte er welche und was würde frau dazu sagen. Mit frau meinte er in diesem Moment die junge proletarische Beautykatze, die in sein Nest gekommen war, scheinbar ohne ihn sofort auf­fressen zu wollen. Aber sie wollte Futter haben, und zwar im Laufe der unerbarmlichen Zeit mehr, als er mit seinen nicht mehr ganz jungen Flügeln herbei­schaffen konnte. Wurde sie nun gefährlich oder würde sie auf Futtersuche einfach weiter schleichen und ihn allein lassen, nachdem sie kahl gefressen hatte, was bei ihm zu ergattern war? Besorgt schaute er, wie seine Vorräte sich inzwi­schen schon redu­ziert hatten. In der Tat hatte sie sich schon ein oder zwei­ mal auf und davon gemacht, war aber jeweils hungrig wiedergekommen. Musste sich das wiederholen, bis die angeb­liche Liebe gestorben war?

      In das bedeutungslose Gemurmel jenes schnurrend dahin plätschernden Geheges schrillte der auf­peit­schende Ton des samtenen Songs der transgalaktischen kleinen schwarzen Quatschmühle. Eine strei­chelnde Bewegung brachte hässliche Straßengeräusche an die Klangoberfläche, welche die eigent­lich kristallklaren Laute des unüberhörbar schnurrenden Beautykätzchen schwer verständ­lich machten. Doch soviel war mal wieder sofort mehr als super-klar, dass sie sofort fort wollte. Wenn sie doch die Kulisse der herum­sitzenden anwesenden Gesellschaftskatzen gesehen hätte! Deren Anwe­senheit musste ihr nun mit dürren Worten ins nur

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