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war, öffnete ihm der Domherr Langenmantel ein Pförtchen der Stadtmauer, durch das er unerkannt entkommen konnte. Draußen wartete auf ihn schon ein alter städtischer Ausreiter mit einem zweiten Pferd, auf das er sich, so, wie er war, nur in Kniehosen, Socken, ohne Messer, Wehr und Sporen, schwingen musste. Da das Ross unglücklicherweise ein sehr harter Traber war und sein Begleiter unterwegs nicht ein Wort sprach, so dachte er noch nach Jahren mit Schrecken an diesen Ritt zurück. In Monheim, wo er zuerst haltmachte, konnte er zwar absteigen, aber nicht stehen, und fiel daher gleich wie tot in die Streu. Am 22. Oktober ritt er dann weiter nach Nürnberg, wo er von Willibald Pirckheimer mit großen Ehren bewirtet wurde und unter anderen auch den berühmten Albrecht Dürer kennenlernte.

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       Willibald Pirckheimer, porträtiert von Albrecht Dürer (1503)

       Willibald Pirckheimer (auch Bilibald Pirkheimer, lateinisch Bilibaldus; * 4. Dezember 1470 in Eichstätt; † 22. Dezember 1530 in Nürnberg) war ein deutscher Renaissance-Humanist. Er war ein Freund Albrecht Dürers und Berater Kaiser Maximilians I.

       https://de.wikipedia.org/wiki/Willibald_Pirckheimer

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      Noch vor seiner Abreise erreichte ihn hier ein Brief Spalatins mit einer Kopie des päpstlichen Breve vom 23. August, das seine sofortige Verhaftung befahl. In dem Gefühl, einer großen Gefahr entronnen zu sein, ritt er dann am 24. Oktober weiter gen Norden. Etwa am 26. Oktober begegnete er bei Gräfenthal unweit Saalfeld dem Grafen Albrecht von Mansfeld (Albrecht VII., Graf von Mansfeld war ein deutscher Adliger aus dem Haus der Grafen von Mansfeld, der aufgrund seines Eintretens für die Reformation über die Grafschaft Mansfeld hinaus von Bedeutung war.). Der lachte nicht wenig seiner Reiterei und lud ihn gleich freundlich zu Gaste. Von da ging die Reise dann das Saaletal abwärts nach Weißenfels und Leipzig. Hinter Leipzig verirrte er sich, fand sich aber doch schließlich wieder zurecht, so dass er am Jahrestage der Thesen, Sonntag, den 31. Oktober, morgens glücklich Kemberg erreichte, wo er sogleich – „so heilig war er damals noch“ – eine Messe las. Von da gelangte er dann im Laufe des Nachmittags nach Wittenberg. „Mir ist so froh und friedvoll zumute“, schreibt er am Abend an Spalatin, „dass ich mich wundere, was für ein Wesen so viele große Leute von meinen Kämpfen und Leiden machen.“ Wenige Tage später hatte er schon einen für die Öffentlichkeit bestimmten Bericht über das Augsburger Verhör mit urkundlichen Beilagen (Acta Augustana) fertig, der aber erst Anfang Dezember erscheinen durfte. Indes, er war eigentlich heimgekehrt, um Abschied zu nehmen. Sobald die erwartete Bannbulle eintraf, wollte er, wie ihm Staupitz geraten hatte, fort nach Frankreich. Seinem Fürsten wünschte er dann jedenfalls unter keinen Umständen mehr zur Last zu fallen.

      Inzwischen hatte aber auch Cajetan endlich gesprochen.

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      Friedrich der Weise am Scheidewege

      Kurz nach Mitte November langte am kurfürstlichen Hoflager zu Grimma ein schon am 25. Oktober verfasstes eigenhändiges Schreiben Cajetans an den Kurfürsten an. Der Legat schildert darin kurz die Augsburger Verhandlungen, für deren Misserfolg er natürlich allein Luther verantwortlich macht. In seinen Thesen, erklärt er dann, hat Luther seine neuen Anschauungen nur disputative d. h. nur als erwägenswerte Meinungen, vorgetragen, in den Sermonen über den Ablass und die Kraft des Bannes aber affirmative et assertive, d. h. als Ausdruck seiner persönlichen Überzeugung. Da dieselben teils gegen die Lehre des Heiligen Stuhles verstoßen, teils offenkundig häretisch sind, so wird der Kurfürst, wenn er seiner Ehre nichts vergeben und der Stimme seines Gewissens gehorchen will, nicht umhin können, „den schäbigen Bettelmönch“ (fraterculus) entweder nach Rom auszuliefern oder aus seinen Landen zu verjagen. In Rom wird man nicht zögern, diese pestilenzialische Sache gerichtlich weiterzuverfolgen.

      Der Kurfürst ließ Luther schon am 19. November eine Kopie dieses Schreibens zustellen mit dem Bemerken, sich darüber zu äußern. Luther antwortete ihm noch am selben Tage mit einem mehr als einen Druckbogen füllenden Briefe, in dem er die Behauptungen und Forderungen des Legaten einer eingehenden Kritik unterzieht. Mit außerordentlichem Geschick hebt er hervor, dass er nicht wegen der von dem Legaten gebrandmarkten Sermone, sondern nur wegen der von ihm ausdrücklich als nicht unzulässig anerkannten Thesen in Anklagezustand versetzt worden sei. Fast noch bewunderungswürdiger ist der Scharfsinn, mit dem er alsdann die schwächste Stelle in Cajetans Beweisführung aufdeckt, nämlich die Unterstellung, dass die von Luther bekämpfte Auffassung des Ablasses von der Kirche schon in aller Form angenommen und anerkannt worden sei. Dieses Mankos war sich der gelehrte Kardinal selber sehr wohl bewusst. Daher hatte er inzwischen schon von Augsburg aus in Rom den Erlass einer offiziellen Lehrdeklaration über den Ablass beantragt und gleich den Entwurf zu einer solchen beigelegt, so dass diese Deklaration (Cum postquam) bereits am 9. November veröffentlicht werden konnte. Sehr eindrucksvoll legt Luther sodann dar, dass Cajetan die Versprechungen, die er dem Kurfürsten gegeben, nicht gehalten habe, gleichwohl aber ihm zumute, ihn, Luther, auszuliefern, ohne auch nur den Versuch zu machen, die Irrtümer, die er ihm vorwerfe, genau zu bezeichnen, geschweige denn als ketzerisch zu erweisen. Dem Fürsten befehlen, ihn nach Rom auszuliefern, heiße ihm befehlen, einen Mord zu begehen. „Damit aber Eurer Herrlichkeit nicht um meinetwillen irgendein Übel zustößt, erkläre hiermit: Ich verlasse Euer Land, um dahin zu gehen, wohin der barmherzige Gott mich haben will.“

      War diese Erklärung Luthers ernst gemeint? Ja! Er suchte zwar am 23. November durch die Universität den Kurfürsten zu bestimmen, dass er in Rom um eine genauere Bezeichnung der Irrtümer bitte, die man ihm vorwerfe, und ihm auf diese Weise Gelegenheit gebe, dieselben zu erkennen und zu widerrufen. Aber er dachte nicht daran, was ihm doch sehr leicht gefallen wäre, bei dieser Gelegenheit die Universität auch zu veranlassen, sich bei dem Kurfürsten für sein Verbleiben in Wittenberg zu verwenden. Er machte sich vielmehr reisefertig und bereitete am 25. und 28. November auf der Kanzel der Stadtkirche auch die weinenden Wittenberger darauf vor, dass er demnächst verschwinden werde. Der Kurfürst, der inzwischen von Grimma nach Altenburg übergesiedelt war, ließ zunächst nichts von sich hören. Auch zu Luthers Absicht. nach dem Muster der Pariser Universität an ein künftiges allgemeines Konzil zu appellieren, nahm er keine Stellung. Erst als Luther diesen Akt am 28.November nachmittags 3 Uhr in der Kapelle zum heiligen Leichnam bei der Stadtkirche in den üblichen Formen vollzogen hatte, langte ein Schreiben aus Altenburg an, in dem er sich ausdrücklich mit Luthers Entschluss einverstanden erklärte. Damit war, wie es schien, die Entscheidung über Luthers Zukunft gefallen. Er lud daher am Abend des 1. Dezember noch einmal seine Freunde zu einem Abschiedsmahle ins Schwarze Kloster ein. lm Laufe der Nacht wollte er dann die Stadt verlassen. Während er mit seinen Gästen bei Tische saß, erhielt er einen Brief Spalatins, in dem ihm der Kurfürst sein Erstaunen aussprechen ließ. dass er noch nicht fort sei, und ihn ersuchte, seine Abreise möglichst zu beschleunigen. Er war über diese Eröffnung, wie er später erzählt, mehr verwundert als erschüttert. „Vater und Mutter verlassen mich“, sagte er sich, „aber der Herr nimmt mich auf.“ Noch während des Essens kam ein zweiter Brief aus Altenburg, mit der Weisung: Wenn er noch nicht fort sei, so möge er nicht wegziehen, weil der Kurfürst noch etwas Nötiges mit ihm zu reden habe. Wie Luther, so zweifelten auch seine Freunde trotz dieser etwas überraschenden Nachrichten aus Altenburg nicht, dass der Kurfürst ihm, wenn er könne, gern helfen werde. Sie rieten ihm daher an jenem Abend noch, sich dem Fürsten gefangen zu geben, dann könne dieser dem Legaten schreiben, er habe Martinus festgenommen und sei bereit, ihn an einem sicheren Ort verhören zu lassen.

      Luther mit Gewalt zu vertreiben oder gar an Händen und Füßen gefesselt nach Rom auszuliefern, daran hat Friedrich in der Tat sicher nie gedacht. Denn dass dieser Mann, für den fast alle seine Räte und seine ganze Universität so warm eintraten, ein Ketzer sei, das ließ er sich nicht einreden. Aber er glaubte Luther nicht vor den Folgen des Bannes schützen zu können. Darum wäre es ihm lieb gewesen, wenn er gar nicht erst wieder nach Sachsen zurückgekehrt wäre. Doch ist sichtlich am 30. November ein Wandel in seiner Stimmung eingetreten.

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