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OMMYA - Freund und Feind. Dennis Blesinger
Читать онлайн.Название OMMYA - Freund und Feind
Год выпуска 0
isbn 9783738094695
Автор произведения Dennis Blesinger
Жанр Языкознание
Серия OMMYA
Издательство Bookwire
Ein kaum zu erkennendes Lächeln erschien auf dem winzigen Gesicht und die Fee schwebte langsam aus dem Raum.
'Die anderen Aktivitäten' von Hansen bestanden in regelmäßigen Sitzungen mit Sahra, einer MIT-Absolventin und der IT-Expertin von OMMYA. Sahra war der wohl intelligenteste Mensch der Abteilung und eine der wenigen Personen, die hier angefangen hatten, ohne dazu mehr oder weniger gezwungen worden zu sein.
Den wenigsten Menschen war bekannt, dass OMMYA überhaupt existierte. Vor circa neunzig Jahren hatte ein Vermessungstrupp der Stadt mehrere Entdeckungen gemacht. Zum einen befand sich unter der Stadt ein Kavernensystem, das jeglicher geologischen Logik widersprach. Mitten in diesem System hatte die kleine Gruppe darüber hinaus ein Tor entdeckt, das zu einer anderen Welt führte. Die dominierende Lebensart dort waren feuerspeiende Drachen und bisher war die einzige Form der Kommunikation mit diesen sagenhaften Echsen die gewesen, dass sie alles und jeden, der die Tür auch nur berührte, in ein Häuflein Asche verwandelt hatten.
Im Laufe der Zeit hatten sie mehrere dieser Tore entdeckt, fast alle innerhalb der weitläufigen Höhlenanlage. Jeder dieser Übergänge führte in andere Welten, andere Dimensionen, die allesamt ihren Ursprung in der Phantasie der Menschheit hatten. Avalon, das Wunderland, Shan-Gri-La und viele weitere Welten lagen nur einen Schritt entfernt, und mit ihnen all die Gegenstände, die in diesen Geschichten auftauchten. Im Lager von OMMYA wimmelte es von Artefakten, die sorgsam vor der Öffentlichkeit geheim gehalten wurden. Keiner vermochte sich vorzustellen, was passieren würde, wenn zum Beispiel die Büchse der Pandora in falsche Hände geriete.
Sahra hatte ihren Abschluss in Informatik cum laude bestanden und hatte beim MAD gearbeitet, als sie schließlich während ihrer Arbeit auf das Netzwerk von OMMYA gestoßen war. Anstatt es ihren Vorgesetzten zu melden, hatte sie auf eigene Faust Nachforschungen angestellt und schließlich drei Wochen vor dem Eingang des Bürogebäudes campiert, das der Zentrale von OMMYA als Tarnung diente, bis René sie schließlich reingelassen und umgehend rekrutiert hatte.
Im Moment war Sahra damit beschäftigt, Gleichungen zu entwickeln, die das Wie und Warum der interdimensionalen Übergänge entschlüsseln sollten. Zwar befanden sich mittlerweile über fünfzig dieser Übergänge in den Gewölben, aber nach wie vor wusste niemand so richtig, wie diese wirklich funktionierten und was sie dazu brachte, zu entstehen. Hansen hatte eines Tages aus Zufall einen Blick auf diese Gleichungen geworfen und wider Erwarten einen Teil davon verstanden. Seitdem hatten er und Sahra das Projekt zusammen weiterentwickelt. René gab nicht einmal vor, zu begreifen, was die beiden da machten. Alles, was über Integralrechnung hinausging, ignorierte er und Begriffen wie Quantenphysik misstraute er zutiefst. Für ihn bedeutete die Verwendung von solchen Wörtern, dass die andere Partei nicht wirklich wusste, worum es gerade ging und anfing, zu raten.
Über die letzten Wochen hinweg hatte er ein unbestimmtes Gefühl entwickelt, dass sich das Miteinander der beiden über die berufliche Ebene hinaus erstreckte, aber das war ihm, im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmensleitern, egal. Solange die Ergebnisse stimmten, konnte die Belegschaft seinetwegen regelmäßig Orgien feiern. Jedoch ließ ihn der reine Gedanke an Sahra und Hansen regelmäßig schmunzeln. Während Sahra einem hochklassigen Bademodenkatalog hätte entsprungen sein können, wies Hansen alle äußerlichen Merkmale eines Geeks oder Nerds auf. Manchmal war Mutter Natur zum Glück für die jeweils Beteiligten einfach unlogisch.
So ziemlich alle anderen Mitarbeiter von OMMYA hatten mehr oder weniger unfreiwillig Kontakt mit anderen Welten gemacht und die, die dabei nicht ums Leben gekommen waren, wie zwei der drei Entdecker des ersten Überganges – Drachen waren schon im besten Falle leicht reizbar – oder einen hysterischen Anfall erlitten hatten, waren vor die Wahl gestellt worden, für den Rest ihres Lebens eingesperrt zu werden, oder offiziell vom Erdboden zu verschwinden und eine neue Stelle bei OMMYA anzutreten.
Da es sich bei OMMYA um eine militärische Abteilung handelte, bedeutet dies, dass alle, die hier arbeiteten und eine leitende Position innehatten, einen Offiziersrang besaßen. Niemand hätte dies je vermutet, da keiner hier Uniform trug und Salutieren als schlechter Scherz angesehen wurde. René hatte seine Uniform das letzte Mal getragen, als sie Besuch von einem der wenigen offiziellen hochrangigen Vertreter des Militärs bekommen hatten, der über die Einrichtung Bescheid wusste. Aus diesem Grund hätte ein Außenstehender leicht denken können, bei OMMYA handelte es sich um ein privates und – oberflächlich gesehen – erstaunlich lax geführtes Unternehmen mit einer ungewöhnlichen Spezialisierung: Die Sicherung und Verwaltung von magischen und mystischen Artefakten.
René selbst hatte es vor mehr als 12 Jahren hierher verschlagen, nachdem er einen ungeplanten dreimonatigen Urlaub auf Shan-Gri-La verbracht hatte. Der Baum, in dem sich der Übergang befand, stand seitdem in den Kellergewölben, damit niemand, der ebenfalls zufällig dorthin gelangte, auf die Idee kam, dort Jagen zu gehen.
René blickte auf die Uhr. Es war schon 17 Uhr durch, was bedeutete, dass er rein theoretisch gesehen Feierabend hatte.
Das war hier allerdings so eine Sache für sich. Vierundzwanzig Stunden am Tag trafen Meldungen in der Zentrale ein, die von überall auf der Welt stammten. Diese Meldungen beinhalteten Sichtungen von Zwergen, Feen, Außerirdischen, Monstern und dergleichen, und sofern sich hinter einer dieser Meldungen nicht ein geistig Verwirrter oder jemand im LSD-Rausch befand, war es die Aufgabe aller Mitarbeiter, dafür zu sorgen, dass dieser Meldung nachgegangen wurde. Der Tag war allerdings einigermaßen ruhig verlaufen und Halloween war erst morgen. Entsprechend hatte René die Gunst der Stunde genutzt und sich mit Rebecca Schäfer verabredet. Wenn das Schicksal ihnen beiden hold war, würden sie vielleicht sogar noch einen Film ansehen können, bevor die nächste Katastrophe über sie hereinbrach.
Besagte Freundin, Rebecca Schäfer, war einer der wenigen OMMYA-Mitarbeiter, die weder einen Offiziersrang besaßen, noch überhaupt hier angestellt waren. Genaugenommen war sie die erste und wahrscheinlich auch letzte freie Mitarbeiterin der Abteilung. Als vor anderthalb Jahren eines der Artefakte kurzfristig abhanden gekommen war, hatte es keine zehn Minuten gebraucht, bis die Polizistin Rebecca Schäfer es in die Finger bekommen und aus Versehen den Weltuntergang eingeleitet hatte.
Die Ereignisse von damals hatten eine Bindung zwischen ihr und René entstehen lassen, die allerdings ein wenig Zeit gebraucht hatte, um sich zu entwickeln. Keiner der beiden hatte jemals ernsthaft eine Beziehung mit dem anderen in Betracht gezogen, und in den Wochen nach dem abgewendeten Weltuntergang hatten sie mehr Zeit damit zugebracht, sich zu streiten, als mit etwas anderem. Alle anderen in der Abteilung waren gerade wegen der Streitigkeiten lange Zeit der Meinung gewesen, dass die beiden seit den Geschehnissen von damals ein Paar wären. Als Jochen René eines Tages auf diesen Sachverhalt angesprochen hatte, war René in schallendes Gelächter ausgebrochen.
»Bist du nicht ganz dicht?«, hatte seine Antwort gelautet. »Nicht mal ich würde mit mir zusammen sein wollen.« Bevor Jochen seine Überraschung überwunden hatte, war René fortgefahren. »Als wir uns kennengelernt haben, hatte sie gerade ihren Mann verloren. Das ist schon mal ein denkbar schlechter Zeitpunkt, um etwas Neues anzufangen.«
»Gut, aber – «
»Nichts aber. Danach habe ich sie mehreren traumatischen Erlebnissen ausgesetzt, die darin gegipfelt haben, dass sie dachte, ihr würde der Schädel bei einem Zweikampf zerschmettert werden. Von der weißen Tür will ich gar nicht reden.«
Die Traumata, um die es ging, hatten alle ihre Berechtigung gehabt, da sie seinerzeit unter Zeitdruck gestanden hatten. Bis zum Ende des Universums waren es weniger als vierundzwanzig Stunden gewesen und eine einfühlsame Herangehensweise an die Dinge hätte deutlich länger gedauert. Dennoch blieb die Tatsache, dass es eine lange Zeit gebraucht hatte, bis Rebecca René voll und ganz verziehen hatte, was er damals alles mit ihr angestellt hatte. Und René konnte dies verstehen. Er hatte immer noch ein schlechtes Gewissen, wenn er an die Geschehnisse von damals dachte.
»Glaub mir«, hatte er die Diskussion damals beendet, »wenn wir uns unter anderen Bedingungen kennengelernt hätten, hätte da vielleicht was draus werden können. Aber so, wie die Sache gelaufen ist, kann ich froh sein, dass sie mich nicht hinterrücks niedergeschossen hat,