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      Ich weiss, es war Ludmilla gegenüber nicht fair. Aber genau so wenig, wie ich begründen kann, warum ich mich damals vor vierzig Jahren in Villerach spontan auf den Plan einliess, genau so wenig kann ich erklären, warum ich in Wien die Hand hob und wieder mitzubieten begann. So viel Zeit war an uns vorbeigegangen, das Leben beschrieb einen sanften Bogen, dessen Höhepunkt schon lange überschritten schien. Der Anfang verneigte sich respektvoll vor dem Ende.

      ***

      Als ich unten die Haustüre zuschlagen hörte, wusste ich, es war Ludmilla. Schon wie sie die Holztreppe zum Dachstock hoch stürmte, kündigte gute Nachrichten an. Ich trat zur Türe, und schon flog mir Ludmilla um den Hals.

      «Ich habe den grossen Michael verkauft, St. Michael!» Ludmilla strahlte und tobte durch den Flur.

      «Komm lass uns anstossen, hier, die hab ich uns mitgebracht.» Sie drückte mir eine Flasche Champagner in die Hand. «Los aufmachen! Sandor, küss mich, verführe mich, und dann erzähle ich dir alles haarklein!» Ihr Freudentaumel war mitreissend! Sie kickte die hohen Schuhe in eine Ecke, zwängte sich aus dem engen Kostüm, löste mit einer fliessenden Geste ihre hochgesteckten Haare.

      Provozierend stand sie in ihrer frechen, knallroten Unterwäsche vor mir auf Zehenspitzen.

      «Muss ich dich jetzt mit Champagner abspritzen, wie die Ferrari-Kerle beim Autorennen?»

      «Wüster, gemeiner Villacher Bergmensch! Reiss dich zusammen!» Sie knuffte mich in die Seite.

      «Ich zieh mir schnell was über!»

      «Frierst du? Dagegen kenne ich einen guten Trick von den Eskimos», rief ich hinterher.

      «Iglu bauen? Lebertran einreiben? Puh, wie sieht es denn hier drin aus», rief sie aus dem Arbeitszimmer. «Komm, wir setzen uns in die Küche!» Von wegen setzen. Ludmilla tanzte in der engen Küche umher und erzählte, nein spielte mir die Verkaufsgeschichte vor, mehrmals.

      Der St. Michael war unser Versuchsballon gewesen. Ludmilla hatte einen soliden Kunden ausgemacht. Der Liebhaber und Sammler blieb lange zurückhaltend. Aber die seriösen Gutachten und der tadellose Herkunftsnachweis hatten ihn schliesslich überzeugt. Ludmilla hatte einen wirklich sehr guten Erlös herausgeschlagen. Ich staunte nicht schlecht ob der Höhe der Summe. Wir hatten uns geeinigt, die ersten Einnahmen zur Seite zu legen, als Betriebskapital sozusagen. Und ein bisschen zu feiern erlaubten wir uns dennoch!

      Den neuen Tag begannen wir mit viel Kaffee und langen Palavern.

      «Bleibt das Arbeitszimmer den ganzen Sommer über ein derartiges Schlachtfeld?»

      «Nein, eigentlich nicht, ich war am Aufräumen.» Ludmilla nickte vielsagend und lächelte zuckersüss. «Dabei bin ich auf etwas Eigenartiges gestossen, ich weiss nicht. Es hat mit Grossvater zu tun und vielleicht auch mit unserem Plan.»

      «Du machst mich neugierig, komm, schiess los?»

      Wir nahmen die Kaffeetassen mit in den Arbeitsraum.

      «Es ist wirklich eine eigenartige Geschichte. Das hier sind die Papiere aus der Werkstatt. Du erinnerst dich an den Arkaden und das Märchen? Ich vermute, es gibt da etwas mehr.»

      «Und es hat mit unserem Plan aus der Linde zu tun?»

      «Ich weiss nicht, vielleicht ist es einfach ein Jux, und dann wandert der Papierkram zurück in den Koffer und ab ins Museum.»

      Jetz war Ludmillas Scharfsinn angesprochen. Aufmerksam hörte sie zu, prüfte Dokumente, die ich hervorzog, wühlte selbst in den Unterlagen.

      «Also, lass sehen, hier hast du in der Lagerliste einen Eintrag über einen Holzstamm, bei dem alle Angaben genauestens eingetragen sind, aber seltsamerweise ist die Spalte Holzart leer.»

      «Und hier steht, dass der Stamm in zwölf Rohlinge zersägt wurde. Wenn ich das Volumen des guten Arkaden hochrechne, müsste der Stamm ungefähr passen.»

      «Und das ist eine Rechnung für Holzkistchen aus Eiche, im Märchen kam doch so etwas vor?»

      «Und dann die Zeichnungen; ich habe sie aus den verschiedenen Heften zusammengetragen, es sind genau zwölf Figuren, die in Frage kommen.»

      Ludmilla war begeistert! Ihre Augen glühten, sie verbiss sich immer mehr in die Idee vom Figurenspiel.

      «Aber wenn es nur ein Luftschloss ist, machen wir uns hier zum Narren.»

      Ludmilla wurde sehr ernst: «Xaver konnte wirklich ein kauziger Mann sein. Aber alles scheint mir so klar auf dich ausgerichtet. Wer ausser dir könnte denn noch das Märchen gehört haben?»

      «Vielleicht Hans?», warf ich ein.

      «Gut möglich, er war oft bei Xaver. Und später wurde auch ich eingeweiht. Aber den Raum hinter der Werkstatt habe ich als stets verschlossen in Erinnerung. Sandor, Grossvater hielt grosse Stücke auf dich, ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass er dich in die Wüste schicken würde.»

      Ich nickte zustimmend.

      «Und abgesehen davon, einfach mal so unter Geschäftsleuten gesprochen, wenn das stimmt, dann wäre das doch ein Riesending! Das müssen wir überprüfen, das lassen wir nicht einfach so an uns vorbeiziehen. Zwölf Spielfiguren auf einem Brett, das Ganze als Original von Xaver Lendel entworfen, hergestellt und erst noch spielbar. Die Sammler würden sich darum reissen. Es gäbe Repliken, ein Familienspiel und alles aus unserem Hause und mit unserer Lizenz. Da lohnt sich zweimal hinschauen schon? Gell?»

      Ich muss reichlich überrumpelt ausgesehen haben. Ich kratzte mich am Ohr.

      «Sandor, nicht erschrecken. Wir haben die ganzen Sommerferien vor uns, wir haben eine Spur, die wir uns ansehen werden. Wenn sie im Sand verläuft, wars nix, und Grossvater wird sich im Grab wälzen vor Lachen. Das macht aber nichts, weil wir unsere Schatzsuche strikt für uns behalten werden. Und wenn wirklich etwas dran ist, ja dann, grosser Meister Sandor, dann bleibt hier kein Stein auf dem andern!»

      ***

      Wie Recht Ludmilla behalten sollte. Die folgenden Tage hatten nichts mehr mit den erhofften beschaulichen Sommerferien zu tun. Alles Material wurde systematisch aufgearbeitet und ausgewertet. Wenn ich jetzt daran zurückdenke, dass wir das alles noch ohne Computer bewältigten! Zettelkasten, Karteikarten, Notizhefte, viel nachfragen und herumtelefonieren und dabei immer darauf bedacht sein, möglichst keine Spuren zu hinterlassen! Grossvater hatte die Figuren kaum unter seinem Namen weitergegeben, sie waren wahrscheinlich einem unbekannten Künstler zugeschrieben. Aber die Mühe lohnte sich, und es zeichneten sich ein paar undeutliche erste Spuren ab. Ludmilla und ich machten eine Zwischenbilanz. Dabei wurde eine Spur immer klarer erkennbar.

      «Sie führt nach Süden!», jubelte Ludmilla.

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