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      Ludwig Bechstein

      Deutsches Märchenbuch + Neues Deutsches Märchenbuch

      "Deutsches Märchenbuch" ist der Titel einer Märchensammlung von Ludwig Bechstein, die erstmalig 1845 erschien

      Dieses ebook wurde erstellt bei

      

      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

       Impressum neobooks

      Kapitel 1

      Vom tapfern Schneiderlein

       Es war einmal ein Schneiderlein, das saß in einer

       Stadt, die hieß Romadia; das hatte auf eine Zeit, da es

       arbeitete, einen Apfel neben sich liegen, darauf setzten

       sich viele Fliegen, wie das Sommerszeiten so gewöhnlich,

       die angelockt waren von dem süßen Geruch

       des Apfels. Darob erzürnte sich das Schneiderlein,

       nahm einen Tuchlappen, den es eben wollte in die

       Hölle fallen lassen, schlug auf den Apfel, und befand

       im Hinsehn, daß damit sieben Fliegen erschlagen

       waren. Ei, dachte bei sich das Schneiderlein, bist du

       solch ein Held?! Ließ sich stracklich einen blanken

       Harnisch machen, und auf das Brustschild mit goldnen

       Buchstaben schreiben: Sieben auf einen Streich.

       Darauf zog das Schneiderlein mit seinem Harnisch

       angetan umher auf Gassen und Straßen, und die es

       sahen, vermeinten, der Held habe sieben Männer auf

       einen Streich gefällt, und fürchteten sich.

       Nun war in demselben Lande ein König, dessen

       Lob weit und breit erschallte, zu dem begab sich der

       faule Schneider, der gleich nach seiner Heldentat

       Nadel, Schere und Bügeleisen an den Nagel gehangen,

       trat in den Hof des Königspalastes, legte sich alldort

       in das Gras und entschlief. Die Hofdiener, so

       aus- und eingingen, den Schneider in dem reichen

       Harnisch sahen, und die Goldschrift lasen, verwunderten

       sich sehr, was doch jetzt, zu Friedenszeiten,

       dieser streitbare Mann an des Königs Hof tun wolle?

       Er deuchte sie ohne Zweifel ein großer Herr zu sein.

       Des Königs Räte, so den schlafenden Schneider

       gleichfalls gesehen, taten solches Sr. Majestät, ihrem

       allergnädigsten König, zu wissen, mit dem untertänigsten

       Bemerken, daß, so sich kriegerischer Zwiespalt

       erhebe, dieser Held ein sehr nützlicher Mann werden

       und dem Lande gute Dienste leisten könne. Dem

       König gefiel diese Rede wohl, sandte alsbald nach

       dem geharnischten Schneider, und ließ ihn fragen, ob

       er Dienste begehre? Der Schneider antwortete, ebendeshalb

       sei er hergekommen, und bäte die Königliche

       Majestät, wo höchstdieselbe ihn zu brauchen gedächte,

       ihm allergnädigst Dienste zu verleihen. Der König

       sagte dem Schneiderlein Dienste zu, verordnete ihm

       ein stattliches Losament und Zimmer, und gab ihm

       eine gute Besoldung, von der es, ohne etwas zu tun,

       herrlich und in Freuden leben konnte.

       Da währete es nicht lange Zeit, so wurden die Ritter

       des Königs, die nur eine karge Löhnung hatten,

       dem guten Schneider gram, und hätten gern gewollt,

       daß er beim Teufel wäre, fürchteten zumal, wenn sie

       mit ihm uneins würden, möchten sie ihm nicht sattsam

       Widerstand leisten, da er ihrer sieben allwege auf

       einen Streich totschlagen würde, sonsten hätten sie

       ihn gern ausgebissen, und so sannen sie täglich und

       stündlich darauf, wie sie doch von dem freislichen

       Kriegsmann kommen möchten. Da aber ihr Witz und

       Scharfsinn etwas kurz zugeschnitten war, wie ihre

       Röcklein, so fanden sie keine List, den Helden vom

       Hofe zu entfernen, und zuletzt wurden sie Rates miteinander,

       alle zugleich vor den König zu treten, und

       um Urlaub und Entlassung zu bitten, und das taten sie

       auch.

       Als der gute König sahe, daß alle seine treuen Diener

       um eines einzigen Mannes willen ihn verlassen

       wollten, ward er traurig, wie nie zuvor, und wünschte,

       daß er den Helden doch nie möge gesehen haben;

       scheute sich aber doch, ihn hinwegzuschicken, weil er

       fürchten mußte, daß er samt all seinem Volk von ihm

       möchte erschlagen, und hernach sein Königreich von

       dem stracklichen Krieger möchte besessen werden.

       Da nun der König in dieser schweren Sache Rat suchte,

       was doch zu tun sein möge, um alles gütlich abzutun

       und zum Besten zu lenken, so ersann er letztlich

       eine List, mit welcher er vermeinte, des Kriegsmannes

       (den niemand für einen Schneider schätzte) ledig zu

       werden und abzukommen. Er sandte sogleich nach

       dem Helden und sprach zu ihm, wie er (der König)

       wohl vernommen, daß ein gewaltigerer und stärkerer

       Kampfheld auf Erden nimmer

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