ТОП просматриваемых книг сайта:
HertzFlattern. Lina Lintu
Читать онлайн.Название HertzFlattern
Год выпуска 0
isbn 9783754112854
Автор произведения Lina Lintu
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Stattdessen freute sie sich auf einen unerwartet freien Tag.
Bella streckte neugierig den Kopf aus ihrem Zimmer, als sie Tessa in die Wohnung kommen hörte.
„Schon zurück?“
„Ja, das Interview hat so lange gedauert, dass es sich nicht mehr gelohnt hat, in die Vorlesung zu gehen.“
„Ah, okay. Und, wie ist es gelaufen?“ Jetzt verließ auch Bellas restlicher Körper ihr Zimmer und sie folgte Tessa in die Küche.
„Ganz gut. Aber ich weiß nicht, was ich von diesem Henry halten soll.“
„Noch schlimmer als befürchtet?“, fragte Bella.
„Im Gegenteil. Sympathischer als erwartet. So irgendwie jedenfalls.“
„Das ist doch gut?“
„Es hat auf jeden Fall dazu geführt, dass ich mir mehr Arbeit aufgehalst habe, als ich muss. Ich schreibe einen weiterführenden Artikel über das Thema und besuche nächste Woche seine Zucht.“ Tessa schaute in den Vorratsschrank, dann in den Kühlschrank und dann nochmal unschlüssig in den Vorratsschrank.
„Tu nicht so, als würdest du nicht liebend gerne jede Möglichkeit nutzen, deine Karriere voranzubringen.“
Bei jedem anderen Menschen, hätte Tessa das Wort „Karriere“ in diesem Zusammenhang für puren Sarkasmus gehalten. Aber Bella meinte es tatsächlich ernst. Sie war wahrscheinlich die einzige Person, die wirklich an Tessas Zukunft glaubte; mehr noch als Tessa selbst.
Das brachte sie aber nicht weiter in der Frage, was sie kochen sollte.
„Mach Spaghetti Bolognese“, schlug Bella vor, als hätte sie ihre Gedanken gelesen.
„Isst du mit?“
„Gerne.“
Das bedeutete, dass Tessa nicht nur doppelt so viele Nudeln kochen würde, sondern auch, dass sie Soja-Hack statt normalem Hackfleisch benutzte. Bella ernährte sich vegetarisch und Tessa hatte kein Problem damit, beim gemeinsamen Kochen auch auf Fleisch zu verzichten. Ein weiterer Punkt, den sie sich erst in dieser WG angewöhnt hatte.
Tessa setzte das Wasser auf.
„Und wie war dein Tag bisher?“
Bella fing an zu strahlen und holte tief Luft. Das würde also ein längerer Bericht werden.
„Heute wurden in Wirtschaftsinformatik die Referatsthemen verteilt und wir wurden zufällig in Gruppen eingeteilt. Eigentlich hasse ich das ja, wenn ich mit fremden Leuten zusammenarbeiten muss. Aber mir wurde Leo zugeteilt, mit dem ich letztes Semester schon einen gemeinsamen Kurs hatte. Das ist also nicht so schlimm. Eigentlich war das sogar das Beste, was passieren konnte. Und ich glaube, er hat sich auch gefreut, mich als Partnerin zu haben.
Wir haben dann nach dem Kurs noch einen Kaffee getrunken und eine Weile geredet. Dann sind wir darauf gekommen, dass wir sogar gemeinsame Hobbys haben. Wusstest du, dass er auch malt? Er hat mir ein paar seiner Bilder gezeigt, die er auf dem Handy hatte, und die sind richtig gut. Und dann haben wir beschlossen, dass wir uns am Wochenende treffen. Also nicht nur für das Referat, sondern auch um einfach so Zeit miteinander zu verbringen.“
Tessa nutzte die Pause, in der Bella kurz Luft holen musste, um was zu sagen. „Oh wow, das freut mich echt für dich!“ Sie hatte zwar keine Ahnung, wer dieser Leo war, aber als introvertierte Person tat sich Bella oft schwer, neue Kontakte zu knüpfen. Wenn sie also jemanden gefunden hatte, mit dem sie sich gut verstand, dann war das schon mal viel wert.
Außerdem war Bella schon länger Single als Tessa und das wollte was heißen.
„Ja, ich glaube auch, dass das gut wird“, meinte Bella.
Während sie redeten, kümmerte sich Tessa um die Bolognese-Soße. Bella stand daneben und schaute ihr zu.
Sie war keine so gute Köchin wie Tessa, dazu ging sie mit den Gewürzen zu sparsam um. Dafür aber gelangen ihr Süßspeisen immer. Deshalb hatte es sich mit der Zeit etabliert, dass Tessa meistens das Kochen übernahm und Bella dafür gelegentlich süßes Gebäck oder andere Desserts zubereitete.
„Erzähl mal mehr von diesem Leo“, bat Tessa, während sie zwei Knoblauchzehen in feine Stückchen schnitt.
„Er ist eigentlich zwei Semester über mir und belegt Informatik nur als Nebenfach. Im Hauptfach studiert er Elektrotechnik. Und er zeichnet am liebsten mit Kohle, hat aber auch einige digitale Bilder. Hauptsächlich Pflanzen und Landschaften.“
Tessa grinste. Typisch Bella. „Gut zu wissen. Aber eigentlich wollte ich wissen, wie er aussieht.“
„Oh.“ Sie schien kurz zu überlegen. „Er ist viel größer als ich, ich glaube, sogar größer als du. Und weder dünn noch dick. Er sieht halt irgendwie weich aus. Und er hat blonde Haare. Augenfarbe bin ich mir nicht sicher.“
„Klingt gut“, bestätigte Tessa. Nicht ihr Typ, aber zu Bella konnte das durchaus passen. Sie selbst bevorzugte dunkelhaarig. Und Lederjacke …
Etwas zu energisch schütte Tessa die passierten Tomaten in den Topf. Soßenspritzer verteilten sich auf dem Herd.
„Bist du gereizt?“, fragte Bella vorsichtig.
„Nein.“ Doch. „Ich bin nur abgerutscht.“
Sie würde jetzt nicht anfangen, nach nur einer Begegnung von diesem Kerl zu schwärmen. Vor allem wenn er ihr nur zu 50% sympathisch war.
Am nächsten Morgen saß Tessa in der Vorlesung für Kommunikationswissenschaft und versuchte verzweifelt, dem Dozenten zuzuhören.
Doch das war leichter gesagt als getan, wenn ihre Augenlider schwer wie Blei waren – eventuell hatte sie gestern noch viel zu lange mit Bella vorm Fernseher gesessen.
Und wenn es mal klare Gedanken in ihren Kopf schafften, dann drehten die sich nicht um sequenzielle Analysen, sondern um den anstehenden Beitrag über Drachenzucht.
Inzwischen hatte Tessa es auch mit Mia abgeklärt, dass sie diesen Bericht schreiben würde. Die Redakteurin hatte so viel Eigeninitiative und Engagement wohlwollend zur Kenntnis genommen. Immerhin etwas.
Tessa schielte zum wiederholten Male auf die Uhr an der Wand des Hörsaals. Aus unerfindlichen Gründen hatte sich der Zeiger in den letzten 300 Minuten kaum vorwärts bewegt. Es konnte unmöglich erst 8:36 Uhr sein.
Schließlich gab sie den Kampf gegen ihre Müdigkeit auf und legte den Kopf auf die Tischplatte. Nur kurz die Augen schließen.
Sie schreckte auf, weil alle auf die Tische klopften – der Applaus der Studierenden – und schaute sich orientierungslos um. Was sich angefühlt hatte, wie nur wenige Sekunden dösen, war in Wirklichkeit eine komplett verschlafene Vorlesung. Jetzt war sie zwar matschig, aber immerhin ausgeruhter. Und nach einem starken Kaffee konnte sie dann auch dem nächsten Seminar einigermaßen folgen.
So gut sogar, dass sie anschließend noch zum Campusradio ging. Sie musste immer noch das Interview mit Henry schneiden und konvertieren. Je eher sie damit fertig war, desto besser.
Die Redaktion lag im Erdgeschoss und hatte große Fenster, doch die Aussicht war bescheiden. Man schaute nur auf das benachbarte Gebäude und rund 200 Fahrräder.
Der Raum war vollgestopft mit mehreren Schreibtischen, einem Sofa und diversen Schränken, in denen unter anderem die ganzen Aufnahmegeräte gelagert wurden. Rechts lag die Sendekabine, die durch ein Fenster und eine Tür schalldicht vom Rest der Redaktion getrennt war. Und links ging es in den Schneideraum, den Tessa nun ansteuerte.
Im Grunde genommen unterschieden sich die einzelnen Schneideplätze nicht voneinander, doch Tessa nahm am liebsten den dritten auf der linken Seite, wenn sie die Wahl hatte. Sie bildete