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und Großmütter mit Schwertern um sich schlugen.

      Kapitel 5

      Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte, als ich jemanden vor der Tür hörte. Morgen, war das Einzige, was mir einfiel, Es musste endlich Morgen sein. Ich stand auf und öffnete die Tür, bevor auch nur ein Klopfen zu hören war.

      Raymond musterte mich überrascht. „Also das … ging wirklich schnell.“

      Ich entgegnete nichts. Seit Stunden hatte ich an nichts anderes denken können als die Worte des Frosches. Sinn und Unsinn hatten mein Inneres durcheinandergewirbelt, bis ich nicht mehr wusste, was ich glauben sollte. Raymonds Anwesenheit ließ mich allerdings wieder Hoffnung schöpfen. Er hatte versprochen, mich nach Calgary zu bringen und dass er jetzt hier war, konnte nur eines bedeuten.

      „Komm.” Er legte mir eine Hand auf die Schulter und begann, mich den Gang hinunterzuführen. „Hast du gut geschlafen?”

      Ich zögerte, während mein Magen nervöse Purzelbäume schlug. „Nicht richtig.”

      Wir bogen um eine Ecke und Raymond gab ein Brummen von sich. „Das habe ich mir schon gedacht.”

      Eine Viertelstunde und unzählige Abzweigungen später erreichten wir einen Raum. Er war etwas größer als das Zimmer, in dem ich eingesperrt gewesen war, aber ebenso schlicht möbliert. Es gab einen großen Tisch mit einem Stuhl auf der einen und zwei weiteren auf der gegenüberliegenden Seite. Dazu einige als Regale dienende Bretter an der Wand. Überall lag Papier – Karten, Notizen und Briefe – gemischt mit Büchern, Lupen, Stiften und anderen Utensilien.

      „Ich verstehe nicht.” Hilfesuchend wandte ich mich an Raymond. „Was machen wir hier?”

      Anstelle einer Antwort ging er einmal um den Tisch herum.

      „Setz dich“, sagte er und wies auf einen der beiden Stühle vor mir, „Möchtest du ein Glas Wasser?“

      Eilig räumte er den Tisch frei und holte eine Kanne sowie zwei Becher von einem kleinen Beistelltisch. Noch immer stand ich wie festgenagelt in der Mitte des Raumes.

      „Sie haben versprochen, mich nach Calgary zu bringen”, sagte ich und hörte mich dabei an, wie ein weinerliches Kind, dem sein Spielzeug weggenommen wurde. Wallace’ Worte schienen mit jeder Minute lauter durch meine Gedanken zu hallen. Angespannt ballte ich die Fäuste.

      „Evangeline.” Raymond seufzte. „Wir sollten reden. Ich denke, es ist Zeit, dass ich dir einiges erkläre.”

      Ich schnappte nach Luft. War es das? Eine düstere Ahnung legte sich wie eine Hand um meinen Hals und ließ mich nach Luft ringen. Meine Beine begannen zu zittern und ich schaffte es gerade noch, mich an der Lehne des Stuhls festzuklammern. Kraftlos sank ich auf die harte Sitzfläche. Ich spürte Raymonds besorgten Blick auf mir ruhen, während er ein Glas mit Wasser füllte und es vor mir abstellte. Mein Kopf war mit einem Mal wie leergefegt.

      „Ich kann nicht sagen, wie leid es mir tut, dass du so lange warten musstest.“ Raymonds Stimme war nahezu tonlos, als würde er die Worte eines Protokolls zitieren. „Die letzte Nacht muss sehr aufwühlend gewesen sein. Ich kann mir vorstellen, dass du viele Fragen hast.”

      Ich beobachtete, wie er sich setzte und langsam die Hände auf der Tischplatte faltete. „Ich bin bereit, dir alle Antworten zu geben, die du brauchst. Doch zuvor habe ich einige Fragen an dich.”

      Noch immer brachte ich kein Wort heraus.

      „Kannst du dich erinnern, wie du zu Grannies Hütte gelangt bist?”

      Ich starrte ihn an. War das sein Ernst? „Ich habe mich verlaufen. Das habe ich Ihnen gestern schon gesagt.”

      „Was hast du gemacht, bevor du dich verlaufen hast?”

      „Ich bin in den Wald gefahren. Da war dieser Brief und ich dachte – ” Ich unterbrach mich selbst, als ich seinen Blick bemerkte. „Was geht Sie das eigentlich an?”

      Raymond überging meine Frage, ohne die Miene zu verziehen. „Gibt es zwischen dem Zeitpunkt, an dem du den Wald betreten hast und dem, an dem du dich verlaufen hast, irgendeinen Zeitraum, an dem deine Erinnerung unklar wird? Hast du zu irgendeinem Zeitpunkt vielleicht das Bewusstsein verloren?”

      Sprachlos sah ich ihn an. Dieses Detail hatte ich bisher niemandem gegenüber erwähnt. Doch offenbar war mein Blick Antwort genug. Raymond lächelte. „Nur noch eine kurze Frage, dann ist es geschafft.”

      Er machte eine Pause und wartete, bis er meine ungeteilte Aufmerksamkeit hatte. „Was bedeutet der Name Morrigan für dich?”

      Ich starrte ihn an. „Morrigan? Zum Teufel, ich kenne keine Morrigan und ich will auch gar nicht wissen, wer sie ist! Ich will einfach nur zurück nach Hause und wenn Sie mir nicht helfen, finde ich mich eben selbst wieder nach draußen.”

      Wütend stand ich auf und marschierte zur Tür. „Einen schönen Tag noch!”

      „Warte!” Ich war noch nicht einmal ganz aus der Tür, als sich Raymonds Griff fest um meinen Oberarm schloss. „Du kannst nicht gehen.”

      „Ach.” Schnaubend fuhr ich herum. „Und warum nicht? Haben Sie etwa Angst, ich könnte Ihre seltsame kleine Sekte auffliegen lassen?”

      „Du könntest sterben.” Raymond holte tief Luft. „Und du wirst dieses Calgary dort oben nicht finden.”

      Mit einem Schlag hielt ich inne. War das das Geständnis, auf das ich gewartet hatte? Der endgültige Beweis dafür, dass der Frosch recht hatte?

      „Komm wieder rein”, drängte Raymond sanft, „Ich kann dir alles erklären. Wenn du danach immer noch gehen möchtest, bringe ich dich nach draußen.”

      Ich zögerte, doch schließlich ließ ich mich von ihm zurück an den Tisch führen. Ich spürte, wie das Herz gegen meine Rippen schlug, als ich langsam auf den Stuhl sank. Meine Kehle war wie zugeschnürt, während dieselbe Frage immer und immer wieder durch meine Gedanken wirbelte. Ich brauchte endlich Klarheit.

      „Wo bin ich?”

      Meine Frage verhallte in der Stille. Ich sah, wie Raymond mit sich rang. Er hatte versprochen, mich nach Hause zu bringen und dann hatte er mir Antworten versprochen – aber mit jeder Sekunde, die ich darauf wartete, dass ein Wort seine Lippen verließ, bezweifelte ich, dass er auch nur eines dieser Versprechen halten würde. Meine Stimme zitterte.

      „Hatte er recht?“ Verzweifelt musterte ich Raymond. „Hat dieser Frosch die Wahrheit gesagt? Bin ich … in einer anderen Welt?“

      Einen Moment lang sagte Raymond gar nichts, starrte mich nur aus großen Augen an.

      „Du weißt es schon?“, fragte er dann ungläubig.

      „Ich weiß gar nichts!“, schoss ich sofort zurück und konnte nicht vermeiden, dass meine Stimme laut wurde, „Ich weiß nicht, was das hier ist oder was Sie von mir wollen, ich weiß ja nicht mal, wie ich hergekommen bin oder wie ich wieder nach Hause komme. Das einzige, was ich weiß, ist, dass sprechende Frösche nicht existieren und dass dieses Monster, das Grannie attackiert hat, eine Ausgeburt der Hölle war und nicht einmal das –“ Ich musste schluchzen. „Sagen Sie mir endlich, was hier los ist! Bitte!“

      Ich stützte den Kopf in die Hände, während Tränen in meinen Augen brannten. Das hier war ein Alptraum, ein einziger Alptraum.

      „Es ist die Wahrheit.” Raymonds Stimme ließ mich aufsehen. „Wir haben allen Grund zu der Annahme, dass du dich nicht länger in der Welt befindest, die du kennst.”

      Er zögerte, bevor er etwas hinzufügte. „Dieses Land hier heißt Ciaora. Hast du schon einmal irgendetwas davon gehört?”

      Stumm schüttelte ich den Kopf. Das war es dann also. Ich war in einer anderen Welt. Ich fühlte mich, als hätte man mir in den Magen geschlagen. Gut möglich, dass ich mich übergeben würde, sobald ich den Mund öffnete.

      „Es gibt da noch etwas,

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